
Montag, 13. Dezember: Der Dritte Advent liegt hinter uns und eigentlich müsste in dieser Welt gar überall und mitten in Radolfzell „Es ist ein Ros‘ entsprungen“ oder wenigstens ein „Kling, Glöckchen, klingelingeling“ über den Marktplatz bimmeln. Aber nein, wenn man Glück hat, spielt der Gitarrero vor dem Bartak, äh Gradmann, ein gefühliges „White Christmas“. Aber montags eigentlich nie. Also bleibt nur ein stiller Gang zum Bäcker, ohne Nacht am Mittag. Dort wird es dann doch lauter. Helmut Ringger, seines Zeichen Kandidat bei der Bundestagswahl und der Oberbürgermeisterwahl in Radolfzell, kramt auf der Sitzbank in der Bäckerei sein Münzgeld zusammen. Ohne Maske turnt er von der Bank zur Theke, zahlt und verlässt frohgemut die Bäckerei. Seine joviale Begrüßung wird nicht von jedem geteilt. Warum er keine Maske aufziehe? Diese Frage lässt den Mehrfachkandidaten ähnlich laut werden wie bei der Kandidatenvorstellung zur OB-Wahl im Milchwerk, er wirkt gereizt: „Ich habe ein Attest, ich muss keine aufziehen.“ Der Ex-Kandidat setzt lautmalerisch noch eines drauf: „Und Euch Angsthasen“ – gemeint sind wohl wir Maskenträger – „muss ich das Attest auch nicht zeigen, nur weil Euch das nicht gefällt.“ Stimmt, muss er nicht. Gefallen muss uns das aber auch nicht.
Donnerstag, 16. Dezember: Der Ex-Kandidat, der die Wahl am 17. Oktober haushoch gewonnen hat, nimmt es mit der Maskenpflicht sehr genau. Während der Impfaktion im Friedrich-Hecker-Gymnasium wehrt der neue OB Simon Gröger in der Aula trotz ausreichend Abstand es ab, für ein Foto kurz die Maske abzunehmen: „Das fände ich nicht angemessen.“ Also wird das Foto vor der Türe gemacht. So geht es auch.
Freitag, 17. Dezember: Wohl dem, der Verwandtschaft hat in Budenheim oder Mainz. Der wird mit Eins-A-Hinweisen aus der Meenzer Fassenacht versorgt. Braucht keiner, wir haben unsere eigene Fasnet, wird da so mancher Radolfzeller Hardcore-Holzhauer bei sich denken. Womit er ja grundsätzlich recht hat, sich damit aber wenig weltoffen zeigt. Die Meenzer fährt gut mit Offenheit. Mit der Frage „Wolle mer‘n eroilosse?“ gestaltet er mit Pappnasenmasken unterschiedlichster Güte eine Fernsehfasnacht nach der anderen. Und der Mainzer Carnevallverein 1838 druckt mit dieser Offenheit auch die Narhalla, nach eigenen Angaben „Deutschlands älteste Fastnachtszeitung“. In der Ausgabe 2022 glänzt auf Seite 16 zum Titelthema „Fasnachtsbrunnen im Rampenlicht“ der „Kappedäschlebrunnen in Radolfzell“. Gut, der Kappedeschle schreibt sich mit drei E, wie jeder weichgespülte Holzhauer in Radolfzell weiß. Aber bitte, dafür ist unser Kappede(ä)schle jetzt an Main und Rhein berühmt.