Bauland ist ein knappes Gut in der Gemeinde Reichenau und bezahlbarer Wohnraum erst recht. Hier will die Gemeinde nun endlich in größerem Stil Abhilfe schaffen und aktiv werden. Auf dem Festland soll westlich des Lindenbühls, zwischen dem Zentrum für Psychiatrie (ZfP) und der Gemeindeverbindungsstraße, auf 6,08 Hektar ein Neubaugebiet entstehen.
Was und wie genau gebaut werden soll, muss aber noch geklärt werden. Hierfür hat der Gemeinderat nun beschlossen, den Bebauungsplan Lindenbühl-West aufzustellen. Bürgermeister Wolfgang Zoll betonte aber, dass 30 Prozent der neuen Häuser soziale Mietbauwohnungen seien sollen. Dafür sei eine mehrgeschossige Bebauung vorgesehen. Allerdings müsse noch ein geeigneter gemeinnütziger Bauträger gesucht werden. Weitere 30 Prozent der Bauflächen seien für ein sozial gefördertes Wohneigentum vorgesehen. „Es sollen verschiedene Bevölkerungskreise durchdrungen werden“, so Zoll.
Ein Zuhause für bis zu 500 Menschen
Auch wenn noch unklar ist, was gebaut werden kann, sollen grob geschätzt 400 bis 500 Personen in diesem Gebiet ein neues Zuhause finden, erklärten Zoll und Petra Eisenbarth, die Leiterin des Ortsbauamts, im Gemeinderat auf Nachfrage von Britta Sauer-Böhm (Freie Wähler).
Das wäre nicht nur für den Lindenbühl eine enorme Zunahme, sondern auch in der Gesamtgemeinde würde die Bevölkerungszahl um fast zehn Prozent anwachsen. Bis es soweit ist, wird es allerdings noch eine Weile dauern. Frühestens im Jahr 2022 kann dort gebaut werden. Und bis dahin muss die Gemeinde noch einige Fragen klären.
Spekulationen sind ausgeschlossen
Immerhin hat die Gemeinde mit dem Land als bisherigem Eigentümer des landwirtschaftlich genutzten und verpachteten Grundstücks einen Kaufvertrag schließen können. Dies erklärten Zoll und Walter Bialoncig vom Konstanzer Amt von Vermögen und Bau Baden-Württemberg im Gespräch mit dem SÜDKURIER. Zum Kaufpreis wollten sie sich nicht äußern. Zoll sagte: „Der Preis liegt deutlich über dem von Grünland.“ Dieser beträgt derzeit etwa drei Euro pro Quadratmeter.
Im Haushaltsentwurf der Gemeinde sind im Jahr 2020 für Grundstückserwerb 4,5 Millionen Euro vorgesehen. Wenn es dabei nur um das fragliche Gebiet geht, dann wären das circa 75 Euro pro Quadratmeter. Für Bauland wäre dies in der Region ein absoluter Schnäppchenpreis. Allerdings, so Zoll, seien vertraglich noch Nachzahlungen ans Land vereinbart, wenn endgültig feststehe, wie viel von den gut sechs Hektar Bauland wird. Doch er meint: „Es ist ein vertretbarer Preis.“ Und da die Gemeinde Eigentümerin sei, seien auch Grundstücksspekulationen ausgeschlossen.
Gemeinderat muss Finanzierung beschließen
Aber es gebe auch noch zwei Vorbehalte bei diesem Projekt, sagt Zoll. Zum einen müsse der Landtag dem Grundstücksverkauf noch zustimmen. Zum anderen müsse der Gemeinderat die Finanzierung im Haushalt 2020 beschließen.
Das sollte aber eigentlich kein Problem sein. Denn das Neubaugebiet westlich des Lindenbühls hatten sowohl der Bürgermeister vor seiner Wiederwahl vor zwei Jahren, als auch alle Parteien vor der diesjährigen Gemeinderatswahl im Programm. Und Bialoncig sowie Thomas Steier, der Konstanzer Amtsleiter von Vermögen und Bau, betonten, dass auch das Land den sozialen Wohnungsbau fördern wolle.
Vergabekriterien sind noch offen
Eine weitere offene Frage sind die Kriterien, nach denen das Bauland und die Wohnungen vergeben werden sollen, erklärten Zoll und Bialoncig. Die Gemeinde möchte gern bedürftigen Einwohnern eine Chance bieten, das Land auch Bediensteten wie etwa Mitarbeitern des ZfP. Zoll meinte, es müsse noch rechtlich geklärt werden, inwiefern bestimmte Bevölkerungsgruppen bevorzugt werden könnten.
Auf Gemeinde kommen Ausgaben zu
Ralf Blum (CDU) sagte zum geplanten Neubaugebiet: „Wir stehen dahinter und denken, dass wir einen großen Schritt vorankommen.“ Er hob hervor, dass dankenswerterweise der frühere Allensbacher Bürgermeister Helmut Kennerknecht die Gemeinde Reichenau in dieser Sache beraten habe. Armin Okle (FW) schloss sich an. Bauland sei für Normalverdiener nicht mehr bezahlbar. Sandra Graßl-Caluk (SPD) äußerte sich ebenfalls erfreut, dass bezahlbarer Wohnraum geschaffen werde. Wichtig sei jetzt eine gute Planung, auch der Ausbau der Infrastruktur müsse entsprechend bedacht werden.
Der Bürgermeister hatte hierzu bereits erklärt, dass natürlich auch Ausgaben auf die Gemeinde zukommen würden etwa für Erschließung und Straßenbau. Stefan Schmidt (FW) meinte: „Durch dieses Baugebiet wird die Schule in der Waldsiedlung erhalten bleiben.“ Gabriel Henkes (Freie Liste Natur) forderte mit Blick auf die anstehende Planung: „Wir müssen es mit guten Inhalten füllen.“