Wer wird künftig die Geschicke der Gemeinde Reichenau lenken? Das ist die spannende Frage in diesem Jahr, denn im Herbst steht die Bürgermeisterwahl an. Amtsinhaber Wolfgang Zoll hatte Anfang Januar erklärt, dass er nach 16 Jahren nicht mehr antreten werde.

Alle vier Fraktionen des Gemeinderats teilen auf Nachfrage des SÜDKURIER mit, dass sie auf der Suche nach geeigneten qualifizierten Kandidaten oder Kandidatinnen seien. Als wichtige Kriterien geben dabei alle neben Erfahrung in der Verwaltung auch Führungsstärke an.

Armin Okle, Fraktionschef der Freien Wähler, erklärt, man habe sich auch schon einmal fraktionsübergreifend zum Gedankenaustausch getroffen. Und dabei habe man vereinbart, dass jede Fraktion bei ihren Ansprechpartnern sondiere, ob aussichtsreiche Bewerberinnen oder Bewerber bekannt seien.

Der Reichenauer Bürgermeister Wolfgang Zoll hat seinen Abschied angekündigt; er tritt nicht wieder an.
Der Reichenauer Bürgermeister Wolfgang Zoll hat seinen Abschied angekündigt; er tritt nicht wieder an. | Bild: Gemeinde Reichenau

Was wünscht sich die CDU?

CDU-Fraktionschef Martin Wendt erklärt: „Uns sind aktuell noch keine Interessenten bekannt. Eine Interessensbekundung sieben Monate vor der Wahl wäre aber auch ungewöhnlich früh.“ Bei der Suche nach Geeigneten werden die CDU-Fraktion und der -Ortsverband vor allem auf Partei-Netzwerke zurückgreifen. „Wir haben uns mit den anderen Fraktionen ausgetauscht.“ Jede Fraktion wolle über die eigenen Kanäle auf die Suche gehen beziehungsweise für die Stelle und die Gemeinde werben.

Das Interesse der Bürger ist recht groß. „Wir werden regelmäßig auf die anstehende Wahl angesprochen“, so Wendt. Meist gehe es um den Zeitpunkt der Wahl und ob es schon erste Kandidierende gibt. Er oder sie sollte eine Ausbildung oder ein Studium mit Bezug zu Verwaltung, Politik, Recht oder Wirtschaft haben. Zudem Erfahrung in Verwaltung, Führung und in Gremienarbeit. Wichtig seien auch die Identifikation mit der Gemeinde, diplomatisches Geschick, soziale Kompetenz, Entscheidungsfreude, visionäres und strategisches Denken, Zielorientierung und Bürgernähe.

Martin Wendt meint: „Eine Interessensbekundung sieben Monate vor der Wahl wäre aber auch ungewöhnlich früh.“
Martin Wendt meint: „Eine Interessensbekundung sieben Monate vor der Wahl wäre aber auch ungewöhnlich früh.“ | Bild: Jana Mantel

Ebenso wirtschaftliches Denken und Handeln, Stärkung der Wirtschaftskraft, Energiemanagement und Klimaschutz, strategische Konzepte (zum Beispiel in den Bereichen Bauleitplanung, Verkehr und kommunale Wärmeplanung), Entwicklung Wohnbau- und Gewerbegebiete, Stärkung von Familien, Förderung von Tourismus, Welterbe, Tradition, Kultur und Vereinen, Personalmanagement, das Einholen von Fördergeldern und die Digitalisierung der Verwaltung.

Und was sagen die Freien Wähler?

Für die Freien Wähler erklärt Armin Okle: „Stand heute gibt es noch keine Kandidatinnen und Kandidaten. Wir haben Kontakt mit dem Kreisverband und dem Landesverband der Freien Wähler aufgenommen. Bisher gab es noch keine Rückmeldung. In diesem Zeitraum haben wir das aber auch nicht erwartet.“ Die FW wünschen sich, dass sich mehrere gut geeignete Kandidaten finden lassen, um den Einwohnern eine gute Wahlmöglichkeit zu bieten.

Armin Okle sagt: „Stand heute gibt es noch keine Kandidatinnen und Kandidaten.“
Armin Okle sagt: „Stand heute gibt es noch keine Kandidatinnen und Kandidaten.“ | Bild: FW

Zum Thema „gut geeignet“ erklärt Okle: „Von einer künftigen Bürgermeisterin oder einem Bürgermeister erwarten wir, dass er oder sie sich mit der Gemeinde, den Besonderheiten und den Bewohnerinnen und Bewohnern identifiziert.“ Er oder sie sollte dies auch in allen Belangen und allen Gremien wie Gemeinderat und Kreistag gut repräsentieren durch ein sicheres Auftreten, Redegewandtheit, Diskursbereitschaft und bestmögliche Vorbereitungen.

