Wie kann das sein? Erst vor wenigen Tagen hatte der städtische Finanzausschuss über Entwürfe zur Sanierung der Scheffelhalle diskutiert. Wegen der extrem hohen Kosten war das Projekt vorerst aufgeschoben worden. Nach dem intensiven Schlagabtausch im Internet über den Erhalt der Halle ist mehr als verwunderlich, dass das geschichtsträchtige Gebäude jetzt in Flammen aufgegangen ist.

In Singen ist nicht nur ein Stück Stadtgeschichte verbrannt, sondern auch viele persönliche Geschichten.
Explosion reißt die Anwohner aus dem Schlaf
Gegen 1.15 Uhr in der Nacht wurden die Anlieger durch laute Explosionen aus dem Schlaf gerissen. Kurz darauf schossen die Flammen schon aus dem Dach. Der Himmel färbte sich rot.

Ein glühender Funkenregen stieg in die Höhe und verteilte sich anschließend über die umliegenden Häuser und Gärten. Zum Glück ist es windstill. Zum Glück ist die Halle von der Aach und dem Kanal umgeben.
Häuser in der Nachbarschaft mussten nicht evakuiert werden
Innerhalb kürzester Zeit waren Polizei und Feuerwehr mit großem Aufgebot und Drehleiter vor Ort. Unterstützung kam von der Feuerwehr Rielasingen, die ebenfalls mit ihrer neuen Drehleiter im Einsatz war.
Die Polizei riegelte den Uferweg von Norden her ab. Die Polizei hinderte Schaulustige daran, sich dem Unglücksort zu nähern. Mit Verweis auf die Pressestelle des Polizeipräsidiums Konstanz wollten sich die Beamten vor Ort zu dem Geschehen nicht äußern.
Nur so viel: Es habe Überlegungen gegeben, die Häuser zu evakuieren. Das war dann allerdings nicht nötig. Wie hoch der Schaden für eine Autovermietung ist, die an der Halle 20 Autos geparkt hat, lässt sich aktuell bisher ebensowenig beantworten wie die Frage nach dem materiellen Gesamtschaden. Dieser dürfte aber mehrere Millionen Euro betragen.
Die Explosion war bis in die Nordstadt zu hören
Menschen aus der unteren Nordstadt und den umliegenden Straßen waren herbeigeeilt, um sich ein Bild von der Lage zu machen und nach der Ursache der Explosion zu forschen. Fassungslos mussten sie zusehen, wie sich die Flammen das Gebäude einverleibten.
Oberbürgermeister Bernd Häusler verfolgte die Löscharbeiten ab 1.30 Uhr. „Ich bin traurig“, sagte er. So wie ihm ging es auch vielen anderen, die mit der Halle eng verbunden sind. Sie hatten sich in der Nacht auf den Weg gemacht, um das Unglück zu verfolgen.
Laut Mitteilung der Feuerwehr liefen auch am Dienstag Morgen noch Nachlöscharbeiten, die Einsatzkräfte vor Ort waren aber deutlich reduziert und löschten die noch bestehenden Glutnester, aus denen sich auch immer wieder Flammen entwickelten. Im Laufe des Tages wird die Kriminalpolizei die Einsatzstelle übernehmen und Untersuchungen zur Brandursache beginnen.
Die Singener sind tief schockiert
Poppele-Zunftmeister Stephan Glunk beobachtete das Geschehen vom Stadtgarten aus mit Tränen in den Augen. „Wir haben unsere Heimat verloren“, sagte er.

Peter Adrian Gäng vom Förderverein Freunde der Scheffelhalle zeigte sich ebenfalls schockiert. Über viele Jahre haben die Mitglieder des Vereins Geld für die Sanierung und den Erhalt der Halle gesammelt. Selbst Polizeibeamte erinnerten sich, dass sie in der Halle schon mit ihren Kindern Fasnacht gefeiert hatten.
Erst vor einer Woche Entsetzen über hohe Sanierungskosten
Wer die SÜDKURIER-Berichterstattung der vergangenen Tage verfolgt hatte, mochte nicht an einen Zufall glauben. Die Zeitung hatte darüber berichtet, dass die Sanierung der Halle nach dem vorgelegten Architektenentwurf über 5 Millionen Euro kosten sollte. Oberbürgermeister Bernd Häusler hatte da von „erschütternden Zahlen“ gesprochen. Derzeit sei das Projekt nicht finanzierbar. Trotzdem stand ein Baubeschluss auf der Tagesordnung, der eine Finanzierung bis 2024 vorsieht.

2025 sollte das 100-jährige Jubiläum der Halle gefeiert werden
2025 wäre die Halle 100 Jahre alt geworden. Bis dahin sollte die Halle saniert sein. Bevor die Stadthalle eröffnet wurde, war die Scheffelhalle über Jahrzehnte die gute Stube der Stadt. Viele Vereine nutzten das Gebäude für Veranstaltungen. Für die Singener Fasnacht war die Halle unverzichtbar.