Ein Jahr der richtungsweisenden Entscheidungen dürfte 2025 für die Gemeinde Reichenau werden. Unter anderem steht die Bürgermeisterwahl an – voraussichtlich Ende Oktober/Anfang November. Amtsinhaber Wolfgang Zoll kündigt an, er werde beim Neujahrsempfang am 12. Januar erklären, ob er noch mal antritt. „Ich gehe mit mir selbst noch mal schwanger in den Weihnachtsferien.“
- Lindenbühl-West:Das Neubaugebiet war schon Thema des Bürgermeisterwahlkampfs vor acht Jahren. „Wir müssen es jetzt anpacken. Ich will ins Tun kommen“, so Wolfgang Zoll. Die bereits laufende Fortschreibung des Flächennutzungsplans soll als Voraussetzung im ersten Quartal abgeschlossen werden.
Zudem gehe es darum, in Ergänzung zur Verwaltung externe Projektverantwortliche zu finden. „Es braucht zusätzliche Manpower“, meint der Bürgermeister. Das habe die Erfahrung gezeigt. Zoll weiter: „Es ist eine schwierige Zeit. Im Moment wird wenig gebaut.“ Er gehe aber angesichts der Wohnungsnot davon aus, dass sich die Rahmenbedingungen von politischer Seite verbessern werden. - Verkehr: Die Burgstraße war im Jubiläumsjahr testweise Einbahnstraße. Ob das so bleiben soll, darüber will die Verwaltung im ersten Quartal mit Anwohnern sprechen. Darauf basierend entscheidet der Gemeinderat. Der rote Sonderbus zum Jubiläum sei zwar gut angenommen worden, von Juli bis September wurden 18.600 Fahrgäste gezählt.
Aber aus Kostengründung sei eine Fortführung kein Thema. Beibehalten werde aber der neue Rundkurs der Linie 204, der habe sich bewährt. In der Mittelzeller Straße soll das Parken weiter eingeschränkt werden durch eine Ausweitung der Parkverbotszone. Wie weit diese reicht, müsse aber noch entschieden werden. - Soziales: Die Kinderkrippe Lindenbühl leidet schon länger unter Personalmangel. Im Dezember fing eine neue Hilfskraft an, im Januar werden nun noch zwei neue Fachkräfte beginnen, so Hauptamtsleiter Mario Streib. Für die Flüchtlingsunterbringung hat der Landkreis mit dem Bau einer Gemeinschaftsunterkunft für maximal 94 Personen im Gewerbegebiet Tellerhof begonnen. Der Kreis plant die Fertigstellung laut Wolfgang Zoll im Mai. Er rechne aber eher im Sommer damit.
Im Rahmen des Friedhofskonzepts steht eine Neugestaltung in der Waldsiedlung an. In einem Bereich des Waldfriedhofs sollen Kies- zu Grünflächen werden, in einem anderen werden Baumgräber als neue Bestattungsform geschaffen. Die neue Grundsteuer ist ein großes Thema auf der Reichenau, so Zoll weiter. Die Verwaltung wolle im ersten Quartal mit den Behörden klären, wie ein vereinfachtes Gutachten für besonders betroffene Eigentümer aussehen soll. Zum Thema seien eine Info-Veranstaltung und Einzelgespräche geplant.
- Infrastruktur: Bei der Zufahrt zum Campingplatz Sandseele sollen Straße, Parkplätze und Kanal neu gemacht werden. Die Feuerwehr bekommt einen Waschplatz für ihre Fahrzeuge, vorausgesetzt, der Gemeinderat stimmt der Investition bei der Haushaltsberatung am 20. Januar zu. Für das Umfeld des Bahnhofs soll im Sommer endlich ein überarbeiteter Planentwurf vorliegen, hat das Regierungspräsidium mitgeteilt. Dann kann laut Zoll die Anhörung aller Beteiligter im Rahmen der Planfeststellung beginnen.
- Klimaschutz: Die Gemeinde will auf eigenen Gebäuden mit Photovoltaik vorankommen. Das sehe er wie der Gemeinderat, so Zoll. Das vor einigen Jahren mal geplante Solarkataster halte er nicht mehr für nötig, weil der Denkmalschutz bei der Umsetzung von PV liberaler geworden sei. Zum Thema Wärmeplanung sei in der zweiten Jahreshälfte eine Info-Veranstaltung für Bürger vorgesehen. Fürs Neubaugebiet Lindenbühl-West soll die Nutzung von Abwasserwärme untersucht werden.
- Kultur: Im Eigenbetrieb Kultur, Marketing, Tourismus übernimmt im Januar Carolin Deggelmann die Geschäftsleitung. Der langjährige Chef, Karl Wehrle, geht im April in den Ruhestand. Er wirkt aber noch mit bei der ab Herbst geplanten Neugestaltung der Bürgergeschichte im Museum. Die Umsetzung hängt von der Bewilligung eines 80-prozentigen Landeszuschusses ab, so Kulturreferentin Stefanie Schreiber.
- Welterbe-Jubiläum: Das Jubiläum „25 Jahre Welterbe“ könnte der Höhepunkt werden, wenn auch im kleineren Rahmen als bei 1300 Jahre Reichenau. Der Bürgermeister würde gern das Gemeinschaftsgefühl, das sich 2024 gezeigt hat, weiter stärken und dies als Teil des Welterbes im neuen Jubiläumsjahr herausstellen. Denn mit dem Welterbe-Titel werde die 1300-jährige Geschichte der Gemeinde gewürdigt. Geplant sind ein zentrales Wochenende am 31. Mai/1. Juni mit Festakt und Klostermarkt, ein Museumsfest am 18. Mai sowie das ganze Jahr über eine Vortragsreihe und spezielle Führungen zum Thema Welterbe.
„Ich hoffe, dass der Schwung, das große ehrenamtliche Engagement von 2024, ausstrahlt auf 2025“, so der Bürgermeister. „Im Jubiläumsjahr haben viele Leute Kontakte geknüpft. Ich hoffe, dass solche Kontakte fortleben. Es hat sich gezeigt, dass man als Gemeinschaft wirklich was bewegen kann. Wenn dieses Bewusstsein fortlebt, das wäre schon viel. Ich glaube, dass das Gemeinwohl oftmals aus dem Blick gerät in der großen Politik. Viele verstehen Demokratie so, dass eigene Interessen umgesetzt werden. Ich hoffe, dass die Gemeinwohlorientierung auch in größeren politischen Zusammenhängen mehr Bedeutung gewinnt.“