Ende einer schweren Geburt: Gestern wurde im Singener Krankenhaus der vierte Kreißsaal vorgestellt, womit nach Darstellung von Landrat Frank Hämmerle die Voraussetzungen für die Versorgung von Gebärenden aus Singen und Radolfzell geschaffen wurden. Die Einrichtung eines weiteren Raums war notwendig geworden, weil die Geburtsstation in der ebenfalls zum Gesundheitsverbund des Landkreises Konstanz zählenden Klinik in Radolfzell wirtschaftlich nicht mehr tragbar erschien. Seit Herbst vergangenen Jahres war heftig über Sein oder Nichtsein der Station in der Nachbarstadt diskutiert worden, bis schließlich die in Radolfzell als Belegärzte tätigen Mediziner das Handtuch warfen.
In der Praxis bedeutet dies, dass die werdenden Mütter aus Radolfzell in andere Kliniken ausweichen müssen. Wolfram Lucke als zuständiger Facharzt am Singener Krankenhaus geht davon aus, dass etwa die Hälfte der rund 500 Frauen sich für Singen entscheiden werden, die andere Hälfte wird voraussichtlich die ärztliche Versorgung in Konstanz in Anspruch nehmen. Damit steigt die zu erwartende Fallzahl von Geburten am Singener Klinikum von derzeit 1300 auf schätzungsweise 1550.
Frank Hämmerle ebenso wie die Ärzte und das Pflegepersonal sehen in der neuen Struktur zugleich qualitative Verbesserungen. Wie der Landrat sagte, wurden in Radolfzell lediglich unproblematische Geburten betreut, weil es hier weder einen Kinderarzt beziehungsweise eine Kinderklinik, geschweige denn die Kompetenz der Neonatalogie (Frühgeburten) gibt. Mütter und Babys seien in Singen somit von einem weit umfassenderen Equipement umgeben als in Radolfzell. Zwar sei es bei den Geburten in Radolfzell nur höchst selten zu unerwarteten Vorkommnissen gekommen, dennoch würden im Notfall bis zu 30 Minuten bis zum Eintreffen eines Baby-Notarztes verstreichen. „Und sollte es auch nur fünf solche Gefährdungsfälle im Jahr geben“, so die Ansicht von Wolfram Lucke, „dann sind das im Prinzip fünf Fälle zu viel.“
Nach der teils scharf geführten Auseinandersetzung um die Neustrukturierung der Geburtsstationen stellt der Mediziner allerdings eine zunehmende Gelassenheit fest. Von den Frauen (und noch mehr deren Männern), die ihr Kind in Radolfzell auf die Welt bringen wollten und seit dem 24. April nach Singen ausweichen müssen, bekomme man viel Lob für die Betreuung.
Angebote fürs Personal
Den Hebammen der Geburtsstation in Radolfzell wurden nach Angaben von Landrat Frank Hämmerle alternative Beschäftigungsmöglichkeiten angeboten. Jeweils fünf werden künftig in Konstanz beziehungsweise Singen tätig sein, vier haben sich für eine berufliche Veränderung entschieden. Auch dem Pflegepersonal wurden Angebote gemacht – es würde dringend benötigt. Laut Wolfram Lucke ist man außerdem gegenüber dem bisher in Radolfzell praktizierten Modell der individuellen Betreuung von werdenden Müttern durch Hebammen offen. (tol)