So viele Schäden an Bäumen durch Biber wie in den vergangenen Wochen hat Andreas Blum noch nicht erlebt. Und er ist immerhin seit mehr als 40 Jahren Pächter eines der Reichenauer Jagdreviere auf dem Festland. „Seit Weihnachten ist das richtig massiv“, berichtet Blum. Auf seinen Routen als Jagdpächter finde er immer öfter angefressene Bäume.
So etwa nahe des Kindlebildparkplatzes. Dort musste die Gemeinde eine stattliche Eiche und einen Weidenbaum fällen, weil die Gefahr bestanden habe, dass diese auf den Parkplatz stürzen, berichtet Blum. Andere Bäume sind ebenfalls angefressen, manche sind mit Drahtgittern vor Biberverbiss geschützt. Ein Stück weiter in der Nähe des Inseldamms habe er zudem eine große, angefressene Eiche entdeckt, so der Jagdpächter. „Da hab ich selber Draht drum gemacht.“
Einen recht großen Biberbau hat Andreas Blum an einem Wassergraben unterhalb der B33-Bahnbrücke bei der Waldsiedlung gefunden. Dort in der Nähe, östlich der Brücke, hätten zwei ältere Weiden wegen massivem Biberverbiss gefällt werden müssen, weil die Gefahr bestanden habe, dass die Bäume auf die Bahngleise stürzen. Und ein Stück weiter, südwestlich der Brücke, sei eine circa 20 Meter hohe Silberpappel so angefressen gewesen, dass diese ebenfalls gefällt werden musste. Wenn diese Pappel von selbst umgefallen wäre, hätte sie vermutlich die Hälfte der B33 versperrt, meint Blum.
Pächter: „Ich bin nicht scharf darauf, Biber zu jagen“
Seit rund zehn Jahren stelle er schon fest, dass es Biber auf Reichenauer Gemarkung gibt, erklärt Andreas Blum. Sein Jagdrevier reicht von der B33-Grünbrücke über das Kindlebild bis hinauf zum Wald zwischen Waldsiedlung und Hegne. Bisher sei es relativ ruhig gewesen. Offenbar würden sich die Tiere nun aber stark vermehren, meint er aufgrund der gehäuften Schäden. Es tue Bäumen nicht gut, wenn ein Drittel oder mehr der Rinde abgefressen sei.
„Es ärgert mich persönlich, dass man zusehen muss, wie alte Bäume einfach gefällt werden müssen.“ Dabei betont er: „Ich bin nicht scharf darauf, Biber zu jagen.“ Selbst wenn das erlaubt wäre, was es nicht ist, würde er das anderen überlassen. Aber, mein Blum: „Man sollte das irgendwie in den Griff kriegen.“ Bürgermeister Wolfgang Zoll bestätigt auf Nachfrage die Beobachtungen des Jagdpächters: „Insgesamt zeigt sich, dass das Bibervorkommen in Reichenau große Herausforderungen für die Gemeinde darstellt.“
Auf Reichenauer Gemarkung seien die Biberpopulationen auf dem Festland vor allem in den Bereichen Göldern und Kindlebild sowie im Gewann Schlafbach östlich von Markelfingen konzentriert. Auf der Insel seien es insbesondere in Oberzell die Bereiche Bruckgraben und Fährenhorn sowie das nördliche Seeufer.
Überwiegend seien gemeindeeigene Flurstücke betroffen, in einigen Fällen aber auch private Grundstücke. Um wichtige Infrastruktur wie Straßen und Bahnanlagen zu schützen, habe die Gemeinde schon verschiedene Maßnahmen ergriffen, berichtet Wolfgang Zoll. Dazu gehören der Einsatz von Schutzgittern an Bäumen und Bachläufen sowie auch Notfällungen von gefährdeten Bäumen.
Landratsamt bestätigt: Zahl der Biberreviere steigt
Biber seien bekannt dafür, dass sie vor allem Weiden anfressen oder fällen. Ihre Nahrung bestehe hauptsächlich aus der Rinde und weichen Ästen. Im Sommer würden sie gelegentlich auch landwirtschaftliche Erzeugnisse fressen, was zu Konflikten mit Landwirten führe. Als zuständige Stelle für das Management der Biberpopulationen verweist der Bürgermeister auf die Untere Naturschutzbehörde des Landratsamts.
Dessen Pressestelle bestätigt: „Die in den letzten Jahren stetig steigende Anzahl an bekannten Biberrevieren zeigt, dass die Zahl der Tiere im Landkreis – seit der Rückkehr des Bibers in den 1980er-Jahren – zunimmt.“ Eine genaue Zahl sei zwar nicht bekannt, aber im Landkreis Konstanz gebe es flächendeckend Biber.
„Nagespuren an Bäumen und durch Biber gefällte Bäume gibt es in mehreren Gemeinden – auch in Gemeinden, die nicht am Bodenseeufer liegen“, so die Pressestelle. Zudem gebe es Fälle, in denen Biber in kleineren Fließgewässern – ihren Bedürfnissen entsprechend – Dämme bauten, was zur Vernässung der angrenzenden Bereiche führe.
Auf die Frage, was dagegen getan wird, erklärt die Pressestelle: „Der Landkreis hat in den letzten Jahren ein Bibermanagement aufgebaut. Dazu gehört die Berufung von acht ehrenamtlichen, geschulten Biberberaterinnen und -beratern.“ Zum Bibermanagement gehöre auch die Schulung von kommunalen Bauhofmitarbeitern zum Umgang mit möglichen Konflikten durch Biber.