Gerald Jarausch

Vor dem Radolfzeller Amtsgericht hat sich ein ehemaliger Geschäftsführer der Schlör Bodensee Fruchtsaft AG wegen eines Verstoßes gegen das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzes verantworten müssen. Dem Ex-Geschäftsführer, der auch Mitinhaber des Unternehmens war, wurde vorgeworfen, im Jahr 2014 zwei Varianten von Glühweingetränken in den Verkauf gebracht zu haben, die einen nicht ausreichenden Alkoholgehalt aufwiesen. Statt der deklarierten zehn Prozent Alkohol wiesen die Produkte bei routinemäßigen Messungen lediglich 7,2, respektive 9,11 Prozent Alkohol auf. Wer nun meint, dass es doch Recht sein müsse, wenn das Unternehmen den Alkonol derart zurückhaltend dosiert habe, irrt. Die Getränke müssen nämlich den genannten Alkoholgehalt aufweisen, wenn dieser auf dem Etikett draufsteht und dürfen nur in einer geringen Abweichung in den Verkauf gelangen.

Vor Gericht gab der ehemalige Geschäftsführer bereitwillig Auskunft über die Zeit, in der das Vergehen begangen worden sein muss. Es fällt in die Phase des Unternehmens, als es sich bereits in Zahlungsschwierigkeiten befand. Ende des Jahres 2014 gipfelte dies in der Anmeldung einer Insolvenz (siehe Infokasten). Damals arbeiteten in Radolfzell rund 60 Menschen bei Schlör und weitere 25 Personen in Thüringen, wo das Unternehmen ein zweites Werk unterhielt. Dort muss es auch zu den falsch deklarierten Abfüllungen gekommen sein, wie der Geschäftsführer erläuterte. Wenngleich er sich nicht daran erinnern konnte, jemals ein solches Vergehen angeordnet zu haben, räumte er die theoretische Möglichkeit ein. Ohnehin fiel die Entscheidung eigentlich nicht in seinen Aufgabenbereich. Weil der zuständige Werksleiter sich jedoch damals im Urlaub befand, war der Geschäftsführer rein rechtlich der Verantwortliche.

Eine Strafe, die schmerzt

Der Mann machte in dem Verfahren deutlich, wie der geringere Alkoholgehalt zustande gekommen sein könne. Allerdings führte er auch aus, dass der Vorgang technisch keinen Sinn mache. Die Staatsanwaltschaft vermutete daher, dass Schlör damals auf Grund von Liquiditätsproblemen die Ware zu spät eingekaufte und dann unter Zeitdruck den Glühwein auf den Markt brachte, ohne den Gärprozess abzuschließen. Hinzu kam eine Aussage eines Mitarbeiters, der den Geschäftsführer darauf hingewiesen haben will, dass der Alkoholgehalt der Produkte nicht ausreichend war. Auch daran konnte sich dieser nicht erinnern.

Am Ende verurteilte das Gericht den Mann, der heute als Standortleiter eines Schweizer Getränkeherstellers tätig ist, zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen à 130 Euro. Die Summe von 7800 Euro dürfte ihn durchaus schmerzen. Auch wenn er derzeit ein ordentliches Gehalt erhält, hat die Insolvenz von Schlör ihn privat finanziell ruiniert. Als Miteigentümer war er auch mit seinem Privatvermögen haftbar. "Ich habe danach praktisch bei Null angefangen", ließ er das Gericht wissen. Weil das Strafmaß unter 100 Tagessätzen lag, gilt er weiter als nicht vorbestraft.

Das Unternehmen

Die heutige Schlör Bodensee Fruchtsaft AG wurde am 3. Juni 1922 als Obstbaugenossenschaft Bodensee e.G. Radolfzell im Gasthaus Hölle gegründet. Das Radolfzeller Traditionsunternehmen musste auf Grund von Zahlungsschwierigkeiten am 28. Oktober 2014 einen Insolvenzantrag stellen. Zu diesem Zeitpunkt waren am Radolfzeller Standort 60 Menschen beschäftigt. Schlör wurde später verkauft und besteht weiterhin unter dem bisherigen Namen Schlör Bodensee Fruchtsaft fort. Die Beschäftigten sind zu dem neuen Eigentümer gewechselt. (ja)