Fast hätte man es schon wieder vergessen, dass die Bahn irgendwann vorhat, auch den Radolfzeller Bahnhof barrierefrei zu gestalten. Zuletzt wurde der Zeitplan im Frühjahr 2023 vorgestellt. Danach wurde es wieder still um das Großprojekt, das zahlreiche Pendler am Bodensee betrifft. Schließlich kreuzen sich in Radolfzell die Verbindungen gen Friedrichshafen, Konstanz oder Singen, von wo es weiter geht nach Stuttgart, Karlsruhe oder in die Schweiz. Jetzt waren Vertreter der DB Infrago im Gemeinderat Radolfzells und haben den aktuellen Planungsstand zur Kenntnisnahme vorgestellt.

Wann wird der Radolfzeller Bahnhof endlich barrierefrei?

Laut aktueller Planung der DB Infrago dauert es bis Ende 2029, bis jedes Gleis am Radolfzeller Bahnhof auch mit einem Aufzug oder einer Rampe barrierefrei zugänglich sein wird. Baubeginn soll im zweiten Quartal 2027 sein. Aktuell befindet man sich noch im Planungsrechtsverfahren.

Wann kommt welches Gleis dran?

Der Umbau des Bahnhofs soll in mehreren Bauphasen ablaufen. Die Bauphase 0, also die vorbereitenden Arbeiten, die Einrichtung der Baustelle sowie die Herstellung der Gleisquerungen ist der erste Schritt, dieser beginnt im zweiten Quartal 2027 und soll etwa zwei Monate dauern. Danach, also ab Ende 2027 bis erstes Quartal 2028, wird am Gleis 2/3 der Mittelbahnsteig erneuert.

An allen Gleisen werden nicht nur die Beleuchtungs- und Entwässerungsanlage saniert, es wird auch ein Aufzug eingebaut. Der Bahnsteig wird auf 220 Meter gekürzt, bekommt eine neue Ausstattung und ein neues Wegleitsystem.

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Als nächstes wird dann der Bahnsteig für Gleis 6 umgebaut. Das soll ab Mitte 2028 passieren, diese Baumaßnahme soll sieben Monate dauern. Auch hier wird es einen Aufzug geben, die Treppe wird erneuert und auch die Zugänge von der Seeseite aus sollen barrierefrei ermöglicht werden. Der Bahnsteig soll auf 245 Meter gekürzt werden.

Danach folgt der Mittelbahnsteig für die Gleise 4 und 5. Diese Maßnahme soll von Ende 2028 bis Frühjahr 2029 dauern. Auch hier sind der Einbau einer Aufzuganlage und die komplette Sanierung der Infrastruktur des Bahnsteigs geplant. Zusätzlich soll es hier eine sogenannte Schweizer Rampe gebaut werden. Diese soll 36 Meter lang und 2,50 Meter breit sein. Über diese Rampe sollen vor allem Radfahrer den Bahnsteig erreichen können und so soll der Aufzug entlastet werden.

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Final soll ab Anfang 2029 der Bahnsteig am Gleis 1 saniert werden, das soll acht Monate dauern. Dazu gehört auch die Neugestaltung des Vorplatzes mit dem Neubau eines barrierefreien Zugangs und der Installation von Handläufen und neuer Beleuchtung. Im gesamten Bahnhof sollen digitale Anzeigen für Reiseinformationen eingerichtet werden und auf den Dächern der Bahnsteige sind Photovoltaik-Anlagen geplant, die den Bahnhof mit Strom versorgen sollen.

Die Durchführung zum Seeufer unter dem Radolfzeller Bahnhof und die Zugänge zu den Bahngleisen werden ab dem Jahr 2027 von der Bahn saniert.
Die Durchführung zum Seeufer unter dem Radolfzeller Bahnhof und die Zugänge zu den Bahngleisen werden ab dem Jahr 2027 von der Bahn saniert. | Bild: Jarausch, Gerald

Was wird der neue Bahnhof kosten?

Wie bei so vielen Bauprojekten sind die Kosten für den barrierefreien Umbau des Radolfzeller Bahnhofs in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Gestartet war man mit einer Kostenrechnung von 26,3 Millionen Euro. Stand Frühjahr 2023 lagen die berechneten Kosten bereits bei circa 37,7 Millionen Euro. Heute rechnet die DB Infrago mit Baukosten in Höhe von 43,3 Millionen Euro.

Und wie viel wird die Stadt Radolfzell dafür bezahlen müssen?

Bei der Modernisierung der Infrastruktur der Deutschen Bahn ist für einen Zeitraum von zehn Jahren ein Investitionsvolumen von 430 Millionen Euro vereinbart worden. Davon zahlt die DB Infrago 200 Millionen Euro, das Land Baden-Württemberg beteiligt sich mit 150 Millionen Euro und die Kommunen müssen 80 Millionen Euro beisteuern. Bei der Finanzierung des Bahnhofs tritt jetzt die sogenannte Härtefallregelung in Kraft. Diese besagt, dass der Finanzierungsanteil einer Gemeinde 20 Prozent der Kosten ausmachen soll, aber nicht mehr als 80 Euro pro Einwohner.

Für Radolfzell ist damit eine Obergrenze erreicht. Eigentlich wären 20 Prozent der aktuell errechneten Gesamtkosten 8,7 Millionen Euro. Bei 32.043 Einwohnern liegt die maximale Beteiligung allerdings aktuell bei nur 2,56 Millionen Euro.

Die Durchführung zum Seeufer unter dem Radolfzeller Bahnhof und die Zugänge zu den Bahngleisen werden ab dem Jahr 2027 von der Bahn saniert.
Die Durchführung zum Seeufer unter dem Radolfzeller Bahnhof und die Zugänge zu den Bahngleisen werden ab dem Jahr 2027 von der Bahn saniert. | Bild: Jarausch, Gerald

Und was passiert mit der Unterführung?

Die Bahnhofsunterführung wird Radolfzell weiterhin erhalten bleiben. Im Zuge der Baumaßnahmen soll diese allerdings grundsaniert und verschönert werden. Geplant sind die Abdichtung der Bestandsfugen, eine Erneuerung des Bodenbelags und des taktilen Leitsystems, eine neue Beleuchtungs- und Entwässerungsanlage. Ein Konzept für eine besondere Gestaltung der Wände ist beim Team Station Design der Deutschen Bahn beauftragt worden.

Die Designer und Fachplaner haben sich farblich an der Radolfzeller Altstadt und dem naturnahen Bodenseeufer orientiert. So soll die Gestaltung auf der Seite in Richtung Stadt in warmen Rottönen, ähnlich den Dachziegeln, gehalten werden, während die Farben auf der Seeseite eher das Blau und Grün des Bodensees widerspiegeln sollen. Besonderheit: Auf den Wänden soll großflächiger Graffitischutzanstrich angebracht werden. Die Illustrationen sollen hochwertig mit einem neuen Laserdruckverfahren direkt auf die Wand gedruckt werden.