Dieses Engagement ist ein ganz besonderes: Die Radolfzeller Ärztin Heike Sandhäger ist bereits zum zweiten Mal nach Kenia gereist, um dort ehrenamtlich medizinische Hilfe zu leisten. Sechs Wochen lang packte sie ehrenamtlich in der Stadt Athi River mit an, um dort die Fanaka-Ambulanz der ärztlichen Hilfsorganisation German Doctors zu unterstützen. Dabei geht es um Durchfallerkrankungen und HIV, aber auch um Dankbarkeit.

Die Hilfsorganisation betreibt zahlreiche Partnerprojekte in sieben Ländern, darunter Kenia, Bangladesch und Sierra Leone. Sie setzt deutsche Ärztinnen und Ärzte ein, um Lücken in der Basisgesundheitsversorgung zu schließen und gleichzeitig die lokale Bevölkerung auszubilden. Auf diese Weise sollen nachhaltige medizinische Versorgungssysteme langfristig etabliert werden.

Die Hilfe wird dringend benötigt

Die Fanaka-Ambulanz in Athi River, das Ziel von Heike Sandhägers Reise, erfüllt laut German Doctors eine wichtige Aufgabe. Ursprünglich sei Athi River eine kleine Stadt gewesen, heute verfüge sie aber über zahlreiche Fabriken, informiert German Doctors. Doch geschätzt 70.000 der rund 80.000 Einwohner von Athi River müssen nach Informationen der Organisation ohne Abwassersystem, ohne Strom und ohne Zugang zu frischem Wasser leben. Jeder Liter Trink­wasser müsse teuer bezahlt werden.

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Das führe zu Durchfallerkrankungen. Und weil sich in Athi River der Staub von den Bergen mit dem Qualm aus den Fabriken mische, herrsche ständig Smog. Das sorge dafür, dass 80 Prozent der Patienten der Ambulanz Atemwegserkrankungen haben. Private medizinische Einrichtungen können sich die Menschen laut German Doctors allerdings kaum leisten und in der nächstgelegenen staatlichen Einrichtung komme es unter anderem immer wieder zu Eng­pässen bei der Medika­menten­versorgung.

Der Schwerpunkt der Ambulanz liege daher auf der basis­medi­zinischen Ver­sorgung. Die Ärzte kümmern sich auch um HIV-Infizierte und an Aids erkrankte Menschen – deren Zahl sei in Athi River überdurchschnittlich hoch. Zudem wird Aufklärungsarbeit geleistet. Beth Mueni, die Sozialarbeiterin im Team, hilft bei Fällen von häuslicher Gewalt und vielen weiteren sozialen Herausforderungen. Die Rolling Clinic, ein weiterer Bestandteil des Projekts, versorgt Patienten, die es nicht in die Fanaka-Ambulanz schaffen.

Anlaufstelle für die Bevölkerung

Die Ärztin Heike Sandhäger erinnert sich an eines ihrer einschneidenden Erlebnisse: Am Weltkindertag in Kenia seien zwei junge Männer auf sie zugekommen, die sich in Athi River für Jugendliche engagierten. Sie hätten German Doctors für ihre Unterstützung gedankt. Sie seien selbst im Slum aufgewachsen und damals habe es keine solchen Initiativen gegeben. Heute gibt es für Kinder und Jugendliche eine Anlaufstelle.

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„Das ist nicht nur die Arbeit in der Ambulanz, es gehen wie Fühler in die ganze Community. So gibt es vieles, das German Doctors ganz still auch unterstützt“, berichtet Heike Sandhäger. Für sie ist German Doctors daher eine „Institution“ vor Ort.

Lokales Team als Herzstück

Die Fanaka-Ambulanz startete im Jahr 2020 während der Corona-Zeit, als allerdings alle deutschen Einsatz-Ärztinnen und -Ärzte zurück in die Heimat gerufen wurden. Trotzdem konnte das Projekt erfolgreich fortgeführt werden, da das lokale Basisteam, das in Nairobi ausgebildet wurde, die schwierigen Monate mit Gaudencia Salano an seiner Spitze eigenständig meisterte.

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Heike Sandhäger betont: „Das zeigt auch, wie gut die Projekte sind, wie stabil und nachhaltig.“ Sie fügt hinzu: „Das lokale Team ist das Herzstück eines solchen Projekts. Wir sind Einsatzärzte, wir kommen und unterstützen in der Zeit für die basismedizinische Versorgung, aber letztendlich werden die Patienten auch ohne uns mit einem Engagement und einer Motivation versorgt, die beeindruckend sind.“ Dies sei seit Beginn des Projekts unverändert geblieben und durch Erweiterungen des Teams gewachsen.

Sorgen um finanzielle Unterstützung

Allerdings gibt es auch Sorgen: Heike Sandhäger macht sich aufgrund staatlicher Kürzungen und unregelmäßiger Spenden Gedanken über die Zukunft der Fanaka-Ambulanz. Beim zweimonatigen Ärztestreik in Kenia 2024 machten Ärzte zum Beispiel auf die schlechten Arbeitsbedingungen und die geringe Unterstützung durch den Staat aufmerksam.

Besonders besorgt ist sie über die HIV-Hilfe, die in vielen afrikanischen Ländern größtenteils von den USA finanziert wird. „Die ersten Einschnitte sind schon geschehen und das wird eine Katastrophe.“ Auch die Spenden aus Deutschland seien rückläufig.

Spendenverhalten hat sich geändert

Traditionelle Dauerspender seien seltener geworden, während spontane Einmalspenden zunehmen. Diese machten es German Doctors jedoch schwerer, langfristige Budgetpläne zu erstellen. So seien beispielsweise die Lebensmittelpakete für besonders bedürftige Personen, die die Klinik anbot, bei ihrem Einsatz zum Jahresende 2024 nicht mehr vorhanden gewesen.

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Die Fanaka-Ambulanz erhebt zwar eine Gebühr, die sich nach den finanziellen Möglichkeiten der Bewohner richtet – ein Arztbesuch kostet etwa einen Zwei-Tage-Lohn eines Tagelöhners. Dennoch generiert die Ambulanz mit ihren Einnahmen nicht annähernd genug. Für Heike Sandhäger steht fest: Ohne German Doctors und ohne Spenden aus Deutschland gibt es solche Projekte nicht.

Mehr Energie nach dem Hilfseinsatz

Heike Sandhäger plant, auch in Zukunft wieder für German Doctors nach Kenia zu gehen. Schon bei ihrem ersten Einsatz habe sie gewusst, dass sie wiederkommen würde. Das liege am Team und an der Arbeit, bei der sie als Allgemeinärztin wieder voll gefordert werde. Eine Aussage der Übersetzerin, mit der sie zusammenarbeitete, bleibt ihr noch lange im Gedächtnis: „Wir kommen hierher zum Arbeiten, um Energie zu tanken, um das zu schaffen, was uns im Privaten erwartet.“

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Auch sie selbst habe das Gefühl, nach der Arbeit in Kenia mehr Energie zu haben, obwohl das Leben dort für die Menschen sehr schwer sei. Zwar seien auch in Deutschland Ärzte mit schweren Schicksalen konfrontiert, aber die Herangehensweise und das Engagement des Teams in Kenia, unter den prekären Bedingungen immer noch mit einer positiven Einstellung zur Arbeit zu gehen, habe sie nachhaltig inspiriert.