Zudem betonen die FW, ein Bürgermeister sollte sich als Vorgesetzter eines umfangreichen Mitarbeiterstabs durch Führungsstärke, Einfühlungsvermögen, Durchsetzungskraft, Interesse und Wissen auszeichnen. „Verwaltungserfahrung und Mitarbeiterführung sind in diesem Zusammenhang von großer Bedeutung“, so Okle. „Visionen, Kreativität und Umsetzungsbeharrlichkeit – gerade in Zeiten einer angespannten Haushaltslage – sind für uns wichtig.“

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Auch die Freie Liste Natur/Grünen haben Ideen

Gabriel Henkes (Freie Liste Natur/Grüne) erklärt: „Wir sind auf der Suche und nutzen dabei unser grünes Netzwerk.“ Man sei auch in Kontakt mit den anderen Fraktionen. Konkrete Namen habe man im Moment aber noch nicht. Darauf werde man natürlich auch von Bürgern angesprochen. „Wir gehen davon aus, dass es gemeinsamer Wunsch ist, jemand Qualifiziertes zu finden, unabhängig von parteipolitischen Orientierungen.“

Gabriel Henkes erklärt: „Wir sind auf der Suche und nutzen dabei unser grünes Netzwerk.“
Gabriel Henkes erklärt: „Wir sind auf der Suche und nutzen dabei unser grünes Netzwerk.“ | Bild: Manuela Salzinger

Zum möglichen Anforderungsprofil erklärt er, dass die Kandidatinnen oder Kandidaten möglichst Erfahrung aus einer Führungsposition in einer Kommunalverwaltung sowie in den zentralen Themen der Reichenau mitbringen sollten. Er oder sie sollten Antrieb und Motivationsfähigkeit für die anstehenden Modernisierungsprozesse haben sowie Offenheit, Gespür und Verständnis für die Belange der verschiedenen Gruppen und Interessen mitbringen. Es gehe um Erfahrungen und Kenntnisse in der Projektentwicklung (nicht nur beim Bauen), der Förderung des Gemeinwesens, womit nicht nur Kultur gemeint sei, und vor allem auch im Natur- und Klimaschutz.

Er oder sie sollte zudem den entsprechenden Hintergrund im Bereich Wirtschaft und Finanzen haben. Und das alles sollte auch überzeugend vertreten und herübergebracht werden. Auch die Grünen würden es begrüßen, wenn es mehrere gute Bewerber gäbe. „Als Gemeinderäte wollen wir mit unserer Suche den demokratischen Prozess unterstützen. Aber wir wollen keine Vorauswahl treffen.“

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Und was sagt die SPD-Fraktion dazu?

Auch die SPD sei auf der Suche, habe aber noch niemand Konkretes gefunden, erklärt Sandra Graßl-Caluk. „Wir haben bereits erste Gespräche geführt.“ Die SPD stimme sich ebenfalls mit den anderen Fraktionen ab, aber es sollte „nicht zwingend“ einen gemeinsamen Kandidaten geben. „Wir würden es begrüßen, wenn es mindestens zwei Bewerber gibt. Besonders erfreulich wäre es, wenn auch eine Frau unter den Kandidierenden wäre“, so Graßl-Caluk.

Sandra Graßl-Caluk verrät dem SÜDKURIER: „Wir haben bereits erste Gespräche geführt.“
Sandra Graßl-Caluk verrät dem SÜDKURIER: „Wir haben bereits erste Gespräche geführt.“ | Bild: Christian Baranowski

Sie formuliert für die SPD ein recht umfangreiches Anforderungsprofil. Er oder sie sollte Verwaltungserfahrung haben – idealerweise kommunal. Gewünscht wird Verständnis für Bau- und Planungsrecht, Erfahrung in der Fördermittelakquise, Kenntnisse in Tourismus- und Wirtschaftsförderung sowie in Digitalisierung und moderner Verwaltung. Er oder sie sollte Bürgernähe und Kommunikationsstärke haben, Entscheidungsfreude und Durchsetzungsvermögen, Integrität und Verantwortungsbewusstsein, Teamfähigkeit und Führungskompetenz.

Programmatisch wünsche sich die SPD jemanden, der sich für soziale Gerechtigkeit, bezahlbaren Wohnraum und eine Stärkung der sozialen Infrastruktur einsetzt, die Bürgerbeteiligung fördert und ebenso die nachhaltige Entwicklung, Kultur und Bildung, die lokale Wirtschaft und die Digitalisierung.