Dienstag, 13. Oktober, vor der Zeitung: Mensch Bill, da hast Du uns mit Deinem Tagesbefehl mal wieder in die Verrisszone programmiert. Hörig, wie wir sonst nur beim leisesten Klang der Rathausglocken sind, haben wir auf Dein Geheiß hin für diesen Tag die Geschichte mit den neuen Fünftklässlern gebracht. Das wäre im aufgeladenen Unterseenebel bei den quer denkenden Diktatursüberwachern vielleicht noch gerade unter dem Empörungsradar so durchgeschlüpft, wenn nicht das Bild von den Masken tragenden Schülern gewesen wäre: „Das müssen sie nicht, das dürfen sie nicht! Wo ist das Ministerium? Die armen Kinder! Furchtbar! Denen ergeht es schlimmer als unseren Schäferhunden! Tragen von Masken gilt im Klassenzimmer nur für die Lehrer“, hallt es uns aus dunklen Kanälen entgegen.
Ogottogott. So wenig Textil vor Mund und Nase und solch ein Gedöns. Das ist doch nur ein Bild von einer Einschulungsfeier und nicht eines aus dem Unterricht. Unser Stoßseufzer Richtung Silicon Valley – das ist da, wo die Firma von Bill sitzt – wird erhört. Stunden später trifft eine Nachricht von unserem obersten Oberchef, also unser Diktator, ein. Analog! Per Telegramm! Was haben wir jetzt wieder angestellt? „Teile mit + Stopp + erstens, + Stopp + nicht auf Rathausglocken hören + Stopp + zweitens, + Stopp + an Tagen mit einer Dreizehn + Stopp + keine Maskenbilder bringen. + Stopp + Gruß Gates + Stopp.“ Mensch Bill, Deine Telegramme sind noch leichter verständlich als Deine Programme.
Könntest Du nicht jeden Morgen eines schicken statt irgend so ein schwer verschlüsselter Tagesbefehl, den wir dann am Ende falsch entziffern? Wäre nur so ein kleiner Tipp für Diktatur leicht gemacht. Das mit den Rathausglocken, das befolgen wir ab heute natürlich gerne. Wir dachten immer nur, Du wärst auch Chef von denen da drinnen. Und die Befehle seien irgendwie abgestimmt. Weltherrschaft ist halt nicht so einfach, wie unsereins das denkt.
Mittwoch, 14. Oktober, Nachricht aus der Schweiz: Mitarbeiter der Savognin Bergbahnen AG schmeißen auf dem Piz Martegnas die Schneekanonen an. Daneben liegt auch schon richtiger Schnee. Manch ein Mitglied des Skiclubs Radolfzell wird bei diesen Bildern in den Keller gestürmt sein, um seine Skibrille zu polieren. Man weiß in diesen Corona-Tagen nie, ob der Skibus nicht doch noch losfährt. Das wäre bitter: Massig Schnee in Savognin und der Skiclub-Bus aus Radolfzell darf nicht wie einst im vergangenen Winter dort hin. Home-Skifahren ist dann doch irgendwie arg trocken.
Zur Kolumne: Das Corona-Tagebuch der Redaktion Radolfzell begreift sich als hoffentlich vorübergehende Erscheinung.