Montag, 19. Oktober, vor Böhringen: In Zeiten wie diesen leiden selbst Verkehrsschilder. Sie gehen in die Knie. Oder leiden sie nicht? Wer in den Siebzigerjahren vom Fernsehen sozialisiert worden ist, erinnert sich gern an die Blödelserie Klimbim. Wie hauchte die blonde Ingrid Steeger ein ums andere Mal ins Mikrophon: „Dann mach ich mir ‚nen Schlitz ins Kleid und find‘ es wunderbar.“ Früher Klimbim, heute Corona. Mit Knicks im Schild.
Und die Wolken bewegen sich doch
Dienstag, 20. Oktober, im Staab-TV: Der Radolfzeller OB geht auf Youtube wieder mal auf Sendung: „Wir müssen die Kontrolle über das Virus behalten“, verkündet Martin Staab mit ernster Miene und dem Münsterturm im Kreuz. Woher sendet nur das Staab-TV? Ist der Himmel echt oder alles nur ein Standbild? Aber dann hätten doch die Macher von Staab-TV bei der Bildauswahl sicher auf das quer liegende rote Satteldach verzichtet. Siehe da, und die Wolken bewegen sich doch, die Münsteruhr zeigt zu Beginn des Videos geschätzte 16.35 Uhr und am Ende 16.39 Uhr. Der Film muss im Freien über den Dächern von Radolfzell gedreht worden sein. Ein kleiner Recherche-Spaziergang ergibt: Das Rathaus verfügt im Innenhof ganz oben über einen Balkon. Zutritt nur über die Diensträume der Abteilung „Strategische Steuerungsunterstützung“. Für strategische Filmaufnahmen. Oder für Videos von Strategen.
Freitag, 23. Oktober, im Postfach: Zweirad Joos bietet Leihräder zum Sonderpreis an. Klar, im Herbst, wo bei diesem Wetter eh keiner Rad fahren will. Oder doch nicht? Im Joos-Pressetext heißt es: „Wir selbst erleben zwischen Radolfzell und Konstanz einen völlig überfüllten Schienenersatzverkehr, was zur aktuellen Zeit ein sehr skurriles Bild darstellt.“ Mit der Rad-Leih-Aktion will das Unternehmen zur Entlastung im Bus beitragen. Und wer verleiht dazu den passenden Friesen-Nerz mit Beinkleid? Was, das gibt es nicht zum Leihen? Ts, ts, ts, immer diese Folgekosten.
Zur Kolumne: Das Corona-Tagebuch der Redaktion Radolfzell begreift sich als hoffentlich vorübergehende Erscheinung.
