Ausgelassene Stimmung, reichlich Frotzeleien in der Bütt und beste Unterhaltung durch die Narrenmusik waren beim Dreikönigs-Frühschoppen der Narrizella in der Aula des Friedrich-Hecker-Gymnasium in Radolfzell geboten. Erfreut über den schnellen Sprung innerhalb nur eines Jahres von der Grundschule aufs Gymnasium eröffnete Narrizella-Präsident Martin Schäuble den diesjährigen Frühschoppen, der im vergangenen Jahr in der Tegginger Schule stattgefunden hatte.
In seiner Begrüßung kündigte der Ober-Narr gleich sieben Büttenredner an – und zwar „von jung bis alt, von dumm bis gscheid“. Doch da wusste Schäuble noch nicht, dass er an diesem Vormittag, den Benni Bromma gewohnt unterhaltsam moderierte, am meisten Fett wegbekommen sollte. Denn „der Blöde war ja grad schon in der Bütt“, begann Bromma in Richtung Schäuble seine Moderation.

Den Anfang machte dann dessen Sohn Felix Bromma, der bei seinem Bütten-Debüt im vergangenen Jahr direkt überzeugt hatte. Bei seinem zweiten Versuch nahm er das Kneipensterben in Radolfzell ins Visier. Endlich 18 geworden, freute sich Bromma darauf, nun an der Fasnacht endlich auch all die Kneipen besuchen und das eine oder andere Bier trinken zu können.
Wo kann die Zeller Jugend noch ein Bier trinken?
Doch das Scharfe Eck ist Geschichte, die Seebar zu voll, andere Restaurants seien am Ufer eher für Touristen und „Bonzen“ gedacht, dazu Glasflaschenverbot sowie strenge Security am See, die einem das Bier abnimmt, und überall Touristen mit Kennzeichen TUT oder VS am Auto. „Wo soll ich also hin“, fragte Bromma verzweifelt. Denn „für die Zeller Jugend gibt es nix“, klagte er. Brommas Lösung? Der Wunsch nach einer Bierpreisbremse angesichts von 7 Euro für das Bier im neuen Mole-Restaurant, denn „irgendwas muss man ja machen“.
Als zweiten Narr in der Bütt begrüßte Moderator Benni Bromma dann Tobias Baur, der exakt vor 25 Jahren das erste Mal in der Bütt gestanden und im Vorjahr noch ein Plädoyer für die Mundart gehalten hatte. In diesem Jahr nutzte er die „nicht ganz geniale“ Aktion des Präsidenten des spanischen Fußball-Verbandschef Luis Rubiales, der eine der Spielerinnen nach dem WM-Triumph gegen deren Willen geküsst hatte, als Anlass, um Martin Schäuble aufs Korn zu nehmen.

„In Radolfzell macht sowas keiner, außer einer, den jeder kennt – und auch der ist Präsident“, frotzelte er. Doch der moralische Zeigefinger habe an der Fasnacht nichts verloren, da gehöre sowas halt dazu. Sein Tipp zum Schutz vorm Präsidenten: Ein Hinweisschild, das vor Schäuble warnt. „Wenn Sie diese Fasnachtsveranstaltung besuchen, müssen Sie damit rechnen, vom Präsidenten geküsst zu werden“, solle darauf zu lesen sein.
Und dazu eine Ampel. Wer gar nichts will, sollte sich rot kostümieren, bei gelb würde man es sich überlegen, und mit grünem Kostüm „gibt man Kund, ich bin heut der beste Fund“, schlug Baur vor.
Anfangs Buhrufe für den Konstanzer
Danach war ein besonderer Gast, das Konstanzer Fasnacht-Urgestein Marcus Nabholz, an der Reihe. Für Grüße „aus Konstanz, der schönsten Stadt am See“, erntete er zunächst noch Buhrufe. Doch dann sprach er über die Krankenhausschließung und die Vergabe des neuen Klinikums nach Singen, womit er die Radolfzeller Narren auf seine Seite zog.
Nabholz fragte: „Sollte das Krankenhaus nicht in der Mitte des Landkreises sein? Ist Singen jetzt etwas unser Zentrum? Nein!„ Den Radolfzellern riet er, künftig lieber ins Konstanzer Krankenhaus als nach Singen zu gehen – gerade zur Entbindung. Denn wer wolle schon einen Singener in der Familie haben.
Guido Wolf als Schwabe in Baden in der Bütt
Ein waschechter Politiker stieg anschließend in die Bütt: der Landtagsabgeordnete Guido Wolf (CDU). Als Schwabe im Badischen kein leichtes Unterfangen. Wolf warb aber für Zusammenhalt: „Es ist der Mix, den wir hier haben. Es lebe Baden, es lebe Schwaben.“ Gemeinsam könne man doch die Regierung ablösen. „Denn die, die jetzt am Ruder ist, die schmeckt nach den Bauern ihrem Mist„, fand Wolf. Solange es die nicht gibt, solle man streiken: kein Alkohol bis Aschermittwoch.

Nach einer kurzen Pause korrigierte Christoph Zeiser zunächst einmal Guido Wolf. Man unterscheide nicht zwischen badisch und schwäbisch, sondern zwischen badisch und unsymbadisch.
Danach machte er seinen Vorsatz wahr, zum ersten Mal eine komplett Holzhauer-freie Büttenrede zu halten. Stattdessen musste der Fanfarenzug so manchen Spruch ertragen. Doch der sei „theatralisch, ausbaufähig grammatikalisch, doch ganz genial musikalisch“. Zeisers Appell: Im nächsten Jahr möge doch mal jemand vom Fanfarenzug eine Rede über seine Gardisten halten.
Die KI ist auch keine Lösung
Und einer durfte natürlich auch nicht fehlen: Urgestein Lothar Rapp, der sich einige Verse von künstlicher Intelligenz habe schreiben lassen. Man müsse schließlich offen für Neues sein. Über die Garde fiel der künstlichen Intelligenz nichts ein, drum ging es um die drei Helden Kappedeschle, Kuony und Poppele, die das vom Holzhauer bedrohte Hansele retten.
Zur Kombination Narrenmusik und Fleischkäse habe ihm die KI innerhalb weniger Sekunden acht Vierzeiler ausgespuckt – mit Tipps, sich doch ausgewogener zu ernähren. Doch sein Rat an jüngere Narren: Die Reden weiterhin selbst schreiben, sonst habe das alles nichts mehr mit dem zu tun, was die Zunft ausmache.

Zu guter Letzt nahm sich Josch Frengele mit Glatze, Bauch und schwingender Schwarzwurst als überzeugende Imitation des Gaienhofener Gastwirts Karl Amann verkleidet abermals Martin Schäuble vor. Er und Schäuble seien wie Dick und Doof – mit klar verteilten Rollen. Und auch bei ihm waren die Frauen Thema: „Eine Rakete an meiner Seite, das täte mich jetzt jucken, da würd der Schäuble aber schlucken“, reimte er.
„Was ist denn heute los?“, konnte dieser angesichts der vielen Frotzeleien am Ende nur ratlos fragen, ehe er sich bei allen Narren und Helfern bedankte.