Meter für Meter wälzt sich der meterlange Transport voran. Die beiden Fahrer der Zug- und der Schubmaschinen sitzen angespannt hinter ihren Steuern. Immer wieder funken sie miteinander und geben Geschwindigkeit und Abstand durch: Es ist Präzisionsarbeit, wenn sich der Schwertransport mit dem neuen Trafo für das Umspannwerk in Beuren, der mehreren Tonnen schwer ist, durch den Hegau schiebt. Und diese Fuhre macht dem Namen Schwerlasttransport alle Ehre: Insgesamt 200 Tonnen aus Stahl und Kupfer wurden Dienstagabend, 5. August, vom Bahnhof in Welschingen nach Beuren transportiert.

Otto Kettmann ist Großprojektleiter bei der TransnetBW GmbH. Der Mann in der gelben Jacke, stets das Handy am Ohr, wirkt entspannt. Zu dieser Zeit befindet sich der tonnenschwere Trafo bereits zwischen zwei Tragschnabelwagen. „Wir sind vorbereitet und warten nur noch auf die Polizei, die uns die Strecke begleiten wird“, sagt er. Fast ein Jahr Planung steckt hinter diesem Schwertransport. „Im Vorfeld gibt es viel zu klären – etwa mit den Verkehrsbehörden, aber vor allem die Planung der Strecke“, sagt er.

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Aus diesem Grund habe man sich beispielsweise für einen Start in Welschingen am dortigen Bahnhof entschieden. „Zum einen brauchen wir einen günstig gelegenen Bahnhof, um den Trafo erst anzuliefern und dann auf den Schwertransport zu verladen“, so Kettmann. Zum anderen versuche man, die Straßenroute zu nehmen, die am wenigsten neuralgische, also kritische Punkte aufweise – um möglichen Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen. Ein Beispiel: Brücken. Die könnten laut Kettmann den tonnenschweren Koloss im wahrsten Sinne des Wortes zu Fall bringen.

Marc Löchner, Projektleiter im Umspannwerk in Beuren, und Otto Kettmann, Großprojektleiter von Transnet, am Welschinger Bahnhof.
Marc Löchner, Projektleiter im Umspannwerk in Beuren, und Otto Kettmann, Großprojektleiter von Transnet, am Welschinger Bahnhof. | Bild: Matthias Güntert

Am Welschinger Bahnhof haben sich zu dieser Zeit viele Schaulustige eingefunden. Gefühlt werden mehr als 100 Handys gezückt, um den Trafo-Koloss zu fotografieren. „Wahnsinn was hier los ist, wir hätten Würstchen verkaufen sollen“, scherzt Projektsprecherin Yvonne Wisotzki.

Der Koloss setzt sich in Bewegung

Kurz nach 23 Uhr wird es ernst: Der Schwertransport mit einer Länge von über zehn und einer Höhe von 4,6 Metern, ruckelt vom Bahnhof. Begleitet wird er von mehreren Begleitfahrzeugen und der Polizei. Um 1 Uhr wird er die Bahngleise in Ehingen überqueren. „Wir können den Bahnübergang erst nutzen, wenn der Zugverkehr eingestellt ist“, so Kettmann.

Der Schwertransport rollt los Video: Matthias Güntert

Von dort geht es über Aach und Volkertshausen nach Beuren. Um 6 Uhr soll er das Umspannwerk erreichen. Laut Kettmann könne der Transport 30 Kilometer pro Stunde fahren, mit dem Trafo geht es deutlich langsamer. „Mehr als Schrittgeschwindigkeit wird es nicht werden“, sagt er.

Der Schwertransport wurde von mehreren Begleitfahrzeugen auf dem Weg von Welschingen nach Beuren ins Umspannwerk begleitet.
Der Schwertransport wurde von mehreren Begleitfahrzeugen auf dem Weg von Welschingen nach Beuren ins Umspannwerk begleitet. | Bild: Meister Heuser / Konstanz

Und dann wäre da noch die Sache mit den neuralgischen Punkten – also jenen Stellen, an denen das ganze Geschick der Fahrer nötig ist, weil es dort knifflig werden kann. Zwei Stellen machen Kettmann leichte Bauchschmerzen. Zum einen ist es eben jener Bahnübergang in Ehingen. Zum anderen könnte es in Aach brenzlig werden. Um dem vorzubeugen, habe man in Aach einen sogenannten Fly-Over eingerichtet. Dahinter verbirgt sich eine temporäre Brücke über ein Bauwerk. „Wir haben in Aach die Brücke mit einer Panzerbrücke verstärkt“, schildert Projektsprecherin Yvonne Wisotzki auf Nachfrage.

Schwerstarbeit für den Schwertransport: Arbeiter bereiten die Brücke in Aach für den Transport vor.
Schwerstarbeit für den Schwertransport: Arbeiter bereiten die Brücke in Aach für den Transport vor. | Bild: Meister Heuser / Konstanz

Dafür wird der neue Trafo gebraucht

Im Rahmen des Projekts Hochrhein modernisiert TransnetBW das Umspannwerk Beuren und verbindet es mit der neuen geplanten 380-Kilovolt-Leitung von Herbertingen bis Waldshut-Tiengen. Laut Marc Löchner, Projektleiter für das Umspannwerk in Beuren, sei die Inbetriebnahme für das Jahr 2032 geplant. „Bis dahin wird das Umspannwerk Beuren weiterhin mit 220 Kilovolt betrieben. Einer der beiden bestehenden Transformatoren wird durch den 220-Bestandstransformator ersetzt, um die Stromversorgung in der Region sicherzustellen“, sagt er. Nach der Inbetriebnahme der neuen Leitung im Jahr 2032 würden dann zwei neue 380-kV-Transformatoren die alten 220-kV-Transformatoren ersetzen, sodass das Umspannwerk Beuren auf 380 Kilovolt umgestellt werden könne.

Eine ganze Nacht durch den Hegau

Immer wieder stehen entlang der Route des Schwertransporters schaulustige Hegauer. Auch noch tief in der Nacht verfolgen und fotografieren sie den Schwertransport. Darauf angesprochen, warum, lautet die Antwort immer gleich: „So etwas bekommt man nicht alle Tage zu sehen.“ Und in der Tat, laut Projektleiter Marc Löchner habe ein Trafo eine Lebensdauer von bis zu 70 Jahren.

Die Ausmaße des Schwertransportes von Oben.
Die Ausmaße des Schwertransportes von Oben. | Bild: Thomas Heim

Ganz so viel Zeit benötigt der Transport dann nicht. Laut Projektsprecherin Yvonne Wisotzki sei der Transport um 3.30 Uhr in Beuren beim Umspannwerk angekommen. „Ganze 2,5 Stunden früher als geplant. Es gab keine Komplikationen“, sagt sie. Bis der neue Trafo allerdings in Betrieb ist, wird es noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Laut Projektleiter Marc Löchner werde dies voraussichtlich im zweiten Quartal 2026 der Fall sein.