Guten Tag Herr Häusler, Sie sind verschnupft?
Ja, mein üblicher Heuschnupfen.
Zurzeit gibt es Schlimmeres. Wie sieht es mit Corona-Infektionen im Rathaus aus?
Es gibt Krankheitsausfälle, wobei nicht klar ist, ob eventuell Corona dahinter steckt. Wir gehen auf Nummer sicher und deshalb bleibt für 14 Tage zuhause, wer einen Schnupfen oder Ähnliches hat.
Gibt es nachgewiesene Covid-19-Infektionen bei der Rathaus-Mannschaft?
Wir haben einen Fall in einer Außenstelle. Die Kontaktpersonen befinden sich in häuslicher Quarantäne.
Wie sieht es insgesamt in Singen aus?
Verhältnismäßig gut. Am Mittwoch lag die Zahl der Menschen mit nachgewiesener Infektion bei sechs. Einer davon müsste inzwischen aus der häuslichen Quarantäne entlassen sein. Nach meinen Informationen handelt es sich dabei um die Person, bei der im Landkreis Konstanz erstmals eine Infektion festgestellt wurde.

Liegt das daran, dass sich die Menschen in Singen an die Vorgaben halten? Dem Augenschein nach sieht es jedenfalls so aus...
Es läuft wirklich gut. Zu Beginn, also am Donnerstag vergangener Woche, gab es ein paar Treffpunkte, an denen noch Gruppen von fünf, sechs Leute beieinander standen. Auch in ein paar Gaststätten gab es Bedarf an Informationen. Die Gäste haben dann ihr Glas ausgetrunken, haben bezahlt und sind gegangen. Ich war bei den Kontrollen mit dabei und das Ganze war problemlos. Am Tag darauf gab es dann die Verschärfungen und die Leute waren weitgehend verständnisvoll. Von großen Problemen kann aber keine Rede sein.
Woran liegt es Ihrer Einschätzung nach, dass die Menschen in Singen sich so auffallend diszipliniert verhalten? In Konstanz gab es offensichtlich größere Probleme.
Es könnte daran liegen, dass Konstanz mit ihren rund 17.000 Studentinnen und Studenten eine verhältnismäßig junge Stadt ist. Die Ausgehkultur und Gruppenbildungen sind anders als im Umland...
...dagegen ließe sich einwenden, dass Singen wegen seiner multikulturellen Struktur vor ganz besonderen kommunikativen Herausforderungen steht – dennoch hat der Info-Transfer offensichtlich funktioniert.
Das ist auch wieder richtig. Aber über das unterschiedliche Verhalten der Menschen kann man letztlich nur spekulieren.
Singen hat die Vorgaben zur Reduzierung der Virus-Verbreitung relativ frühzeitig umgesetzt. Fühlen Sie sich als der Markus Söder des Landkreises Konstanz?
Nein. Das ist alles in Absprache mit dem Landrat, dem Konstanzer OB Uli Burchardt und den Bürgermeistern der kleineren Gemeinden gelaufen. Wie haben aber als größere Kommunen eine Vorbildfunktion, deshalb haben wir das ein bisschen früher umgesetzt.
Lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt schon etwas Genaueres über die wirtschaftlichen Folgen des sozialen Shutdown sagen?
Für die privaten Busunternehmen ist die Situation schlimm, brutal betroffen sind auch die Gastronomie inklusive der Zulieferer und für den Einzelhandel handelt es sich um eine Katastrophe. Ein Bekleidungsgeschäft zum Beispiel sitzen jetzt auf der aktuellen Ware und kann nicht damit rechnen, sie irgendwann noch verkaufen zu können. Das Handwerk kommt vermutlich noch so über die Runden und bei der Industrie besteht immerhin die Hoffnung, dass die Einbußen später wieder reingeholt werden können.
Und wie sieht es für die Stadt Singen aus?
Wir spüren schon jetzt die Auswirkungen. Die Vorauszahlungen für die Gewerbesteuer fallen niedriger aus, uns fehlen die Einnahmen aus den Parkgebühren und die Stadtwerke sind zum Beispiel durch die drastischen Rückgänge beim Busticket-Verkauf betroffen.
Haben Sie schon eine ungefähre Vorstellung davon, was die Corona-Krise die Stadt insgesamt kosten wird?
Ich gehe von einer Größenordnung in Höhe von 15 Millionen Euro plus X aus. Das hängt alles natürlich auch davon ab, wie lange das öffentliche Leben derart eingeschränkt bleibt. Die Gebühren beispielsweise für die Jugendmusikschule werden wir im April nicht mehr einziehen, Gleiches gilt für die Kindertagesstätten. Wir können von den Bürgern kein Geld verlangen, wenn wir keine Leistung erbringen. Der richtig große Betrag ist aber bei der Gewerbesteuer zu erwarten.
Was bedeutet das konkret für die Stadt und ihre Investitionen?
Die Liquidität für dieses Jahr ist gesichert, dennoch gilt auf meine Veranlassung ab Montag eine Haushaltssperre. Das heißt, dass wir ab dann über jeden Einzelfall entscheiden müssen. Laufende Projekte wie die Gestaltung des Bahnhofsplatzes, der Hegau- oder August-Ruf-Straße sind davon aber nicht betroffen.
Wissen Sie etwas über die Arbeiten am Cano? Wird das Center wie geplant im November eröffnet?
Die Baustelle ist nach wie vor im Betrieb. Die Frage ist, ob genügend Material zur Verfügung steht. Ein Großteil des erforderlichen Stahls beispielsweise kommt aus Italien. Aber egal, ob es nun um städtische oder privatwirtschaftliche Projekte geht: Am Ende ist entscheidend, wie lang, breit und groß die Bremsspuren der Corana-Krise in der Wirtschaft sind. So war das auch bei der Finanzkrise 2010, als ich noch als Kämmerer für die Stadt tätig war.
Sie verfügen also über vergleichbare Krisen-Erfahrung?
Wenn man mal daran denkt, was die Stadt in den vergangenen zehn Jahren alles weggesteckt hat, dann ist es schon erstaunlich, was dennoch erreicht werden konnte. Die Finanzkrise hat uns rund 15 Millionen Euro gekostet und 2015/16 kam der Konkurs der Wohnbaugenossenschaft GVV, die uns voraussichtlich auch so 12 oder 13 Millionen Euro kosten wird. Und jetzt die Corona-Krise.
Herr Häusler, besten Dank für das Gespräch