Der Brand der Scheffelhalle hat auch bei den Fraktionssprechern des Singener Gemeinderats tiefe Wunden gerissen. Erst kürzlich diskutierte der Verwaltungs- und Finanzausschuss des Gremiums eine umfangreiche Sanierung. Angesichts der in einem Gutachten geschätzten Kosten von etwa fünf Millionen Euro wurde das Thema nach einer teils hitzigen Debatte zunächst vertagt. „Das ist schockierend. Damit konnte niemand rechnen“, erklärt Eberhard Röhm, Fraktionssprecher von Bündnis 90 / Die Grünen im Singener Gemeinderat.

„Egal, wie umfangreich und zu welchen Kosten die Scheffelhalle hätte saniert werden sollen, wir wollten sie auf alle Fälle erhalten. Unsere Fraktion hat auch eine Ausweitung der Veranstaltungen vorgeschlagen, damit sich die Ausgaben besser tragen“, betont Röhm. „Wie es nun weitergeht, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht gesagt werden. Es bleiben auch die Ermittlungen abzuwarten, ob der Brand vorsätzlich gelegt wurde oder ob es eine andere Ursache gibt“, sagt Röhm. Er erinnert sich an viele kulturelle Veranstaltungen in der Scheffelhalle, wie der Auftritt des Kabarettisten Gerhard Polt. Er selbst habe dort auch viele Blutspende-Termine wahrgenommen, so Röhm.
Dank an Rettungskräfte
„Der Brand der Scheffelhalle ist für uns alle unfassbar“, sagt Kirsten Bröße, FDP-Sprecherin im Singener Gemeinderat. „Die Freiwillige Feuerwehr Singen und Rielasingen-Worblingen waren unverzüglich vor Ort und die Rettungsdienste des Arbeiter-Samariter-Bundes Singen sorgten für den Schutz der Einsatzkräfte. Wir sind erleichtert, dass Menschen nicht zu Schaden gekommen sind und danken den Rettungskräften für ihren Einsatz“, so Kirsten Brößke.

„Die Stadt erleidet einen Riesenverlust. Singen verliert ein zentrales Kulturdenkmal. Die Scheffelhalle war einzigartig“, betont sie. Der zeitliche Zusammenhang des Brandes zu den Diskussionen im Stadtrat über die Sanierung der Scheffelhalle werde bei den Menschen zum Thema. „Es wird Spekulationen, vielleicht sogar Verschwörungstheorien zu der Ursache des Brandes geben“, erklärt Kirsten Brößke.
„Wir, die FDP Fraktion des Stadtrates der Stadt Singen, verlangen daher die volle Aufklärung der Brandursache und fordern, alles transparent zu machen, was bei der Brandursachenforschung herauskommt.“ Für unzählige Menschen in der Stadt Singen sei die Scheffelhalle untrennbar mit der Fasnacht und dem Brauchtum verbunden. „Sie hatte Ausstrahlung und ihren ganz eigenen Charme. Singen hat heute Nacht ein Stück seiner Seele verloren“, beschreibt Kirsten Brößke.
„Ich bin sprachlos. Die Scheffelhalle wurde mitten aus dem Leben gerissen. Das ist schon fast vergleichbar mit dem plötzlichen Tod eines engen Verwandten oder Bekannten“, bekennt Dirk Oehle, Ratssprecher der Neuen Linie. Er sei im Singener Krankenhaus in direkter Nachbarschaft zur Scheffelhalle geboren.

