Die Nachwirkungen der Corona-Pandemie sind mittlerweile in vielen Bereichen kaum oder gar nicht mehr zu spüren, Ausgangssperren und Veranstaltungsabsagen in weite Ferne gerückt. Kein Wunder also, dass auch bei der Kriminalstatistik des Polizeireviers Radolfzell langsam wieder Normalität einkehrt. Nachdem 2022 und 2021 im Schnitt rund 1540 Straftaten in Radolfzell, Moos, Gaienhofen und Öhningen registriert wurden, waren es im vergangenen Jahr 1740. Das ist ein Anstieg von 11 Prozent gegenüber 2022.
„Wir sind langsam auf dem Niveau vor Corona angelangt“, sagt Georg Lautenschläger, Revierleiter in Radolfzell. Gegenüber 2019, als insgesamt 2092 Fälle registriert wurden, gab es 2023 sogar noch deutlich weniger Straftaten.
Die mit Abstand meisten, nämlich rund 1490 und damit etwa zehn Prozent mehr als im Vorjahr, ereigneten sich im vergangenen Jahr wie immer in Radolfzell. Auf der Höri folgen Gaienhofen mit 113 Straftaten (rund 20 Prozent mehr als 2022), Moos mit 73 (rund 28 Prozent mehr) und Öhningen mit 67 Straftaten (1,5 Prozent mehr).
Mehr sexuelle Belästigungen und Missbräuche
Besonders deutlich zugenommen haben im gesamten Revierbereich unter anderem sexuelle Belästigungen: 2022 waren drei Fälle registriert worden, 2023 waren es neun gewesen. Auch die Fälle sexuellen Missbrauchs sind mit einer Zunahme um 233 Prozent besonders stark gestiegen – hier gab es im vergangenen Jahr 20 Fälle, 14 mehr als im Vorjahr. Die Entwicklung zeichnet sich nicht nur im Zuständigkeitsbereich des Radolfzeller Reviers ab. Das Polizeipräsidium Konstanz vermeldet für seinen gesamten Zuständigkeitsbereich 59 Prozent mehr sexuelle Belästigungen und rund 8,7 Prozent mehr Fälle sexuellen Missbrauchs.
Woran das liegt, kann das Polizeipräsidium Konstanz auf Nachfrage nicht erklären, über die Gründe für den Anstieg könne lediglich spekuliert werden. Möglich sei, dass sich das Anzeigeverhalten in der Bevölkerung geändert habe und es nun mehr Anzeigen gebe, aber auch das sei lediglich Spekulation.
Und auch für eine starke Zunahme der Ladendiebstähle kann das Polizeipräsidium keine Gründe nennen. In Radolfzell und auf der Höri gab es 2023 ganze 190 Fälle in diesem Bereich, rund 107 Prozent mehr als im Vorjahr. Im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Konstanz waren es 3322 Fälle, das ist eine Steigerung um etwa 28 Prozent. Insgesamt sei im Präsidiumsbereich dadurch ein Schaden von rund 400.000 Euro entstanden.
Einbruchsserie geht weiter
Für einen weiteren deutlichen Anstieg kann der Radolfzeller Revierleiter Georg Lautenschläger dagegen einen genauen Grund nennen. 2023 wurden in seinem Revier 26 Wohnungseinbrüche gemeldet – etwa 44 Prozent mehr als im Vorjahr. Die meisten davon ereigneten sich in Radolfzell, auf der Höri wurden fünf in Öhningen und einer in Gaienhofen registriert.
Ursächlich für den starken Anstieg in der Stadt sei eine ganze Einbruchsserie, die schon 2022 ihren Anfang nahm und der damals schon zehn Fälle zugeordnet wurden. Immer wieder vermeldete die Polizei im Laufe des Jahres 2023 Einbrüche in Radolfzell und den Ortsteilen, aus mehreren Wohnhäusern wurden Wertgegenstände gestohlen. Aber auch in verschiedene Geschäfte stiegen im vergangenen Jahr Einbrecher ein.
Zum Teil sinken die Zahlen
In der Kriminalstatistik finden sich allerdings nicht nur Fallanstiege. Zum Teil wurden auch weniger Delikte vermeldet – auch wenn nicht alle Entwicklungen Grund zur Freude sind. Dass in Radolfzell und auf der Höri 2023 mit 81 Fällen rund 24 Prozent weniger Rauschgiftdelikte aufgeführt werden als im Vorjahr, liegt laut Georg Lautenschläger nämlich nicht unbedingt daran, dass es weniger Verstöße gab.
Denn schon früher hatte der Revierleiter erklärt, dass es sich bei Rauschgiftkriminalität um eine sogenannte Hohlkriminalität handelt – Fälle werden also dann erfasst, wenn die Polizei durch bestimmte Maßnahmen, etwa Kontrollen, auf sie aufmerksam wird. 2022 habe es jedoch eine personelle Umstrukturierung bei Rauschgiftermittlungen gegeben, weshalb im Zuständigkeitsbereich des Radolfzeller Polizeireviers weniger Kontrollen stattfinden. Wie sich die Cannabis-Legalisierung auf die zukünftigen Kriminalitätsstatistiken auswirken wird, müsse sich übrigens erst noch zeigen, so Lautenschläger.
Weniger Gewalttaten gegen Polizisten
Ebenfalls gesunken, und zwar um rund 21 Prozent, sind aber unter anderem auch die Fälle von Gewalttaten gegen Polizeibeamte. Zwar wurden im vergangenen Jahr immer noch 11 solche Fälle registriert, das liegt aber dennoch deutlich unter dem Fünf-Jahres-Schnitt von 16 Fällen. Und hier läuft das Polizeirevier Radolfzell gegen den Trend im gesamten Polizeipräsidium Konstanz: dort wurden nämlich 2023 mit 299 Fällen 31 Prozent mehr derartige Straftaten registriert als noch im Vorjahr.