Lange war es ruhig in den Frauenhäusern. Während der ersten strengen Einschränkungen des öffentlichen und privaten Lebens durch Corona habe es recht wenig Anfragen für Plätze in den Notunterkünften für Frauen gegeben, berichtet Bärbel Wagner, Fachbereichsleiterin bei der Diakonie und für das Radolfzeller Frauenhaus zuständig.

„Aber nach den Lockerungen konnte man zuschauen, wie die Plätze alle weggingen. Es war zum Teil gruselig“, sagt sie. Der Bedarf sei bedauerlicherweise noch immer recht groß. Die zehn Plätze im Frauenhaus Radolfzell seien schnell weggewesen. Im Landkreis Konstanz gibt es drei Frauenhäuser mit jeweils zehn Plätzen und diese brauche man auch, sagt Wagner.

Keck sucht das Gespräch mit der Diakonie

Der Radolfzeller FDP-Landtagsabgeordnete Jürgen Keck hatte sich mit Bärbel Wagner und Christian Grams, Geschäftsführer der Diakonie Konstanz, zu einem Hintergrundgespräch getroffen. Er wolle hören, wie die Lage in den Frauenhäusern seit dem Ausbruch der Pandemie sei. Bärbel Wagner erläuterte das Prozedere der Aufnahme von Frauen in Not unter Corona-Bedingungen.

Die Plätze in den Frauenhäusern würden über eine digitale Plattform verteilt, die alle Frauenhäuser in ganz Baden-Württemberg gelistet habe. Manchmal sei ein besonders großer Abstand zum Ehemann oder Partner, vor allem wenn häusliche Gewalt im Spiel war, wichtig. Es würden also nicht selten Frauen auf andere Landkreise verteilt, erklärt Wagner.

Frauen müssen Corona-Test machen

Bevor die Frauen und häufig auch deren Kinder in das Frauenhaus kommen dürfen, müssen sie eine Zwischenstation in einer Wohnung machen, die die Diakonie eigens dafür angemietet hat. Erst nach einem negativen Corona-Test dürften sie dann in die Gemeinschaftsunterkunft. „Nur bezahlt das Landratsamt Konstanz den Test nicht, das müssen wir machen“, sagt Wagner. Wenn Frauen aus anderen Landkreisen nach Radolfzell kämen, würden deren Landratsämter die Tests bezahlen. Jürgen Keck versprach, sich dieser Sache auf politischer Ebene anzunehmen.

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Für Keck ist es ein Unding, dass der Landkreis Corona-Tests für Urlauber bezahle, aber nicht für Frauen, die aus einer gewalttätigen Beziehung flüchten müssen. Überhaupt sei die Finanzierung der Frauenhäuser problematisch, erklärt Christian Grams. Die Diakonie erhalte eine Fallpauschale pro Frau.

Doch müssten die Fachkräfte, die Betreuung und die Miete weiterhin bezahlt werden, egal wie viele Frauen gerade untergebracht werden. „Ein fester Betrag wäre besser als eine Fallpauschale pro Platz“, sagt Grams. Denn andere Landkreise würden gar keine Frauenhäuser betreiben, würden sich die Kosten sparen, aber wären auf das Angebot im Landkreis Konstanz angewiesen. Vom Bund habe das Land Baden-Württemberg vier Millionen Euro für alle Frauenhäuser erhalten. Für die einzelnen Einrichtungen sei der Betrag verschwindend gering.

Es mangelt an kompetenter Kinderbetreuung

Ein weiteres Problem sei die unstete Betreuung der Kinder, die mit ihren Müttern in ein Frauenhaus kommen. „Wir haben dafür keine Mitarbeiter, wir sind auf Ehrenamtliche angewiesen und auf Spenden“, sagt Bärbel Wagner. Aber dies sei keine verlässliche Dauerlösung. Gerade Kinder aus Gewalt-Familien bräuchten besondere Unterstützung, die die Diakonie wegen fehlender finanziellen Mittel nicht leisten könnte. Auch diesen Auftrag nahm Keck als Landtagsabgeordneter mit.

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Als Corona-Hilfe habe Bärbel Wagner Beim Regierungspräsidium und dem Landratsamt zusätzliche Gelder beantragen können. „Das war schon eine große Hilfe“, sagt sie. Die zusätzliche Wohnung sei beispielsweise bis Ende Januar gesichert. Zusätzlich wünscht sich Bärbel Wagner mehr Feingefühl von den Familienrichtern. Gewalttätigen Ehemännern könnten kurz nach der Trennung den Umgang mit den Kindern einklagen und so herausfinden, wo die Frauen untergebracht sind und diese dann weiterhin bedrängen und bedrohen.“Etwas mehr zeitlicher Abstand wäre besser“, so Wagner.