Wer sein Medikament in der Central-Apotheke in der Singener Innenstadt abholen möchte, hat derzeit schlechte Karten. Die Türen zum Gebäude sind verschlossen, die Lichter bleiben seit Tagen aus. In großer, roter Schrift steht auf einem Schild im Schaufenster: „Die Apotheke bleibt vorübergehend geschlossen.“ Immer wieder bleiben dort Kunden stehen, drehen dann aber unverrichteter Dinge wieder ab. Was ist los in der Central-Apotheke? Droht die Singener Innenstadt das nächste Traditionsunternehmen zu verlieren?

Johannes Danassis betreibt die Apotheke seit 1997. Zuvor hatte sein Vater das Unternehmen geleitet. „Die Apotheke unter der Leitung eines Danassis gibt es seit 54 Jahren hier in Singen“, sagt er. Aber jetzt steht fest, dass kein weiteres Jahr dazukommen wird. Denn die Apotheke bleibt geschlossen. „In den letzten Monaten ist es für uns immer schwieriger geworden, die wirtschaftlichen Anforderungen zu erfüllen“, schildert der Apotheker.

Apotheke geht in die Insolvenz

Das habe Danassis dazu bewogen, die Reißleine zu ziehen. „Die einzige Möglichkeit war es, Insolvenz anzumelden“, sagt er. Die finanzielle Abwärtsspirale habe sich seit etwa einem Jahr angedeutet, seine Apotheke habe immer weniger abgeworfen. „Wir haben es immer wieder gerade so geschafft, über den Grat zu springen. Aber jetzt ging es einfach nicht mehr“, so Danassis weiter.

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Seit Anfang Juli ist die Apotheke nun geschlossen. Für Johannes Danassis gibt es mehrere Gründe, die ihn zur Schließung getrieben hätten. Zum einen sei das die zunehmende Konkurrenz durch die Online-Apotheken. Dadurch fehlen nicht nur die Einnahmen durch Medikamente, sondern auch durch Zusatzverkäufe – etwa die Zahnpasta oder die Creme, die nicht verschreibungspflichtig seien. Denn es fehlen Kunden im Geschäft. Außerdem sei Umsatz nicht gleich Ertrag, von den Einnahmen bleibe nach Abzug aller Kosten zu wenig übrig.

In roter Schrift steht es im Schaufenster: Die Central-Apotheke in der Innenstadt bleibt vorerst geschlossen.
In roter Schrift steht es im Schaufenster: Die Central-Apotheke in der Innenstadt bleibt vorerst geschlossen. | Bild: Matthias Güntert

Zum anderen seien Personal- und Betriebskosten seit Jahren immer weiter gestiegen. 14 Mitarbeiter habe Danassis zu Höchstzeiten gehabt, am Ende waren es etwa acht. Dann kam die Corona-Pandemie und die Apotheken seien von der großen Politik in dieser Zeit völlig vergessen worden, behauptet Danassis. So habe es keinen Inflationsausgleich gegeben, zudem sei das Apotheker-Honorar seit 20 Jahren auf dem gleichen Niveau. „Apotheken haben in Deutschland einfach keine Lobby“, kritisiert Danassis.

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Allein in Baden-Württemberg hätten 2023 über 90 Apotheken geschlossen. „Und es werden immer mehr, die aufgeben“, sagt Danassis. Laut seiner Rechnung habe es in der Singener Innenstadt vor Jahren noch mehr als zehn Apotheken gehabt, aktuell seien es noch vier oder fünf.

Und wie geht es nun für Johannes Danassis und die Central-Apotheke weiter? Obwohl das Geschäft in der Zwischenzeit geschlossen ist, gibt es auch eine gute Neuigkeit. „Es ist mein größter Wunsch, dass die Apotheke unter neuer Leitung erhalten bleibt“, sagt Danassis. Und es deutet sich an, dass dieser Wunsch in Erfüllung gehen könnte. Aktuell laufen die Umbauarbeiten im Inneren. Danach solle das Geschäft im Januar wieder voll geöffnet haben. „Die Lage ist ideal, das ist fast eine 1A-Lage“, sagt er.

Apotheker mit Leib und Seele

Danassis selbst könne sich vorstellen, auch in Zukunft in der neuen Central-Apotheke zu arbeiten – nur eben nicht mehr als Geschäftsführer, sondern als Angestellter. Denn eines habe sich in der Zwischenzeit nicht verändert: Er liebe seinen Job. Und deswegen wolle der 62-Jährigen ihn auch noch eine Weile ausführen.