Der digitale Unterricht spielt in Schulen seit der Krise eine so große Rolle wie niemals zuvor. Einige Schüler erhalten in den Bildungseinrichtungen seit knapp zwei Wochen zwar wieder Präsenzunterricht, ein Großteil lernt aber nach wie vor zuhause. Doch wie gut funktioniert der Fernunterricht? Zeit, mit den Schulleitern der Region ein Zwischenfazit zu ziehen. Heute: Die Gerhard-Thielcke-Realschule Realschule Radolfzell.

1. Technische Ausstattung

Gabriele Wiedemann, Rektorin der Gerhard-Thielcke-Realschule, berichtet von einigen Aufgaben, mit denen sich die Schulleitung in den vergangenen Wochen auseinander gesetzt hatte: „Der Schulserver musste aufgestockt, Lernprogramme installiert und eine Plattform für Videokonferenzen eingerichtet werden“, zählt sie auf. Viel Zeitaufwand, und dennoch stellt Wiedemann fest, dass eine flächendeckende Ausstattung an der Gerhard-Thielcke-Realschule nicht gegeben sei. „Unsere Computer haben keine Kameras, die Webcams mussten teilweise nachträglich bestellt werden“, erklärt die Schulleiterin. Ein zusätzliches Problem sei, dass sowohl einige Lehrer als auch Schüler zuhause keine komplette Ausstattung zur Verfügung hätten. Davon könne man laut Gabriele Wiedemann nicht ausgehen. Häufig gebe es pro Haushalt nur einen Computer in der Familie. „Einen PC sollen die Eltern fürs Homeoffice nutzen und gleichzeitig drei Kinder für die Schule?“, stellt sie sich selbst die rhetorische Frage. Die Erwartung an eine umfassende digitalen Ausstattung sei schlichtweg unrealistisch. Selbst an funktionierenden Druckern würde es teilweise scheitern. Vom Kultusministerium bräuchte die Gerhard-Thielcke daher Unterstützung bei der Ausstattung. Und was wünscht sich Wiedemann vom Schulträger, also der Stadt Radolfzell? „Eine schnelle Umsetzung des Medienentwicklungsplans und die Ausstattung für Videokonferenzen und -unterricht.“

2. Erfahrungen mit dem Homeschooling

Auf die Frage, wie viele der Schüler zuhause über einen entsprechenden Zugang verfügen und diesen auch nutzen können, antwortet Gabriele Wiedemann: „Den Messenger-Dienst nutzen fast alle ohne Probleme, allerdings ist derzeit nur etwa ein Drittel der Schüler über Video erreichbar.“ Laut der Schulleiterin greife man aktuell auf das Programm BigBlueButton zurück. „Wir sind damit zufrieden, nachdem der Server aufgestockt wurde“, so Wiedemann. Über BigBlueButton könnten die geteilten Lerngruppen in einen Raum des Fachlehrers zugeschaltet werden. Wenn ein Lehrer beispielsweise eine Erklärungssequenz senden wolle, könne er einen virtuellen Klassenraum anlegen – dann schicke er über den Messenger einen Link an die Schüler. Diese würden sich im Anschluss mit einem individuellen Passwort einloggen.

Das könnte Sie auch interessieren

Dies funktioniere. Für die Schulleiterin sei die Vorstellung, dass der komplette Unterricht per Video ablaufen könne, dennoch unrealistisch. Eine Gleichbehandlung aller Schüler sei nicht gegeben, was sie mit der teilweise nicht vorhandenen technischen Ausstattung begründet. Ein Problem sei ihrer Meinung nach, dass Schüler nicht gleichzeitig am PC sitzen, zuhören, mitschreiben und auch noch mit der Technik klar kommen könnten. Vor allem mit der notwendigen Konzentration sei dies über mehrere Stunden nicht möglich. Zudem sei die Belastung für die Lehrer enorm, da der Videounterricht den direkten Kontakt zu jedem einzelnen Schüler nicht ersetzen könne. „Gerade die persönliche Beziehung zwischen Lehrer und Schüler unterstützt das Lernen.“ Wie Wiedemann ergänzt, müssten die Lernmaterialien für die die Schüler außerdem trotzdem erstellt werden.

3. Rückmeldungen von Lehrern und Eltern

Gerhard-Thielcke-Schulleiterin Wiedemann berichtet, dass die Eltern mit großer Mehrheit zurückmelden würden, dass sie mit den Angeboten des digitalen Unterrichts zufrieden seien. Vereinzelt gebe es, wie sie ergänzt, Vorstellungen von einem kompletten Unterrichtsmorgen per Video. Laut Wiedemann sei dies aber nicht umsetzbar. Das Lehrerkollegium habe gute Erfahrungen mit Videosequenzen gemacht, allerdings sei dies eben auch von den technischen Voraussetzungen abhängig. Sehr wichtig seien aktuell die Messenger- und Chaträume sowie Mailkontakt, da dort kaum Probleme auftreten würden. Ausgezahlt hätten sich außerdem Lernvideos im Internet, ergänzt Gabriele Wiedemann.

Das könnte Sie auch interessieren