„Durch den Besuch vieler Veranstaltungen, auch als Funktion des Zunftmeisters in Überlingen am Ried, ist mir die Scheffelhalle ans Herz gewachsen. Unzählige Freund- und Bekanntschaften haben sich dort weit über Singen hinaus gebildet“, so Oehle. „Meines Wissens hatte die Scheffelhalle keine natürlichen Feinde, wie das mitunter bei anderen Veranstaltungsorten infolge von Ruhestörungen der Fall ist“, betont Oehle. Nun liege die Halle in Schutt und Asche. Und es bleibe abzuwarten, wie die Versicherung greife und was die Stadt für einen möglichen Ersatz finanziell leisten könne. „Die Scheffelhalle hatte auch einen hohen Bedarf an Singener Veranstaltungen abgedeckt“, betont Oehle.
Lange für Erhalt gekämpft
Mit bewegter Stimme kommentiert SPD-Ratssprecherin Regina Brütsch, dass die Scheffelhalle dem Raub der Flammen zum Opfer gefallen ist. „Ich habe unzählige persönliche Erinnerungen zur Scheffelhalle. Deshalb war ich auch vor gut 20 Jahren Gründungsmitglied des Fördervereins. Damals entbrannten hitzige Diskussionen über einen möglichen Abriss in Zusammenhang mit dem Bau der Stadthalle und eines ins Auge gefassten Spaßbades“, erinnert sich Regina Brütsch. Das Prasseln des Feuers habe sie nachts bis in die Nordstadt gehört. „Die schlimmsten Befürchtungen sah ich dann leider bestätigt. Ich bin schockiert“, erklärt Regina Brütsch, nach Fassung ringend. Sie habe es als wichtiges Signal gewertet, dass sich der Gemeinderat mit einer Sanierung der Scheffelhalle befasst habe.

„Es lagen schon mehrere Gutachten vor. Als Förderverein haben wir immer wieder Arbeiten ausgeführt, um die Scheffelhalle in Schuss zu halten, damit dort Veranstaltungen stattfinden können“, sagt sie. „Ich bin froh, das beim Brand niemand zu Schaden kam und danke den vielen Rettungskräften. Das alles muss ich erst einmal setzen lassen. Mich persönlich würde es sehr beruhigen, wenn die Brandursache ein technischer Defekt wäre“, sagt Regina Brütsch.
„Das Feuer habe ich nachts gesehen. Dann bin ich hingeradelt. Der Anblick von der brennenden Scheffelhalle war extrem schockierend. Ich dachte nur: Das darf nicht wahr sein“, schildert Hubertus Both, Sprecher der Freien Wähler im Gemeinderat, seine Eindrücke. Erst vor etwa anderthalb Jahren musste er verkraften, dass unter anderem ein Schafstall auf der Hohentwiel-Domäne niedergebrannt war.

„Da ich mich bei der besonderen, naturnahen Konstruktion des Gebäudes selbst miteingebracht habe, wollte ich wochenlang die Brandruine nicht besichtigen. Ähnlich ergeht es mir nun bei der Scheffelhalle. Sie war für viele Singener ein Stück Heimat. Viele haben schöne persönliche Erlebnisse – sei es, weil sie dort einen Basar veranstaltet haben oder an Fasnacht gefeiert haben. Die Menschen brauchen Orientierungspunkte. Vor allem, wenn sie sich bei solchen an schöne Momente in jungen Jahren erinnern“, betont Both.
„Meine Tochter, die in der Nähe wohnt, hat mich nachts informiert. Sie dachte zuerst, dass das Kunstmuseum Mac brennt. In dieser Nacht haben wie ich viele Singener schlecht geschlafen“, berichtet Hans-Peter Stroppa, einer der dienstältesten Singener Gemeinderäte. „Ein großes Stück Singener Kultur ging in Flammen auf“, beschreibt der 58-Jährige.

„Das Gebäude war zwar in einem mitleidenswerten Zustand und das mit Abstand langjährigstes Singener Provisorium, die Singener haben aber die Scheffelhalle geliebt. Ich hoffe, dass sie in ähnlicher Form, vielleicht mit der erhaltenen Fassade als Mahnmal, wieder aufgebaut werden kann. Und zwar so, dass es sich die Stadt Singen leisten kann. Gerade für die vielen Vereine wäre eine solche Halle wichtig“, betont Stroppa.
„Ein Schaudern ging mir durch den Rücken, als ich die Brandruine vor Ort sah. Viele Beobachter schüttelten ungläubig den Kopf. Es herrschte auch großes Schweigen“, schildert Stroppa, der schon von Kind an mit der Narrenzunft Poppele verbunden war und in der Scheffelhalle mit viel Vorarbeit gut 40 Zunftbälle erlebt hatte.