Samstag, 25. April, 12 Uhr auf dem Marktplatz in Radolfzell: Weiße Kapitulationsfahne, großes Geläut und Trompetenklänge vom Münsterturm herab. Es geht – ausnahmsweise – mal nicht um Corona. Vor 75 Jahren hat das beherzte Eintreten von Menschen wie Pfarrer Josef Zuber und Vikar Ruby die Stadt Radolfzell beim Einmarsch der Franzosen vor der Vernichtung gerettet.
Zur Erinnerung und als Dank spielen oben die Münsterbläser Thomas Kauter und Tobias Franz die Stücke „Großer Gott, wir loben dich“ und „We shall overcome“. Besser hätte man das zweite Stück für diesen Markustag 2020 nicht aussuchen können. Wir werden das eines Tages überwinden. Dafür gibt es unten Beifall auf dem Wochenmarkt, nicht nur von Pfadfindern.
Stadtrat fordert Kiosk-Öffnung
Sonntag, 26. April, 12.18 Uhr in den Postfächern von OB Martin Staab, der FDP-Gemeinderatsfraktion und der Presse: FDP-Stadtrat Manfred Brunner hat gründlich die Zeitung gelesen. Er schreibt einen elektronischen Brief: „Sehr geehrte Herr Staab, der SÜDKURIER berichtet am 24. April, dass die Stadt Konstanz die Bewirtschaftung von (Strandbad-)Kiosken und Bistros unter Auflagen wieder erlaubt hat. Da es für alle Beteiligten hilfreich und sinnvoll ist, bitte ich Sie darum, diese auch in Radolfzell umzusetzen.“
Aber die Auflagen für die Betreiber schmälern das Vergnügen: Getränke und Speisen gibt es nur zum Mitnehmen, auf den Terrassen ist der Verzehr verboten. Ein Herr Kretschmann liefert dazu immer wieder passende Zitate. Wie sagte er jüngst: „Das Virus ist ein fieses Ding.“
Die längste Schlange vor der Eisdiele
Sonntag, 26. April, 16.51 Uhr, in der Seestraße: Es braucht neue Fragen für Wissensspiele wie Triviual Pursuit. Etwa: Wie lange misst die längste Menschenschlange im Eineinhalbmeterabstand, die je vor der Radolfzeller Eisdiele Fernando unter Corona-Bedingungen gestanden hat? A: 85 Meter, B: 61 Meter, C: 15 Meter. Wer es weiß, war am Sonntag dort.
Ein sportlicher Schwimmer an der Mole
Montag, 27. April, 15.45 Uhr, an der Mole: Ein Schwimmer taucht vor El Nino an der Mole auf. Marke: Durchtrainierter Frühsechziger, braungebrannt. Im Dauerlauf um das alte Molencafé versucht er seine Badehose zu trocknen. Ein paar Liegestützen auf der Terrasse können auch nicht schaden.
Dennoch dürfte es bei dem in der Kunst der Leibungsübungen fortgeschrittenen Mannes nicht um einen städtischen Beauftragten für den Abbruch des stillgelegten Caféhäuschens handeln. Dafür ist seine Anzugsordnung zu leger. Boxershorts und keine Mundnasenbedeckung.
Die Kolumne: Das Corona-Tagebuch der Redaktion Radolfzell begreift sich als hoffentlich vorübergehende Erscheinung.