Ärger und Verwirrung in der Konstanzer Straße. Seit Montag ist die Straße wegen umfangreicher Bauarbeiten gesperrt. Am Mittwoch fand der offizielle Spatenstich für die Modernisierung und Umgestaltung einer der Hauptverkehrsachsen statt. Oberbürgermeister Martin Staab warb noch einmal um Verständnis für die Maßnahme.

Hinterher seien sicher alle zufrieden und glücklich mit der wohl "modernsten Straße der Stadt". So lange müsse man halt die Einschränkung, den Lärm und Dreck ertragen. Verwirrung gab es vor allem wegen der Dauer der Bauarbeiten. Die Stadt hatte die Baumaßnahme noch auf zwei Jahre terminiert. Während des Spatenstichs erklärte Volker Rohde von der ausführenden Firma Schleith, man plane – falls das Wetter mtmache – bereits nächstes Jahr im Sommer oder Spätsommer fertig zu sein.

Kiosk-Besitzer hat 50 Prozent weniger Kunden

Die kürzere Bauphase ist für Markus Militzer eine gute Nachricht. Denn laut dem Kiosk-Besitzer gehe es hier um seine Existenz. Seit 50 Jahren betreibt seine Familie den Kiosk in der Konstanzer Straße, er ist vor 25 Jahren eingestiegen und nun fehlen ihm die Kunden. Dabei störe er sich weniger an der Baumaßnahme an sich, als an der Kommunikation der Stadtverwaltung. "Ein paar Tage vor dem Beginn der Sperrung bekamen wir eine Wurfsendung, in der wir über die Bauarbeiten informiert wurden", sagt Militzer.

Markus Militzer, Kiosk-Betreiber in der Konstanzer Straße, hat für die nächsten 1,5 Jahre die Baustelle vor der Haustür. Er hofft auf ...
Markus Militzer, Kiosk-Betreiber in der Konstanzer Straße, hat für die nächsten 1,5 Jahre die Baustelle vor der Haustür. Er hofft auf die Treue seiner Stammkunden. | Bild: Anna-Maria Schneider

Mehr Werbung wäre eine Lösung

Er habe daraufhin das Gespräch mit der Stadt gesucht, weil er trotz Baustelle auf seinen Laden aufmerksam machen wollte. "Ich fühle mich da aber von der Stadt allein gelassen", sagt der Kiosk-Besitzer. Er würde sich wünschen, dass beispielsweise noch vor der Absperrung neben dem Schuld "Anlieger frei" auch ein Hinweis hinge, dass die Läden in der Konstanzer Straße geöffnet hätten und man als Kunde einfahren dürfe. Viele Autofahrer wüssten nicht, dass auch Einkaufen ein Anliegen sei. Er selbst versucht mit Treuepunkten und einem Glücksrad mit Gewinnen, die Kunden trotz Baustelle regelmäßig in seinen Kiosk zu locken.

Bäckerei ist ungewöhnlich leer

Einen Hinweis für die lokalen Geschäfte würde sich auch Sandra Bölli, Filialleiterin beim Backhaus Mahl, wünschen. In der sonst beliebten Bäckerei ist es an diesem Mittwochmittag leer. "Wir müssen wegen der Bauarbeiten das Personal reduzieren", sagt sie. Auch sie hatte nur die Wurfsendung erhalten und hätte sich ausführlichere Informationen gewünscht.

Schüler kritisieren unregelmäßigen Busverkehr

Auch in den Schulen läuft der neue Busfahrplan noch nicht rund. Gabriele Wiedemann, Rektorin der Gerhard-Thielcke-Realschule berichtet, dass Busse unregelmäßig fahren oder zum Teil gar nicht gekommen wären. Dies hätte die Schüler verunsichert. Über das digitale schwarze Brett habe man Eltern die Informationen der Stadtverwaltung und Stadtwerke weitergegeben.

"Obwohl in der Information steht: Die Schulbusse fahren im ersten Bauabschnitt regulär über die üblichen Haltestellen, hat das laut Schülern nicht geklappt", sagt sie auf Nachfrage des SÜDKURIER. Auch habe die Verlegung der Bushaltestellen dazu geführt, dass Schüler wegen des längeren Weges zu spät zum Unterricht erschienen wären.

 

Gemeinderat wünscht mehr Informationen vor einer solch großen Straßensperrung

Die Sperrung der Konstanzer Straße hat zu mehreren Anfragen im Gemeinderat Radolfzell geführt

  • Zu spät informiert: Einige Stadträte kritisierten die Informationspolitik der Stadtverwaltung. Sie seien von vielen Bürgern auf die Sperrung angesprochen worden und hätten wenig dazu sagen können. Die Ankündigung der Umleitungen sei dürftig und etwas verworren gewesen. „Keiner ist schlau daraus geworden“, bemerkte Grünen-Stadtrat Siegfried Lehmann. Er mahnte die Verwaltung: „Es wäre besser, uns über solche Projekte früher und umfassend zu informieren.“ Oberbürgermeister Martin Staab sicherte dies für künftige Projekte dieser Größenordnung zu.
  • Dauer der Bauarbeiten: CDU-Stadtrat Helmut Villinger verstand nicht, warum – wie von der Stadtverwaltung angekündigt – der Umbau der Konstanzer Straße einen Zeitraum von zwei Jahren einnehmen soll: „In zwei Jahren baut man eine Autobahn“, wunderte sich Villinger. Thomas Nöken, kommissarischer Fachbereichsleiter des Dezernats Umwelt, Planen und Bauen verteidigte den Zeitplan. Die Konstanzer Straße sei eine der Hauptverkehrsadern der Stadt, „da können wir nur in kleinen Abschnitten die Arbeiten vollziehen“. Auf der grünen Wiese dagegen würde so ein Projekt kein Jahr dauern, sagte der Chef des Baudezernats.
  • Verkehrsregelungen: Mehrere Stadträte äußerten sich wenig glücklich über die Folgen der Sperrung der Konstanzer Straße und den aktuellen Umleitungsregelungen. Christof Stadler (CDU) regte an zu prüfen, ob während der Bauarbeiten nicht eine Einbahnstraßenregelung möglich sei. Denn, so sprang ihm Helmut Villinger bei: „Die Schützenstraße ist verstopft, alles ist überlastet.“ Gabriel Deufel (Freie Wähler) sprach von gefährlichen Situationen an den Behelfs-Bushaltestellen für die Schüler in der Güttinger Straße: „Wenn zwei Busse dort stehen, geht gar nichts mehr.“
  • Anliegerfrage: Dass die Geschäfte von ihrer Kundschaft abgeschnitten seien, wollte Nöken so nicht gelten lassen: „Jeder, der ein Anliegen hat – also auch das Einkaufen – darf in die Konstanzer Straße einfahren.“
Georg Becker