Die Kur auf der Mettnau trägt seine Handschrift, auch noch drei Jahrzehnte nachdem Professor Adolf Drews sich als Chefarzt in den Ruhestand verabschiedet hatte. In der ersten Januarwoche ist Professor Drews im Alter von 97 Jahren gestorben. Von seinem Wohnsitz aus hatte er seine alten Wirkungsstätten – die Werner-Messmer-Klinik, die Kurparkklinik und die Hermann-Albrecht-Klinik etwas weiter draußen auf der Mettnau – im Blick.
Sein Sohn Stefan Drews, Mediziner wie der Vater, Chefarzt in der Mettnaukur wie der Vater, berichtet, dass es Bürgermeister Hermann Albrecht war, der den Kardiologen und Sportmediziner Adolf Drews 1965 überzeugt habe, als leitender Arzt die Mettnaukur aufzubauen: „Mein Vater wollte damals eigentlich habilitieren.“ Neben der inneren Medizin und der Kardiologie habe sich Adolf Drews früh mit sportmedizinischen Themen auch wissenschaftlich auseinandergesetzt.
Verzicht auf die Wissenschaft
„Unsere Familie stammt aus Pommern“, sagt Stefan Drews. Sein Vater habe in Greifswald studiert und in den fünfziger Jahren die Leichtathletiknationalmannschaft der DDR medizinisch betreut. 1957 ist Adolf Drews mit seiner Familie in den Westen gegangen, in Bochum arbeitete er als Oberarzt an den Berufsgenossenschaftlichen Krankenanstalten „Bergmannsheil“. Zusätzlich hatte Drews ab 1965 eine halbe Stelle am Institut für Sportmedizin in Münster, um sich zu habilitieren. Er betreute in Bochum die deutschen Meister im Marathon, Gustav Disse und Jürgen Wedeking, „mit ihm hatte mein Vater bis zuletzt Kontakt“. Auch die 400-Meter-Läufer Manfred Kinder und später Karl Honz aus Bankholzen zählten zu den Spitzensportlern, die sich Drews sportmedizinisch anvertrauten.
Andere Mediziner sahen Bewegung skeptisch
Trotz dieser Affinität zum Hochleistungssport entschied sich Drews, das Angebot von Bürgermeister Albrecht anzunehmen. In Radolfzell den Sport für vorbeugende und wiederherstellende Anwendungen bei Patienten einzusetzen, sei Neuland gewesen. „Dafür hat er seine Habilitation abgebrochen“, erinnert sich Stefan Drews. Ein Vorhaben, das mit Risiko behaftet war und auch von Medizinern kritisch gesehen wurde: „Herzpatienten mit Bewegung zu behandeln, ist damals kontrovers diskutiert worden“, sagt Stefan Drews. Heute sei das zur Selbstverständlichkeit geworden.
In Radolfzell entwickelte Adolf Drews unterschiedliche Belastungsstufen in der Therapie für Prävention und Rehabilitation. „Das Grundprinzip gilt bis heute“, sagt Stefan Drews. Dazu gehöre, dass jeder, der auf die Mettnau komme, zuerst ein Belastungs-EKG absolviere. Mit dem Bau der Herz-Kreislauf-Klinik, die heutige Werner-Messmer-Klinik, sei dort der Schwerpunkt auf die Betreuung der Herzpatienten gelegt worden.
Eine Auszeichnung für seine praktische und wissenschaftliche Arbeit „Sport als Therapie“ bekam Drews 1986. Wissenschaftsminister Helmut Engler überreichte Adolf Drews die Urkunde und den Ehrentitel Professor. Damit honorierte das Land die Pionierarbeit, die Professor Drews und sein Team geleistet hatten. Zu diesem Team gehörten Professor Ewald Lönne und der frühere Turn-Olympiasieger Willi Stadel, der als Sportlehrer auf der Mettnau wie kein anderer den Anspruch „Heilung durch Bewegung“ verkörperte.
Die Chemie stimmt
Die Chemie auf der Mettnau musste gestimmt haben. Bei einem Empfang zu seinem 20-jährigen Wirken in der Kur, zitierte Chefarzt Adolf Drews laut SÜDKURIER vom 3. August 1985 Sportlehrer Willi Stadel: „Wir werden hier zwar älter, aber nicht alt.“ Kurdirektoren während der Zeit von Adolf Drews waren Josef Rapp, Udo Haupt, Hermann Honsel und Heinz-Peter Schmal.

OB Günter Neurohr nannte bei der Verabschiedung von Professor Adolf Drews in den Ruhestand im Dezember 1991 ein paar Zahlen zur Kur. Bei dessen Eintritt 1965 seien auf der Mettnau 1900 Patienten und 55.000 Übernachtungen gezählt worden. Bei seiner Verabschiedung im Jahr 1991 waren es 5000 Patienten und 134.000 Übernachtungen. An dieser Steigerung habe „der Arzt und Mensch Drews“ einen großen Anteil. „Er hat es immer wieder verstanden, die Kurgäste zu begeistern.“
Der Sohn übernimmt
Auch das gehört zur Familiengeschichte: Stefan Drews hat 1992 den Chefarztposten von seinem Vater auf der Mettnau übernommen. Drews, der in Freiburg Medizin studiert hatte, absolvierte seine internistisch-kardiologische Ausbildung an der Universitätsklinik Bochum.
Da habe ihn Kurdirektor Heinz-Peter Schmal angesprochen und gefragt, ob er die Aufbauarbeit seines Vaters fortsetzen möchte. „Dann haben wir den Familienrat einberufen“, berichtet Stefan Drews. Er hätte die Mettnaukur „nicht im Sinn“ für seinen beruflichen Werdegang gehabt. Aber das Angebot reizte ihn: „Wie kann es weitergehen – internistisch, kardiologisch und sportwissenschaftlich?“ Stefan Drews hat sich die Antworten damals gegeben: „Ich wusste, was mich erwarten würde und habe das Potenzial für eine weitere Entwicklung gesehen.“
Jetzt geht Stefan Drews in den Ruhestand. Sein Vater Adolf Drews war 25 Jahre leitender Arzt in der Kur, Stefan Drews 30 Jahre. „Die Rahmenbedingen haben sich immer geändert und werden sich weiter ändern, Reha-Einrichtungen sind kein Selbstläufer“, sagt Stefan Drews. Auch auf der Mettnau nicht. Die Mediziner Drews haben daran mitgewirkt, dass die Reha-Einrichtungen der Stadt Radolfzell bei diesen Anforderungen beweglich geblieben sind.