Zum persönlich erlebten Klimawandel kann mittlerweile fast jeder Mensch jenseits des 40. Lebensjahres etwas berichten. Fischer Albin Lang aus Iznang, der in der 4. Generation diesem Beruf nachgeht, kann aus eigener Erfahrung Veränderungen auf und am See schildern. Insbesondere im Winter hat sich der See aus seiner Sicht im Laufe seines eigenen Berufslebens dramatisch verändert.
Der 57-jährige kann sich noch gut an zahlreiche Winter erinnern, an der die Arbeit alles andere als Spaß gemacht hat, weil es furchtbar kalt war. „Früher sind uns die Kleidung und die Netze gefroren. Außerdem konnten wir regelmäßig auf das Eis, um unsere Netze darunter auszulegen“, berichtet er. Sogar die Motoren der Boote mussten regelmäßig warm eingepackt werden, damit sie überhaupt ihren Dienst tun konnten.
Mit der Schubkarre über den zugefrorenen See? Heute undenkbar
Ein Foto aus dem Jahr 1987 belegt seine Schilderungen. Darauf schieben Albin Lang und sein Vater die Schubkarren samt Netzen und anderen Dingen mitten auf dem Untersee über das Eis. Für derartige Tätigkeiten gab es damals sogar noch spezielle „Eisgondeln“, wie Lang die Holzboote mit Metallschienen nennt, die das Ziehen auf dem zugefrorenen See möglich machten.
Derartige Konstruktionen braucht es seit Jahrzehnten nicht mehr. Zum einen könnte man die Metall- oder Kunststoffboote ebenfalls auf einem festen Untergrund ziehen und zum anderen friert der See schlichtweg kaum noch nennenswert zu. Das ist in der Erinnerung von Albin Lang anders gewesen: „Wir sind als Kinder eigentlich jedes Jahr Schlittschuh gelaufen“, berichtet er. Die kalten Phasen in der Winterzeit waren vor allem deutlich länger, als man es heutzutage erlebt, ist sich der Fischer sicher.
Es fehlen Niederschläge
Diese Erinnerung wird durch zahlreiche Veränderungen in Fauna und Flora untermauert. „Früher stieg das Wasser im Frühjahr, und ab Mitte Juli zog es sich wieder zurück. Das haben wir heute kaum noch“, sagt Albin Lang. Nach seinen Beobachtungen ist der Wasserstand generell niedriger. Während bis in die 80er Jahre die Aalreusen immer erstmals am 1. April am Saum des Rieds ausgelegt wurden, ist dies „heute gar nicht mehr möglich“, schildert Albin Lang die Entwicklung. „Da ist heute gar kein Wasser mehr.“

Grundsätzlich fehlen die Niederschläge und kühlen Temperaturen, um den Wasserspeicher See entsprechend aufzufüllen. Das führt letztlich auch zu einem Anstieg der durchschnittlichen Wassertemperatur und damit zu einer Veränderung der Seebewohner. Mittlerweile gibt es im Untersee laut Albin Lang auch wieder mehr Welse. Die Raubfische lieben etwas wärmeres Wasser. Gleichzeitig beobachtet der Fischer einen Rückgang der Edelfische wie Kretzer und Felchen. „Das kann aber auch an der Wasserqualität liegen“, mutmaßt er.
Weitere Belege für die zunehmende Trockenheit in unseren Breitengraden liefert eine andere Tätigkeit, der Albin Lang ebenfalls nachgeht. Als Waldarbeiter für die Kommune und als privater Waldbesitzer erlebt er seit Jahren eine dramatische Veränderung in unseren Wäldern. „Auch jetzt, nach dem eigentlich recht feuchten und kühlen Winter ist es im Wald wieder total trocken“, berichtet er.
Während man in früheren Zeiten praktisch nur den Winter zum Holzeinschlag genutzt hat, ist dies heute nicht nur ganzjährig möglich, sondern auch nötig. Damals sorgte der gefrorene Waldboden für leichtere Bedingungen, um das Holz aus dem Wald zu schaffen. Aktuell würde der Zeitraum des Winters gar nicht ausreichen, um die Mengen an Schadholz aus dem Wald zu schaffen, die Klimawandel und Borkenkäfer bescheren.
„In zehn Jahren keine zusammenhängenden Fichten-Bestände mehr“
„Ich bin überzeugt, dass es in zehn Jahren keine zusammenhängenden Fichtenbestände mehr in unseren Wäldern gibt“, malt Albin Lang ein düsteres Bild. Zu dem Gesamtschaden kommt bei ihm persönlich ein monetärer hinzu. Denn die Preise für Holz haben sich in den vergangenen drei Jahren erheblich verringert. „Ich bekomme heute gerade mal ein Drittel des Preises, berichtet er. An eine echte Veränderung der Verhältnisse glaubt Albin Lang nicht. „Alle schimpfen immer, aber wollen selber nichts machen. Jeder fährt ein immer größeres Auto“, stellt er nüchtern fest.
Zur Person und zur Serie
Zur Person: Albin Lang ist 57 Jahre alt, ist verheiratet und hat drei Kinder, zwei Töchter und einen Sohn. Er stammt aus einer Bodensee-Fischerfamilie: Er selbst ist in vierter Generation Fischer in Iznang auf der vorderen Höri. Zudem ist er als Waldarbeiter für die Kommune tätig und besitzt selbst einen Privatwald.
Zur Serie Klimwandel vor Ort: Gibt es den Klimawandel überhaupt? In dieser Serie äußern sich Menschen, die mit und in der Natur arbeiten. Sie schildern ihre ganz persönlichen Eindrücke und Erfahrungen, und mit diesen wird der Klimawandel am Bodensee sichtbar und deutlich.