Es sind harte Vorwürfe, die Thorsten Otterbach nach seinem Rausschmiss aus der AfD erhebt. In einer Stellungnahme bezeichnet er das Ausschlussverfahren als Schauprozess. Und er berichtet von Fakten, die „Rechtsstaatlichkeit sowie die Umsetzung der innerparteilichen Demokratie nach Parteiengesetz des AfD-Landesvorstandes sowie des AfD-Landesschiedsgerichtes in Zweifel“ zögen und eine „Steilvorlage für den Verfassungsschutz“ seien.
Otterbach war von Sommer 2023 bis Sommer 2024 Sprecher des von ihm mitgegründeten AfD-Ortsverbandes Höri-Rielasingen-Worblingen, Parteimitglied war er seit Januar 2017. Die wenigsten Menschen dürften damit einverstanden sein, wenn sie aus ihrer Partei ausgeschlossen werden. Aber hier werden doch sehr schrille Töne angeschlagen, die auch Rückschlüsse auf den Zustand der AfD im Landkreis Konstanz zulassen.
Ein hochkarätig besetztes Ausschlussverfahren
Otterbach schildert den Termin zu seinem Parteiausschluss am 20. November in der AfD-Landesgeschäftsstelle in Stuttgart so: Bereits auf dem Weg zu dem Termin sei an der Eingangstür von Sicherheitskräften durchsucht worden. Der Kläger – der Landesvorstand der AfD – habe einen hochkarätigen Anwalt aus Berlin dabei gehabt. Und die Landesvorsitzenden Emil Sänze und Markus Frohnmaier sowie der stellvertretende Landesvorsitzende Marc Bernhard seien dabei gewesen. Dass die rechtlichen Vertreter vor Ort sind und durch Fachanwälte unterstützt werden, sei die Regel bei Schiedsgerichtsverfahren, schreibt Sänze dazu auf Anfrage.
Otterbach fährt fort, ihm sei parteischädigendes Verhalten vorgeworfen worden – und signalisiert, dass er das nicht nachvollziehen kann. Er habe nicht gemeinsam mit Michael Stauch für den Kreistag kandidieren wollen, der im Juni auf Listenplatz eins im Kreistagswahlkreis Konstanz für das Kreisparlament kandidierte und inzwischen dort Fraktionsvorsitzender ist. Zur Begründung verweist er auf Äußerungen, die dieser im Herbst 2023 per Video im Internet in Umlauf gebracht haben soll und die schon Karin Pütz und Janine Steiner dazu bewogen, aus der AfD-Kreistagsfraktion auszutreten.
Stauch hatte sich auf SÜDKURIER-Anfrage im Sommer weder zu diesen Inhalten bekannt noch sich davon distanziert. Derzeit läuft nach SÜDKURIER-Recherche die juristische Aufarbeitung.
Spätfolgen einer Kreistagsnominierung
Otterbach schildert nun, dass bei der Nominierungsversammlung für die Kreistagswahl im Juni kurzfristig das Wahlverfahren so geändert worden sei, dass Stauch Listenplatz eins für den Kreistagswahlkreis Konstanz bekommen würde. Eine kurzfristige Anfrage dazu, worin diese Änderung bestand, hat Steffen Jahnke, Kreissprecher der AfD, noch nicht beantwortet.
Diese Änderung habe er nicht mittragen wollen und die Aufstellungsversammlung verlassen, schildert Otterbach weiter. Dabei habe er Zustimmungserklärungen von 17 nicht anwesenden Bewerbern mitgenommen. Diese habe man nicht fragen können, ob sie unter diesen Umständen weiter zur Kandidatur bereit seien. Zwölf dieser Kandidaten hätten sein Vorgehen ausdrücklich unterstützt. Fünf von ihnen allerdings nicht, was dann das Ausschlussverfahren nach sich gezogen habe.
Der Landesvorstand hält sich bedeckt
Nähere Auskünfte zu dem Verfahren aus Sicht des AfD-Landesvorstands gibt Emil Sänze in seiner Stellungnahme nicht preis. Man kommentiere Schiedsgerichtsverfahren grundsätzlich nicht, bevor die Begründung des Landesschiedsgerichtes schriftlich vorliege, schreibt er. Der Landesvorstand vertrete aber die Ordnungsprinzipien der Landespartei. Schiedsgerichtsverfahren und Ordnungsmaßnahmen würden nur dann initiiert, wenn ein Verstoß dagegen beziehungsweise parteischädigendes Verhalten vorliege.
Otterbach bezweifelt im Gegensatz dazu, dass in der AfD im Kreis Konstanz alles mit rechten Dingen zugeht. Es habe eine ganze Reihe von Mitgliederversammlungen gegeben, zu denen nicht ordnungsgemäß eingeladen worden sei – ein Verstoß gegen die Satzung. Diese Kritik war schon rund um eine Kreismitgliederversammlung im Juni laut geworden, als ein tiefes Zerwürfnis im damaligen Kreisvorstand öffentlich wurde.
Dieses Zerwürfnis findet nun offenbar seine Fortsetzung. Aus der Pressemitteilung lässt sich herauslesen, dass nach Otterbachs Einschätzung der Kreisverband radikaler wird. Das passt auch zu einer anderen Beobachtung, von der er berichtet, nämlich dass es Ende November eine ganze Reihe von Ausschlussverfahren im Landesverband Baden-Württemberg gegeben habe: „Dabei wurden parteiinterne Kritiker, die nicht zu 100 Prozent auf Linie waren, ausgeschlossen.“