Von den steigendern Übernachtungszahlen in diesem Jahr – die Stadt Radolfzell hatte laut Oberbürgermeister Simon Gröger 2024 bereits im Sommer über 420.000 Übernachtungen registriert – können sich Gastronomen sinnbildlich wenig kaufen. Denn wie einige Betreiber von Restaurants am See bei einer kleinen Umfrage erklären, haben weniger Gäste als sonst den Weg zu ihnen gefunden. Viele Gastronomen schildern, dass sich in dieser Saison offenbar das Kundenverhalten verändert hat: „Die Leute überlegen einfach, wo und wie oft sie ausgehen“, sagt zum Beispiel Daniel Burger vom Steg 11.

Das kann auch Martin Mayer vom gleichnamigen Weinhandel in Radolfzell bestätigen: „Das ist ein schwieriges Jahr für die Gastronomen in Süddeutschland. Wir haben viele Insolvenzen“, sagt er. Sein Betrieb beliefert allein im Landkreis Konstanz über 100 Gastronomen und weitere in Bayern und Baden-Württemberg. Weil vor allem das Frühjahr schlecht lief, beziffert er die Rückgänge in den Gastronomien auf „um die 25 Prozent“.

Ausgehverhalten hat sich verändert

Einen ähnlichen Eindruck haben auch Betreiber, die direkt am See für Essen oder Trinken sorgen. „Das war ein schwieriges Jahr“, gibt zum Beispiel Jule Meier von der Seebar zu. Auch sie spürt eine Veränderung beim Ausgehverhalten der Menschen: „Ich habe das Gefühl, dass sich das Konsumverhalten ändert. Die Menschen gehen einfach seltener aus“, sagt sie.

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Auch die äußeren Bedingungen haben es den Gastronomen in diesem Jahr nicht leicht gemacht. Viel Regen in den Sommermonaten sorgte insbesondere bei den Außengastronomien am See für viel freie Sitzplätze. ‚Und dann wurde in den Medien auch noch ständig über die Schnaken geschrieben‘, moniert Jule Meier.

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Ohnehin war ihre persönliche Saison in diesem Jahr etwas verkürzt. Die Seebar wurde über die Wintermonate saniert und öffnete erst Ende April wieder die Türen. Da waren die ersten schönen Frühlingstage bereits vorbei. Gleichwohl ist ihr bewusst, dass das Klagen über solche Zustände relativiert werden muss: „Wir können uns in der Gastronomie nicht beschweren. Das gehört einfach zum Berufsrisiko“, sagt sie.

Personalmangel macht Branche zu schaffen

Laut Daniel Burger und Ramona Lerner vom Steg 11 war das Frühjahr „noch vollkommen in Ordnung“, wie sie bemerken. „Aber im Juni und Juli war es wirklich schlecht“, so ihre Bilanz. Die eigenen Gästezahlen haben sich aufgrund einer Anpassung ohnehin etwas verändert und verringert. Denn von Montag bis Freitag bietet das Steg 11 keinen Mittagstisch mehr an und öffnet erst ab 17 Uhr. Das sei unter anderem dem Personalmangel geschuldet, der immer noch in der Branche herrscht. In ihren Fall sind zwei Angestellte aus der Region weggezogen und konnten nicht ersetzt werden.

Gleichzeitig sind die Kosten für die Gastronomen wie bei allen anderen Menschen auch deutlich gestiegen. „Wir haben dreimal höhere Stromkosten als im Vorjahr. Die Kosten können wir aber nicht einfach an die Kunden weiterreichen“, erklären die beiden Geschäftsführer. Dennoch wollen sie ausdrücklich nicht nur jammern: „Wir hatten wirklich gute Jahre, sogar während Corona“, sagt Ramona Lerner. Für die Zukunft wagen die beiden keine Prognose: „Das wird ein spannendes Jahr“, sagt Daniel Burger.

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Ihr direkter Nachbar am Seeufer – Volker Probst vom Bistro Bootshaus – hat zwar ebenfalls eine Konsumzurückhaltung bei den Gästen wahrgenommen, aber kommt nach eigener Einschätzung erst einmal mit einem blauen Auge davon. „Auch wenn ich die genauen Zahlen noch nicht habe: Der Einbruch, den ich befürchtet habe, ist nicht eingetreten“, bilanziert er.

Vor allem mache auch ihm die „Preisentwicklung bei den Waren und der Energie Sorgen“, wie er sagt. „Weil diese nicht ohne Weiteres an die Kunden weitergegeben werden können, müssen wir auf Teile unseres Einkommens verzichten“, stellt er fest. Immerhin kann Probst, ähnlich wie seine Kollegen, die Zustände bisher relativieren: „Wir jammern hier in Radolfzell auf hohem Niveau. Mit der schönen Landschaft und der Lage direkt am Bodensee-Radweg geht es uns immer noch sehr gut“, befindet er.