Das Jahr 2024 war für alle, die vom Tourismus profitieren oder gar wirtschaftlich abhängig sind, in Radolfzell nicht leicht. Laut Regina Brüsewitz, Geschäftsführerin der Tourismus- und Stadtmarketing Radolfzell GmbH (TBR), war „das Jahr eine Berg- und Talfahrt“, wie sie im Gespräch mit dem SÜDKURIER bilanziert. Gemeint sind damit primär die Übernachtungszahlen, an denen sich die Besucher in Radolfzell ablesen lassen.
Auf und Ab im Frühsommer
Dabei war das Jahr im ersten Quartal ganz im Sinne aller Touristiker, Gastronomen und Hoteliers in Radolfzell verlaufen. Mit einem Plus von 19 Prozent im Monat Januar, einer nochmaligen Steigerung auf 24 Prozent Plus im Monat Februar und immer noch exzellenten 14 Prozent Zuwachs im März konnten sie auf ein erfolgreiches Wirtschaftsjahr hoffen.

Doch dabei sollte es nicht bleiben, wie die vorliegenden Zahlen belegen. Vor allem das späte Frühjahr und der frühe Sommer wollten so gar nicht den ersten Zahlen des Jahres folgen. Im April brachen die Übernachtungszahlen förmlich ein und lagen 13 Prozent unter denen des Vorjahres.
Es folgte ein wiederum erfolgreicher Mai mit einem Plus von 9 Prozent, um dann im Juni wieder auf ein Minus von 15 Prozent abzusacken. Die Sommermonate Juli und August bewegten sich anschließend im moderaten Bereich von Minus 0,5 Prozent und einem Plus von 3 Prozent. Ende des Jahres hoffen die Touristiker dennoch auf ein leichtes Plus von einem Prozent bei den Übernachtungszahlen auf über 474.000.
Kritik an Berichten über Hochwasser und Mückenplage
Laut Regina Brüsewitz waren dafür insbesondere das regenreiche Frühjahr und die daraus resultierenden bundesweiten Pressemeldungen verantwortlich. „Trotz des Reichenau-Jubiläums waren wir vor allen Dingen wegen des Hochwassers und der angeblichen Mückenplage in den Medien präsent“, stellt sie bei der Vorstellung der vorläufigen Bilanz fest.
So wurde bundesweit rund um das Thema Mücken immer wieder Rainer Bretthauer, Mückenexperte und Biologie aus Radolfzell, zitiert. Wegen seines Wohnorts sei Radolfzell so ungewollt in Verbindung mit einer Mückenplage bekannt geworden, obwohl viele Menschen am Bodensee den Zustand nicht als besonders auffällig erachtet hätten, so Brüsewitz.
Im Oktober bilanzierte Bretthauer selbst im SÜDKURIER, dass es 2024 ein deutlich erhöhtes Vorkommen von Mücken am Bodensee gegeben habe. Von einer Plage wollte er jedoch ausdrücklich nicht sprechen.
Auch weniger Wohnmobilisten registriert
In der Folge blieben selbst über die wichtigen Sommermonate etliche Ferienwohnungen in Radolfzell leer. Selbst die in den Vorjahren immer stärker zunehmenden Gästezahlen der Wohnmobilisten konnten abgesehen von dem Frühjahr nicht erreicht werden. Viele Kleingruppen hätten geplante Treffen und Übernachtungen in Radolfzell aufgrund der negativen Berichterstattung kurzfristig abgesagt, so Brüsewitz. Laut ihren Informationen sanken bei den Naturfreunden und dem Kanuclub die Gästezahlen auf die Hälfte der Vorjahreszahlen.
Erfreulich wiederum war der Anstieg der Sprachschüler in der Stadt. „Die Zahl ist fast wieder auf dem Level von 2022“, stellt Regina Brüsewitz fest. Und durch die Auflösung von Dauercamperplätzen auf der Anlage in Markelfingen seien auch wieder mehr Tagesgäste dorthin gekommen. Wenn das letzte Quartal des Jahres ähnlich verläuft wie im Vorjahr, könnten die Touristiker sogar am Ende auf ein ganz leichtes Plus von einem Prozent Steigerung hoffen. Die Geschäftsführerin der TBR jedenfalls geht von rund 474.000 Übernachtungen Ende 2024 aus.
Das plant die TBR künftig
Beliebig steigerbar sind die Übernachtungszahlen allerdings nicht. „Zu bestimmten Zeiten im Jahr ist das Limit fast ausgereizt“, erklärt sie. Dennoch möchte die städtische GmbH bestimmte Bereiche weiter ausbauen. So möchte die TBR die Angebote für den Kleingruppen-Tourismus bis 40 Personen steigern. Mit einem Erlebnistag und Event-Wanderungen sollen auf diese Weise mehr Menschen nach Radolfzell gelockt werden. „Die sanften Themen sind gefragt. Alles was mit Natur zu tun hat, kommt gut an“, berichtet Regina Brüsewitz.
Wie viel Energie sie und ihre Mitarbeiter im kommenden Jahr in solche Ideen stecken können, hängt allerdings auch von einem Ereignis ab, dass bereits seine Schatten vorauswirft. So steckt das Team schon jetzt in den Vorbereitungen zu dem 1200-jährigen Stadtjubiläum im Jahr 2026.