Der vom Gemeinderat als Satzung beschlossene Bebauungsplan „Unterm Freiwiesle“ hat durch die Bekanntmachung im Gemeindeblatt „Hallo Radolfzell“ Rechtskraft erlangt. Dies konnte Ortsvorsteher Jürgen Aichelmann in der jüngsten Sitzung des Stahringer Ortschaftsrats bekanntgeben.
Basierend auf der Rechtskraft können nun seitens der Stadtverwaltung die nächsten Schritte zur Umsetzung des Baugebiets eingeleitet werden. „Die Stadtverwaltung hat die Abteilung Tiefbau angewiesen, die Erschließungsarbeiten für das Gebiet in die Wege zu leiten und die Ausschreibung der Grundstücke vorzubereiten“, berichtet Aichelmann. Da die notwendigen Haushaltsmittel zur Erschließung des Gebiets auf die Haushalte 2021 und 2022 verteilt wurden, wird zwar bereits in diesem Jahr das Regenrückhaltebecken erstellt, die Erschließung der Straßen soll jedoch erst Anfang 2022 erfolgen.
Bewerbung über die Plattform Baupilot oder alternativ in schriftlicher Form
Trotzdem kann die Vermarktung der Grundstücke bereits im Herbst dieses Jahres erfolgen. Die Stadt Radolfzell verwendet für die Vergabe von Baugrundstücken seit 2019 den Online-Dienstleister Baupilot. „Alle Bauinteressenten müssen sich dann auf offiziellem Weg für ein Grundstück bewerben, dies kann entweder über die Plattform Baupilot erfolgen oder alternativ in schriftlicher Form“, betont Jürgen Aichelmann. Für die Vergabe der Bauplätze gelten die Kriterien der Stadt Radolfzell.
Hinter den Stahringer Räten liegen intensive Wochen. Seit dem Jahr 2016 haben sie sich unermüdlich für die Erschließung des Baugebiets eingesetzt. Die Pressemitteilung der Landtagsabgeordneten Nese Erikli und Markus Rösler, das Baugebiet in letzter Minute stoppen zu wollen, sei für sie wie ein Schlag ins Gesicht gewesen, berichtet Ortschaftsrat Elmar Birr. Gemeinsam mit Susanne Siber und Bruno Sauter hat er sich bereits 2010 aktiv darum bemüht, Baulücken im Dorf zu schließen.
„Die nur langsam nach und nach zum Verkauf frei werdenden Baulücken reichen nicht aus, den Bedarf zu decken“
„Wir können die Aussage Beate Giesingers, dass in Stahringen Baulücken nicht konsequent geschlossen werden, nicht nachvollziehen“, sagt Elmar Birr. „Wir hatten im Jahr 2010 sogar ein Pilotprojekt, in welchem wir uns aktiv um die Erschließung der Baulücken bemüht haben. Hierfür wurde ein Förderantrag beim Umweltministerium des Landes gestellt“. Zwischen 2004 und 2019 wurden in Stahringen insgesamt 17 Baulücken geschlossen. „Die nur langsam nach und nach zum Verkauf frei werdenden Baulücken reichen nicht aus, den Bedarf zu decken. Schließlich können wir niemanden zum Verkauf zwingen“, ergänzt Susanne Siber.
Auch Wochen nach der Veröffentlichung der Pressemitteilung erreichen Ortsvorsteher Jürgen Aichelmann noch viele Rückmeldungen der Bürgerinnen und Bürger. Neben dem Zeitpunkt der Veröffentlichung und den dargestellten Fakten zum Baugebiet haben auch einige der von Erikli und Rösler gewählten Formulierungen für Empörung gesorgt. „Den Vorwurf, dass wir Bäume roden oder gar abhacken wollen, kann ich nicht stehen lassen“, ärgert sich Jürgen Aichelmann.
Im Zeitraum zwischen Oktober 2018 und Herbst 2020 pflanzten Privatpersonen 182 Streuobstbäume
„Stahringen ist von Obstwiesen umgeben, viele Familien betreiben Obstanbau, das gehört seit Generationen zu unserem Ort und prägt uns“, sagt Aichelmann. Neben dem kommerziellen Obstanbau seien es auch Privatpersonen, die sich für Streuobstbäume einsetzen. So seien allein im Zeitraum zwischen Oktober 2018 und Herbst 2020 von Privatpersonen 182 Streuobstbäume gepflanzt worden, die sie über das städtische Förderprogramm bezogen hätten.
Aktuell bemüht sich Jürgen Aichelmann aktiv um ein klärendes Gespräch mit den Landtagsabgeordneten.
Zur Sachlage
- Am 9. Februar fasste der Radolfzeller Gemeinderat den Satzungsbeschluss zum Stahringer Baugebiet Unterm Freiwiesle. Der Beschluss erhielt mit der am 13. Mai erfolgten Veröffentlichung Rechtskraft.
- Im April kündigten die Grünen-Landtagsabgeordneten Nese Erikli und Markus Rösler in einer Pressemitteilung an, unter Berufung auf Paragraf 33a des Landesnaturschutzgesetztes das Baugebiet verhindern zu wollen. Seit Juli 2020 sieht der Paragraf eine Erhaltung von Streuobstbeständen vor, die eine Mindestfläche von 1.500 Quadratmetern umfassen.