Alle glücklich zu machen, das gelingt auch einem Simon Gröger nicht. Der sonst so sehr auf Konsens bedachte Radolfzeller Oberbürgermeister steht aktuell vor der Herausforderung, im Güttinger Buchenseebad Bürgerwünsche und juristische Vorgaben unter einen Hut zu bekommen. Eine Position, die ihm sichtlich schwerfällt. Immer wieder fällt das Wort „unbefriedigende Situation“, wenn er über die Abriegelung des Badesees diesen Sommer spricht. Vor allem, weil noch immer Sinn und Zweck dieser Aktion Teile der Bevölkerung nicht ganz einleuchten wollen.
In den jüngsten Sitzungen des Ausschusses für Planung, Umwelt und Technik und des Verwaltungs- und Finanzausschuss wurde nun auch den Stadträten die bereits beim Bürgerdialog in Güttingen vorgestellten Varianten, wie es mit dem Buchenseebad weitergehen könnte, präsentiert. Das Grundproblem ist, dass ein Naturbad ohne zertifizierte Badeaufsicht keine Betriebserlaubnis hat. Passiert etwas, haftet im schlimmsten Fall der OB selbst.
Badeaufsicht für alle Bäder ein Thema
Aktuell hat man in Güttingen keinen Pächter für das Bad, der in der Regel auch die Badeaufsicht stellen muss. Doch das Problem betrifft nicht nur den Güttinger See, sondern insgesamt alle sechs Naturbäder der Stadt Radolfzell. Fällt dort die Badeaufsicht aus oder hat die zuständige Person kein gültiges Rettungsschwimmerzertifikat, darf eigentlich auch niemand mehr ins Wasser.

Die von der Stadt geprüften Varianten, wie sich das Problem lösen ließe, sind entweder ziemlich teuer und somit nicht umsetzbar. Oder sie beschränken das für die Badegäste gewohnte Angebot an den Badeseen selber massiv ein. Denn es ist nicht einfach damit getan, ein Naturbad zur Badestelle zurückzustufen. Sämtliche Infrastruktur wie Steg, Badeinsel, Kiosk und Umkleiden müsste zurückgebaut werden. Im Güttinger Ortschaftsrat hat man sich entschieden gegen diese Variante ausgesprochen. Ortsvorsteher und Freie Wähler-Stadtrat Martin Aichem betonte noch einmal die Haltung der Güttinger Bürgerinnen und Bürger im Ausschuss.
Juristische Lage ist schwammig
Und appellierte an seine Ratskollegen: „Wir sollten alles versuchen, das Bad in seinem jetzigen Zustand zu erhalten“, so Aichem. Deutliche Worte fand er für den Freiburger Rechtsanwalt Torsten Heilshorn, der in die Sitzung gekommen war, um eine juristische Facheinschätzung abzugeben. „Viel haben Sie ja nicht mitgebracht“, so die ernüchternde Reaktion des Güttinger Ortsvorsteher. Heilshorn hatte den Unterschied zwischen Badestelle und Naturbad erläutert und auch erklärt, wie dünn die rechtlichen Vorgaben seien. „Es zählt der Gesamteindruck“, sagte Heilshorn bei der Erklärung, ab wann ein Zugang zum See eine Badestelle sei und ab wann ein Naturbad.

Laut Aichem sei der Güttinger See ein Teil Lebensqualität für die Bürgerinnen und Bürger. Auch habe er Sorge, sollten Kiosk und weitere Infrastruktur verschwinden, dass der Platz am See zu einem Ort für nächtliche Gelage werde. Die juristische Bewertung könne er nicht ganz nachvollziehen: „So viele Oberbürgermeister sind ja jetzt auch nicht wegen eines Badeunfalls verklagt worden“, so Aichem.
Letzte Chance für das Buchenseebad
Letztlich einigte sich der Ausschuss auf einen Kompromiss, der die unbequeme Entscheidung etwas nach hinten schiebt. Das Buchenseebad wird für die kommende Badesaison 2025 als Naturbad ausgeschrieben, die Stadt versucht, einen Pächter zu finden, der auch die Badeaufsicht wie gewohnt stellt. Sollte dies bis Saisonbeginn 2025 nicht gelingen, wird das Buchenseebad zu einer Badestelle umfunktioniert, der Kiosk und die Umkleidekabinen werden verschlossen, aber noch nicht zurückgebaut. Der Steg und die Badeinsel werden entfernt, einzig der Handlauf in den See soll bleiben. „Wenn sich in ein paar Jahren die juristische Lage ändert, sind wir bereit, alles neu zu prüfen“, so Oberbürgermeister Gröger.

Für Gröger selbst war schon die Badestelle ein „gangbarer Kompromiss“. Denn zwar sei mit einem neuen Pächter zwar erst einmal alles so, wie es bisher war. Doch wenn dieser, wie in dieser Saison auch schon geschehen, kurzfristig aufhöre oder aus anderen Gründen die Badeaufsicht nicht mehr stellen könne, sei die Stadt wieder gezwungen, das Bad kurzfristig abzuriegeln.
Und diese „unbefriedigende Situation“ hätte der OB gerne für die Zukunft vom Tisch. Deswegen wurde in den Beschluss mit aufgenommen, dass im Falle eines spontanen Ausfalls der Badeaufsicht, wie in diesem Jahr bereits zwei Mal geschehen, das Bad auch im laufenden Betrieb zur Badestelle zurückgestuft wird. „Wenn dieser Beschluss nicht drin ist, haben wir wieder das Problem, dass wir mitten in der Saison einen Zaun aufstellen müssen“, mahnte Angelique Augenstein, Dezernatsleiterin. Diesem Vorschlag folgten die Stadträte.
Auf Antrag von Christof Stadler (CDU) sprach sich der Ausschuss zudem dafür aus, zu prüfen, ob die Stadt die Parkraumbewirtschaftung am Buchenseebad übernehmen kann, sollte das Bad doch zur Badestelle werden.