Endlich findet der Männer-Frühschoppen wieder ohne Frauen statt, denn die „munt schaffe“, eröffnet Narrizella-Präsident Martin Schäuble die Radolfzeller Fasnacht in der vollen Turnhalle der Teggingerschule. Und noch etwas ist an dieser Fasnacht neu: Der Oberbürgermeister Simon Gröger, den Schäuble als einen „Vorsichtigen“ begrüßt, auch wenn der, anders als seine Vorgänger, sogar Kläpperle dabei habe.

Erste Bewährungsprobe: Zunftpräsident Martin Schäuble (rechts) zeigte sich beeindruckt von den Klepperle-Fähigkeiten des neuen ...
Erste Bewährungsprobe: Zunftpräsident Martin Schäuble (rechts) zeigte sich beeindruckt von den Klepperle-Fähigkeiten des neuen Oberbürgermeisters Simon Gröger, der von den Narren freundlich Empfangen wurde. | Bild: Jarausch, Gerald

Doch das Hauptziel des Spotts der Redner in der Bütt sind am Dreikönigstag, moderiert von Benny Bromma, weder Frauen noch der neue OB. Nein, es sind die jungen Klimaaktivisten, wahlweise auch als „Uhu-Ultras“ oder „Patex-Pack“ bezeichnet.

Josch Frengele droht den Narren als Klimaaktivist

Zuerst stürmt Josch Frengele in gelber Warnweste die Bütt, und will dem närrischen Treiben ein Ende bereiten. CO2 für die warme Halle, gefällte Narrenbäume sowie Fleischkäse und Schnitzel hält Frengele den Narren vor. Er droht: „Damit die Jugend kann weiterleben, tu ich mich jetzt an das Fass drankleben. Der Spaß ist vorbei, des sag ich euch ich schon, ich bin das Allerletzte der Generation.“

Aufgemerkt: Josh Frengele als Klimaaktivist mit Warnweste in der Bütt.
Aufgemerkt: Josh Frengele als Klimaaktivist mit Warnweste in der Bütt. | Bild: Jarausch, Gerald

Den Hansele rät er, das Häs künftig zu malen, um Wald und Umwelt zu schonen. Das Brauchtum der Räte „mit Fuchsschwanz an der Kappe“ findet der selbsternannte Umweltschützer aus der Zeit gefallen, da „täte es eine Attrappe“ – und klebt sich selbst ans Fass.

Auch Christoph Zeiser nimmt die Grünen in der Teggingerhalle, in der zuvor noch Teilnehmer der Naturschutztage übernachtet hatten, aufs Korn. Er sei zwar tolerant, doch eins „schlägt mir wie Asbach auf die Leber, ein Grüner mit Sekundenkleber“, sagt er. Tomatensaft auf Kunstwerken und Klebeprotest auf Straßen moniert er an den „Uhu-Ultras“ und „Tesa-Teufeln“, die „Schnitzelfressen“ und Nutztierhaltung verhindern wollten.

Christoph Zeiser in der Bütt.
Christoph Zeiser in der Bütt. | Bild: Jarausch, Gerald

Das führe zu einer gesellschaftlichen Spaltung, „man siehts den Menschen an, sind sie gesund oder vegan.“ Er skizziert ein Horrorszenario für die Fasnacht: Klebeproteste auf Straßen und vor Metzgereien, die Fleischkäse, Narrenbaumfällen und Hemdglonker-Umzug verhindern.

Einzige Ausnahme: „Der Garde ist es stets bestrebt, dass an unserer Theke jeder klebt“, reimt Zeiser, ehe auch er sich mit einem Hammer zu den Worten „und es stand schon in der Bibel, drum wusste es auch jeder, ein echter Aktivist nimmt Nägel, und nicht Sekundenkleber“ an die Bütt nagelt – allerdings mit einer Kreuzschraube, wie Benny Bromma anmerkt.

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16-jähriger Felix Bromma begeistert die Narren

Der Generationenkonflikt geht weiter, denn auch der Moderator bekommt sein Fett weg – und zwar ausgerechnet von seinem eigenen Sohn Felix, der mit 16 Jahren zum ersten Mal in der Bütt steht. Der Junge ist Gardist und sein Vater „behämmert“, entlädt sich der Familienzwist zwischen Gardist und Holzhauer auf der Bühne.

Von seinem Vater sei er als Kind ins Häs der Holzhauer gezwungen worden, erzählt er. Doch gebracht hats wenig – Felix ist ein überzeugter Gardist: „Jeder einzelne von uns ein Held, Gardisten sind die Schönsten auf der Welt.“

Schulterklopfen vom Zunftpräsident Martin Schäuble (links) für Gardist Felix Bromma, der in der Bütt ganz in die Fußstapfen seines ...
Schulterklopfen vom Zunftpräsident Martin Schäuble (links) für Gardist Felix Bromma, der in der Bütt ganz in die Fußstapfen seines Vaters Benni Bromma (im Hintergrund) trat. | Bild: Jarausch, Gerald

Seinem Vater droht er fürs Alter: „Wenn du alt und wacklig bist, zieh dich an wie ein Gardist“, was für die meisten Lacher und das längste Klatschen in der Halle sorgt. Benny Bromma kontert: „Komm du mir nachher heim, mein Freund!“ Seine Hoffnung setzt er nun auf den jüngeren Sohn.

Gewohnt scharfzüngig zeigt sich auch Egon Kenke in der Bütt. „Das Bütten-Niveau war schon besser“, kritisiert er die anderen Redner und das Fehlen eines Getränks auf dem Fass, bis Bromma ihm ein Wasser reicht. „Klare Kante“ muss sein, sagt Kenke, und fordert vom Narrenrat, selbst mal wieder in die Bütt zu steigen, wie das früher üblich gewesen sei. Dann kommt auch er aufs Klima zu sprechen – und zwar jenes im Rathaus, das unter Simon Gröger nun besser sei.

Gewohnt scharfzüngig: Egon Kenke.
Gewohnt scharfzüngig: Egon Kenke. | Bild: Jarausch, Gerald

Seitenhieb gegen Ex-OB Staab

Klare Kante hingegen für den abgewählten Ex-OB Martin Staab: „Herr Staab war bei der Neuwahl mutig, zog selbstbewusst ins Wahlgefecht, doch stieß er sich die Nase blutig, er kannte wohl die Bürger schlecht.“ Benny Bromma kommentiert: „Kernig-bissig, wie man ihn kennt.“ Ein Lob bekommt von Kenke nur die Narrenmusik ab, die unermüdlich spielt, während sie auf den Fleischkäse um 13 Uhr wartet.

Doch sie müssen sich gedulden. Tobias Bauer trägt Sprüche mehrerer Mundartdichter vor. Er hat einen Wunsch an die Älteren: Mit den Kindern Dialekt zu sprechen, nicht nur an Fasnacht, um das Alemannische zu erhalten. Ob es hilft im Generationenkonflikt?

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