Nichts läuft, wie es soll bei der geplanten Seetorquerung in Radolfzell. Jetzt ziehen auch noch die Zuschussbehörden die Daumenschrauben an. Selbst Thomas Nöken als Leiter des Baudezernats seufzt vor dem Gemeinderat: "Irgendwann ist Schluss." Es gibt sogar einen genauen Termin für das Ende, das ist der 30. April 2019. Dann läuft das Städtbauförderungsprogramm Stadt-Bahn-See – "inklusive Verlängerung" – des Landes für die Stadt Radolfzell aus.

Land will 240 000 Euro zurück

Alles reine Formsache, versichert Nöken, denn das Land sichere weiterhin 7,7 Millionen Euro Finanzhilfen zu. Wenn die Stadt einen Antrag auf Neuaufnahme des Projekts "Stadt-Bahn-See II" stellen würde. Weil eben das alte Programm ausläuft. Da noch nichts gebaut ist und es keinen Plan gibt, muss die Stadt von den bisher erhaltenen 580 000 Euro an Zuschüssen des Landes inklusive Zinsen wieder 240 000 Euro zurückzahlen. Das Projekt befindet sich bereits im elften Verfahrensjahr. Sanierungsmaßnahmen laufen in der Regel aber nur bis zu neun Jahre, schreibt die Stadtverwaltung in ihrer Vorlage. Es ist auch etwas passiert in dieser Zeit. Die Stadt hat unter diesem Posten in den elf Jahren 3,35 Millionen Euro ausgegeben.

Hiller fordert eine Auflistung für die 3,35 Millionen Euro

Einfach diese Abrechnung abnicken und sagen "gut ist" sowie einen neuen Antrag beim Land stellen, wollen dann einige Stadträte doch nicht. Walter Hiller (Freie Wähler) hätte gerne eine Auflistung, für was die 3,35 Millionen Euro ausgegeben worden sind: "Und zwar so, dass man sie verstehen kann." Eine mündliche Erläuterung von Thomas Nöken, mit Hinweis auf die "Baureifmachung der Fläche", wehrt Hiller ab. Unterstützung bekommt er von Jürgen Keck (FDP), auch er will eine Liste: "Die Darstellung war doch recht diffus."

Stadtrat Villinger wirft der Verwaltung Verzögerung vor

Das Wort "Formalität" (Nöken) mag Helmut Villinger (CDU) nicht hören. Er ist wie Hiller und Keck ein Verfechter der Seetorquerung. Er zweifelt an, dass die Stadtverwaltung überhaupt noch hinter dem Projekt steht: "Ich wundere mich über die Anträge, ich wundere mich über die Verwaltung: Erst ist der Vertrag mit dem Ingenieurbüro ausgelaufen, jetzt ist das Programm für die Zuschüsse ausgelaufen." Villingers Verdacht: "Ich bekomme das Gefühl nicht los, dass die Verwaltung die Ausführung der Beschlüsse verzögert." Sein Fazit nach elf Jahren Verfahren zur Seetorquerung: "Wir sind wieder bei Null und fangen von vorne an."

Gesellschaftsspiel Anträge stellen

Die Gunst der Stunde nutzen die Querungs-Gegner Siegfried Lehmann (Freie Grüne Liste) und Christof Stadler (CDU). Sie wollen den Antrag auf Neuaufnahme in das Landes-Sanierungsprogramm ohne Bindung an die sogenannte "modifizierte Vorzugsvariante" stellen. Diese Variante ist aber im Mai 2018 von der Mehrheit des Gemeinderats so beschlossen worden. Das erzürnt Norbert Lumbe (SPD). Es sei ein Gesellschaftsspiel im Gemeinderat, dass eine Minderheit immer wieder mit versteckten Anträgen versuche, das Produkt Seetorquerung zu torpedieren.

Verständnis für den Groll

Das ruft die Angegriffenen und Gegner der Querung auf den Plan. Lehmann sagt: "Wir haben nicht das Büro weggejagt. Wir sind nicht diejenigen, die den Zeitplan verlassen haben, wir haben nicht dauernd eine neue Variante eingebracht." Die Anspielung gilt als Hinweis auf die Brückenideen des OB. Stadler markiert ein Versäumnis der Verwaltung: "Man hat uns für November die Kostenberechnung versprochen." Aber nicht geliefert. Da leidet ein Gegner mit einem Befürworter der Seetorquerung mit. Stadler: "Ich kann den Groll von Herrn Villinger verstehen."

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Trotz Groll: Am Ende stimmen 14 Stadträte für eine Abrechnung der Zuschüsse und für einen Antrag auf Neuaufnahme des Projekts "Stadt-Bahn-See II" in das Städtebauförderprogramm des Landes und acht dagegen. Elf Jahre Verfahrensdauer haben die Mehrheitsverhältnisse im Gemeinderat noch nicht aufgeweicht.