Der Singener Bürgerverein Klar! (Kein Leben mit atomaren Risiken!) ist entsetzt über die Entscheidung für den Schweizer Endlagerstandort Nördlich Lägern. Er fordert in einer Pressemitteilung die deutschen Verantwortlichen auf, die Entscheidung der Nagra (Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle) zurückzuweisen, weil die Sicherheitsfrage noch im Raum stehe. Jetzt sei noch nicht der Zeitpunkt, um über Ausgleichszahlungen zu verhandeln, so Klar! Die vorliegende Standortwahl sei ein Schlag ins Gesicht aller Klar!-Mitglieder. Sie fragten sich, wozu sie noch mitarbeiteten.

Die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) hat entschieden, ein geologisches Tiefenlager im Gebiet ...
Die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) hat entschieden, ein geologisches Tiefenlager im Gebiet Nördlich Lägern im Stadeler Haberstal im Kanton Zürich und Aargau zu errichten – wenige Kilometer südlich der baden-württembergischen Gemeinde Hohentengen. Der Verein Klar! sieht Sicherheit des Standorts nicht ausreichend untersucht. | Bild: MICHAEL BUHOLZER

Bürgerverein will sichere Endlager

Thomas Weber, Vorstandsmitglied von Klar!, begleitet und beschäftigt sich aus wissenschaftlicher Sicht seit sechs Jahren mit der Endlager-Standortsuche in der Schweiz und auch in Deutschland. Klar! vertrete das Interesse der Bevölkerung, eine solche Anlage möglichst sicher zu gestalten, so Weber: „Der Sicherheitsgedanke steht für uns im Vordergrund.“ Diese Sicherheit sieht er beim Standort Nördlich Lägern nicht ausreichend geprüft. Seiner Meinung nach, sollten die deutschen Entscheidungsträger die Frage nach der Sicherheit weiterhin stellen und es sollte über die Ausgestaltung der Anlage geredet werden.

Thomas Weber, Vorstandsmitglied im Singener Bürgerverein „Kein Leben mit atomaren Risiken!“ (Klar!)
Thomas Weber, Vorstandsmitglied im Singener Bürgerverein „Kein Leben mit atomaren Risiken!“ (Klar!) | Bild: Verein Klar!

Bergbau in größeren Tiefen birgt höhere Risiken

Klar! habe große Sicherheitsbedenken, weil der Bergbau in größeren Tiefen immer problematischer werde. Das sei auch immer die offiziell erklärte Meinung der Nagra in der geologischen Standortsuche in der Schweiz gewesen, so der Verein.

Nun würden den direkt Betroffenen in der Schweiz und der Bundesrepublik der Standort präsentiert, der mit 600 bis 900 Metern am tiefsten unter der Erdoberfläche liege. Die Begründung werde um 180 Grad herumgedreht. Die Nagra behaupte nun, die Sicherheit wäre am besten, wenn möglichst tief gebaut würde.

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Argumente gegen Nördlich Lägern spielen keine Rolle mehr?

Die Bedenke der Nagra seien früher unter anderem so begründet worden: Je tiefer gebaut werde, umso mehr Druck entstehe für den Bergbau. Die Stollen müssten wegen Einsturzgefahr aufwändig abgestützt werden. Der dabei verwendete Stahl und Beton werde in den nächsten Hunderten oder spätestens Tausenden von Jahren korrodieren. Die dabei entstehende Gasbildung könne den Ton durchlöchern.

Die Nagra habe ihre Versuche im Forschungslabor Mont Terri in einer Tiefe von maximal 300 Metern durchgeführt, zu 600 bis 900 Metern Tiefe gebe es keine Untersuchungen. Arbeiten in solchen Tiefen seien hochgefährlich. Je tiefer der Stollenbau, desto mehr wasserführende Schichten würden verletzt und könnten unkontrolliert Verbindung zu Grundwasser finden. Der Rhein als Trinkwasserspeicher für etwa 20 Millionen Menschen liege direkt daneben.

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Politische Entscheidungsträger sollten Entscheidung zurückweisen

Die Nagra habe mit dieser Entscheidung ihren eigenen wissenschaftlichen Anspruch laut Klar! widerlegt. Ihre eigene Hauptanforderung, die langfristige Sicherheit eines Atommülllagers zu suchen, sei nicht erfüllt. Es sei nun nötig, dass die deutschen Verantwortlichen die Entscheidung zurückzuweisen und nicht, das Rahmenbewilligungsgesuch der Nagra abzuwarten. Damit werde das Verfahren fortgeführt und wertvolle Zeit gehe verloren. Erst danach sei der Zeitpunkt über Geld zu verhandeln und dass die Verhandlungen auf Augenhöhe erfolgten, sollte selbstverständlich sein, heißt es in der Stellungnahme von Klar!.

Verein gibt keine Entwarnung zum deutschen Endlagerstandort im Hegau

Der Bürgerverein Klar! sei ebenso wie viele andere von der Entscheidung für Nördlich Lägern überrascht worden, weil der Standort aus wissenschaftlicher Sicht aus dem Rennen schien, berichtet Weber. Klar! sei eher davon ausgegangen, dass es Zürich Nordost werde. Deshalb warnt Thomas Weber auch davor, sich im Hegau zu früh in Sicherheit zu wiegen, wenn es um ein mögliches deutsches Endlager in der Region geht.

Der Verein sei im regelmäßigen Austausch mit der BGE (Bundesgesellschaft für Endlagersuche) über die deutsche Endlager-Standortsuche. Der gemeinsame Tenor sei derzeit, dass der Hegau für die Methodenentwicklung herangezogen wurde. Aber eine Entscheidung über seine Eignung als Standort falle erst im Vergleich mit allen 90 Teilgebieten. Dass der Hegau nach bisherigem Kenntnisstand als weniger günstig eingestuft werde, sieht der Verein nicht als Indiz dafür, dass er als Endlagerstandort eher ungeeignet sei.

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