Es hätte ein neuer Stadtteil für Radolfzell werden sollen. Das Gleisdreieck, das Areal vor der Neurohrbrücke und dahinter mit dem Gelände der ehemaligen Fora-Fabrik, sollte langfristig Wohnraum für fast 900 Menschen werden. Die Schweizer Investor BG Business Group AG und deren Projektgesellschaft Unitis AG wollten das Projekt realisieren und rund 380 Wohnungen bauen. Einen entsprechenden Architektenwettbewerb hatte es bereits 2019 gegeben, der Investor plante den Baubeginn in 2021. Doch dann wurde es still um das Gleisdreieck.

Und Wohnraum wird da auch so schnell nicht entstehen. Denn die BG Business Group ist pleite. Das beim Kanton Zug laufende Konkursverfahren wurde im Februar 2024 eingestellt. „Mangels Masse“, wie es im deutschen Insolvenzrecht heißen würde. Die Insolvenzmasse ist in einem solchen Fall so gering, es würde nicht einmal reichen, um die Kosten des Verfahrens zu decken. Außerdem würde auch die Stuttgarter Staatsanwaltschaft wegen Betrugs und Untreue ermitteln, wie ein Behördensprecher bestätigte. Ein ähnliches Bauprojekt im Bad Säckinger Kurgebiet, welches bereits in die Vermarktung gegangen war, ist nun gescheitert. 10 Parteien hatten sich allerdings schon eine Wohnung in dem Projekt reservieren lassen und die Finanzierung dafür aufgebracht. Diese Fälle werden vermutlich vor Gericht ausgetragen.

Auf dem Areal der Folienfabrik Fora wollte der Investor ein neues Quartier für die Stadt bauen. 380 Wohnungen sollten entstehen. Nun ist ...
Auf dem Areal der Folienfabrik Fora wollte der Investor ein neues Quartier für die Stadt bauen. 380 Wohnungen sollten entstehen. Nun ist weiterhin alles offen. | Bild: Jarausch, Gerald

Durchführungsvertrag ist nie zustande gekommen

So weit wird es in Radolfzell nicht kommen, denn laut Stadtverwaltung hatte der Investor zwar Interesse an dem Projekt bekundet, aber einen Durchführungsvertrag hatte es nicht gegeben. „In den letzten Wochen und Monaten haben zahlreiche Termine zu diesem Großprojekt stattgefunden – mit großem Engagement der Stadtverwaltung“, schreibt die städtische Sprecherin Julia Theile auf Nachfrage der Redaktion. Zu den Ermittlungen gegen die BG Business Group, über die auch andere Medien berichten, äußert sie sich nicht. Nur, dass der Investor das Projekt jetzt doch nicht mehr weiterverfolgen wolle.

Projekt wurde nur mäßig vorangetrieben

Allzu viel scheint seit dem Architektenwettbewerb im Jahr 2019 auch nicht geschehen zu sein. Damals gewann der Siegerentwurf der Barton S-ASS Architekten, der Fahle Stadtplaner Partnerschaft und der Landschaftsarchitekten Faktorgruen, alles Büros aus Freiburg. Ein Jahr später, im Mai 2020, hatte die Stadt Probebohrungen angekündigt, um die Bodenbeschaffenheit im Gleisdreieck zu überprüfen. Diese wurden dann allerdings wieder abgesagt. Auch der Gestaltungsbeirat der Stadt beschäftigte sich mit den Entwürfen und gab damals zu Protokoll, man habe „das Konzept für den nördlichen Teil bereits festgezurrt“, wie der SÜDKURIER im Sommer 2021 berichtet. Es gehe nur noch im Details wie die Begrünung der Freiflächen oder Fassadengestaltung.

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Doch so konkret die Ausgestaltung der Baupläne damals klangen, in trockenen Tüchern war die Bebauung des Gleisdreiecks und Fora-Geländes scheinbar nicht. Julia Theile schreibt heute über den Stand des Projektes: „Die Planungen waren noch nicht weit vorangeschritten.“ Zu einem Durchführungsvertrag sei es noch nicht und wäre es auch nicht in nächster Zeit gekommen. Auch die weitere Zukunft ist ungewiss. „Momentan können wir noch nicht sagen, wie es konkret weitergeht. Es finden demnächst Gespräche mit den Eigentümern statt“, schreibt Theile abschließend.

Bebauung wäre für die Stadt ein wichtiger Schritt gewesen

Über Jahre war das Bauprojekt Gleisdreieck mit den angedachten 380 Wohnungen ein wichtiger Baustein für die Stadtentwicklung. Es galt auch als ökologisch vertretbar, da das Fora-Gelände bereits versiegelt ist und man nur wenig Grünflächen durch die Schaffung neuen Wohnraums hätte verbauen müssen. Für die Bebauung des Gleisdreiecks hatte die Stadt ebenfalls bereits Grünflächen als Ausgleichsfläche im Sinn. So sollte die Fläche im Herzen zwischen Wäschbruck-Vereinsgelände und Bora-Parkplatz dafür vorbehalten werden. Dieses Areal hat man nun allerdings im Zuge der Diskussion um die Streuhau-Bebauung dem Investor in Aussicht gestellt, der eigentlich eine Ferienanlage im Streuhau bauen wollte.