Wenn es ihn nicht schon geben würde, so müsste man ihn wohl erfinden: den Tag des offenen Handwerks in Singen. Denn der Lehrstellenmarkt ist leergefegt, der Fachkräftemangel ist schon seit Jahren ein Thema. Das weiß auch Berufsberater Thomas Bronnenhuber von der Agentur für Arbeit Konstanz/Ravensburg. „Anders als in anderen Regionen sucht das Handwerk hier im Landkreis Konstanz weiter Auszubildende“, sagt er beim Pressegespräch zum diesjährigen Tag des offenen Handwerks. 325 Ausbildungsplätze seien offen, 175 mögliche Bewerber in Beratung der Agentur für Arbeit. Der Tag des offenen Handwerks soll am Freitag, 26. April, in Singen einige Einblicke in die Werkstätten der Region zeigen.

Auf den persönlichen Kontakt kommt es an

Die Orientierung für die richtige Ausbildung und das riesige Informationsangebot stellen junge Menschen, aber auch ihre Eltern, immer wieder vor große Herausforderungen. Der Tag des offenen Handwerks soll für Schüler der siebten, achten und neunten Klasse der Förder-, Werkreal- und Realschulen sowie den Gymnasien ein praxisnaher Orientierungsbaustein sein.

Und dieser sei laut Anja Claßen, geschäftsführende Rektorin der Singener Schulen, besonders wichtig: „Die Realbegegnungen und das persönliche Einbeziehen unserer Schüler ist sehr wichtig. Viele von ihnen wirken reif, aber wir dürfen nicht vergessen, dass sie erst 13 oder 14 Jahre alt sind.“

Einblicke in die Logistik eröffnete beim Aktionstag 2022 Jessica Kobus (rechts) den Schülern der Zeppelin-Realschule beim Tag des ...
Einblicke in die Logistik eröffnete beim Aktionstag 2022 Jessica Kobus (rechts) den Schülern der Zeppelin-Realschule beim Tag des offenen Handwerks bei der Spedition Maier. | Bild: Susanne Gehrmann-Röhm

Deshalb gelte es Schwellen und Berührungsängste abzubauen, denn vieles spiele sich bei Kindern und Jugendlichen heute im digitalen Bereich ab. „Hier bekommen sie Erlebnisse geboten, welche sie sich in der Schulwelt nicht vorstellen können“, so Claßen weiter. Die Schüler sollen mutig sein, mit den Betrieben in Kontakt zu treten.

450 Schüler werden unterwegs sein

Den Tag des offenen Handwerks gibt es in Singen schon zum 16. Mal. Die Organisation liegt federführend in den Händen des Standortsmarketings Singen aktiv. Laut dessen Vorsitzenden Wilfried Trah hätten an diesem Tag rund 450 Schüler die Möglichkeit, in 38 Handwerksbetriebe reinzuschnuppern. 42 verschiedene Berufe sollen dabei vorgestellt werden. Das Ziel sei für ihn einfach, aber enorm wichtig: „Wir wollen junge Menschen für das Handwerk begeistern“, so Trah.

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Laut dem Singen aktiv-Chef gehöre das duale Ausbildungssystem zu den wichtigsten Standortvorteilen in Deutschland. Voraussetzung sei dafür unter anderem ein starkes Handwerk, das qualifizierte Ausbildungsplätze zur Verfügung stelle. „Singen zeigt hier eine seiner besonderen Stärken. 600 Handwerksbetriebe sind in der Hohentwiel-Stadt tätig“, so Trah. Rund 3500 Menschen seien in Handwerksbetrieben und produzierenden Unternehmen tätig. „Singen ist ein Ausbildungsstadt“, betont Trah.

Auch für Oberbürgermeister Bernd Häusler habe der Tag des offenen Handwerks eine lang gelebte Tradition. „Das Thema Fachkräftemangel ist überall präsent“, so Häusler. Dabei gebe es aktuell so viele Ausbildungsplätze wie noch nie. Er verwies darauf, dass die Stadt Singen viel für die Berufsorientierung tue, etwa mit den kürzlich stattgefundenen Job Days. Der Singener Rathauschef erinnere sich an den dortigen Start vor 24 Jahren. „Dort waren wir froh, dass wenigstens ein paar Betriebe daran teilgenommen haben“, so Häusler. Heute sei die Anzahl an teilnehmenden Betrieben aufgrund des Fachkräftemangels sehr stark angestiegen.

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Für Ingo Arnold, Sprecher der Handwerkerrunde in Singen, sei der Tag des offenen Handwerks, wie er in Singen stattfinde, einmalig. Für ihn sei es wichtig, dass Schüler durch die Veranstaltung ihre Hemmschwelle gegenüber ihren möglichen neuen Chefs verlieren. Dazu tragen vor allem Gespräch mit den aktuellen Azubis bei. „Am besten mündet das alles dann in einer Ausbildung“, so Arnold.

„Die Ausbildungsbetriebe sind wie ein uralter Stamm, aus welchem irgendwann die Azubis als Äste herauswachsen“, sagt Yves Graf, Geschäftsführer von Ziegler und Dietrich, dessen Firma ebenfalls am Tag des offenen Handwerks dabei sein wird. In seinem Betrieb würden mehrere Angestellte arbeiten, die die Firma bei Veranstaltungen aus den Vorjahren kennengelernt hätten.