Plastikmüll verschmutzt die Meere, belastet ganze Ökosysteme und Gesellschaften in der Dritten Welt. Wird Plastikmüll verbrannt, wird die Luft durch die entstehenden Gase ebenfalls massiv verpestet. Auf Plastik zu verzichten hat also viele Vorteile. Es aber auch wirklich zu tun, ist eine schwierigere Angelegenheit.
Stadt will weniger Müll produzieren. Nur wie?
Die Stadt Radolfzell nimmt den Auftrag, den sie von der Fridays for Future-Bewegung erhalten hat, scheinbar sehr ernst. In der jüngsten Gemeinderatssitzung wurden die Ergebnisse eines Workshops zur Vermeidung von Plastikmüll in der Stadt vorgestellt. Trotz jeder guter Absicht, fiel das Urteil der Stadträte über den Bericht ernüchternd aus.
Behörden und Organisationen beraten über Möglichkeiten
„Also irgendwie hab ich mir da jetzt etwas Konkreteres vorgestellt“, sagte Siegfried Lehmann (FGL). Mitte Oktober hatte die Stadtverwaltung zu einem Workshop geladen. Dabei waren verschiedene Umweltorganisationen wie EuroNatur und BUND, Eigenbetriebe der Stadt Radolfzell wie die Stadtwerke Radolfzell, die Tourismus- und Stadtmarketing GmbH und Mettnau-Kur sowie städtische Abteilungen wie die Technischen Betriebe oder das Gebäudemanagement. Andere waren eingeladen, kamen aber nicht, wie zum Beispiel der Nabu, die Narrizella Ratoldi und die Froschenzunft, die Deutsche Umwelthilfe sowie Vertreter der Vereine durch die IG Sport. Diese wurden jedoch über die Ergebnisse informiert.
Konkrete Vorschläge fehlen
Während dieses zweieinhalb-stündigen Workshops sollten Ideen zusammengetragen werden, wie man in der Stadt künftig Plastikmüll vermeiden könne. Doch statt konkreter Handlungsanweisungen wird im Konzept, welches von der Werbeagentur Naturblau aus Orsingen-Nenzingen erstellt wurde, als erste Maßnahme ein Leuchtturmprojekt vorgeschlagen.
Leuchtturmprojekt soll mehr Bewusstsein schaffen
Dieses Projekt, unklar was es genau sein soll, solle das Thema Plastikmüll mehr ins Bewusstsein der Radolfzeller holen. Voraussetzung dafür: Weitere Workshops, in denen das Konzept erarbeitet werden soll. Für Gisela Kögel-Hensen (FGL) ist die Zeit des Redens allerdings vorbei. „Die Bürger sind sensibilisiert genug, um endlich zu handeln“, sagte sie. Ihr Fraktionskollege Siegfried Lehmann reagierte prompt mit diversen Anträgen, die das Thema Müllvermeidung konkretisieren.
Diese wurden auch vom Gremium einstimmig angenommen. Bis Mai 2020 forderte er ein konkretes Konzept zur Müllvermeidung, ein Mehrweggebot für städtischen Grund sowie plastikfreie städtische Veranstaltungen. Auch solle es konkrete Handlungsanweisungen für das Beschaffungswesen der Stadtverwaltung geben.
Der Blick über den Tellerrand fehlt
Irritiert zeigten sich die Stadträte auch, dass in dem Konzept keine Beispiele aus anderen Städten zu Rate gezogen wurden. „Wir müssen das Rad doch nicht neu erfinden, andere Städte machen das doch auch“, sagte Bernhard Diehl (CDU). Walter Hiller (Freie Wähler) plädierte dafür, den Bogen bei der Müllvermeidung nicht zu überspannen.
Vor allem dürfe man den Bürgern die Gelben Säcke nicht wegnehmen, denn dann würde ihr recyclebarer Plastikmüll in anderen Tonnen landen, so seine Befürchtung. Diehl hingegen berichtete von guten Erfahrungen damit, die Herausgabe der Gelben Säcke etwas zu reglementieren. In Böhringen hätte man 70 Prozent weniger Gelbe Säcke gebraucht, seitdem man sie im Bürgerbüro und nicht davor holen müsste.
Jeder ist gefragt
Martina Gleich (CDU) sieht die Gelben Säcke ohnehin nur als eine Beruhigung des schlechten Gewissens. Man müsse regelmäßig an jeden appellieren, sein Konsumverhalten zu ändern. Deswegen sei ein Leuchtturmprojekt auch so wichtig. Susann Göhler-Krekosch (FGL) stellte stattdessen die Frage, ob der Wasserverbrauch vom Spülmobil nicht höher sei als für die Produktion von kompostierbaren Einweggeschirr.