Am Tag nach dem verheerenden Unwetter hat das große Aufräumen in Singen und dem Hegau begonnen. An vielen Stellen in der Singener Innenstadt sind die Schäden, die die sintflutartigen Regenfälle am Mittwochmorgen verursacht haben, noch zu sehen. Auch hinter der Feuerwehr liegen Einsätze, die die Feuerwehrleute an den Rand des Leistbaren gebracht haben.

Wie Kommandant Mario Dutzi am Donnerstagmorgen berichtet, kam es allein im Singener Stadtgebiet zu 130 Einsätzen in den vergangenen 24 Stunden. Allein am Mittwoch musste die Feuerwehr 120 Mal ausrücken. Zu Spitzenzeiten waren 200 Einsatzkräfte und 30 Fahrzeuge unterwegs. „Das war wirklich heftig, was da gestern alles heruntergekommen ist“, fasst Dutzi zusammen.

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Er spricht von 70 Litern pro Stunde, die am Mittwochmorgen vom Himmel prasselten. „Wir hatten Glück, dass Singen nicht an einem Steilhang liegt – abgesehen vom Hohentwiel“, so Dutzi. Er habe sich in der Feuerwehr umgehört, dort ist die Rede von einem ähnlichen Starkregenereignis aus dem Jahr 2016. „Aber so lokal, in so kurzer Zeit, das gab es noch nie“, sagt Dutzi.

Bahnstrecke zwischen Singen und Engen weiterhin gesperrt

Aufgrund der Regenmassen, die innerhalb kürzester Zeit über Singen und dem südlichen Hegau herunterkamen, musste die Bahn ihren Verkehr einstellen. Während die Züge von und in Richtung Konstanz wieder fahren, ist die Strecke zwischen Singen und Engen weiterhin gesperrt.

Die Bahnverbindung zwischen Singen und Engen ist nach dem Starkregen weiterhin gesperrt.
Die Bahnverbindung zwischen Singen und Engen ist nach dem Starkregen weiterhin gesperrt. | Bild: Kerle, Helene

„Auf einer Strecke von etwa 500 Metern sind die Gleise über- und unterspült“, gibt ein Bahnsprecher am Donnerstagmorgen auf Nachfrage zu verstehen. Die Aufräumarbeiten laufen und geplant sei, dass der Zugverkehr ab etwa 16 Uhr am Donnerstagnachmittag zumindest auf einem Gleis aufgenommen werden soll.

Wie lange es dauert, bis auch das zweite Gleis wieder genutzt werden kann, sei derzeit noch gar nicht absehbar. „Wir sind gerade am Sondieren, was an den Gleisen gemacht werden muss“, so der Bahnsprecher. Die Sicherheit habe in Fällen wie diesem immer kompletten Vorrang. Weil Starkregen-Ereignisse wie das gestern immer generell zunähmen, kämen Schäden wie diese häufiger vor, so der Bahnsprecher.

Aktuell ist für die Verbindungen zwischen Singen und Engen ein Schienenersatzverkehr mit Bussen eingerichtet. Aber auch wenn die Züge am Nachmittag wieder fahren sollten, ist wegen des eingleisigen Verkehrs mit deutlichen Verspätungen zu rechnen, so die Information der Bahn.

Auch in Gottmadingen stand das Wasser am Mittwochmorgen hoch. An vielen Unterführungen im südlichen Hegau gab es kaum ein Durchkommen.
Auch in Gottmadingen stand das Wasser am Mittwochmorgen hoch. An vielen Unterführungen im südlichen Hegau gab es kaum ein Durchkommen. | Bild: Tesche, Sabine

Singener Wehr bekommt Hilfe aus Steißlingen und Radolfzell

Auf die Frage, ob sich die Stadt auf solche Ereignisse besser vorbereiten könne – vor allem mit Blick auf die gesperrten und überfluteten Unterführungen, gibt sich Kommandant Dutzi zurückhaltend. „Dort sind Pumpen angebracht, aber wenn die Kanäle voll sind oder verstopft, dann bringen die leistungsfähigsten Pumpen nichts“, schildert er. Die Feuerwehr sei mit allen technischen Geräten im Einsatz gewesen. Zudem habe sie Unterstützung von den Feuerwehren aus Steißlingen und Radolfzell erhalten. „Wir haben dadurch die Infrastruktur sehr schnell wieder herstellen können“, so Dutzi weiter.

Alle Elektrogeräte, die im Untergeschoss des Gasthaus Kreuz stehen, kann der Betreiber wegschmeißen.
Alle Elektrogeräte, die im Untergeschoss des Gasthaus Kreuz stehen, kann der Betreiber wegschmeißen. | Bild: Sebastian Kopitzki

Nasse Füße im Stadtbus Singen und teilüberschwemmte Kaufhäuser

Starkregen überschwemmte Singens Straßen, Geschäfte und sogar Stadtbusse – das zeigen Videos vom Unwetter-Mittwoch, die dem SÜDKURIER vorliegen. Das Einkaufszentrum Cano, das Kaufhaus Karstadt und das Busunternehmen Schmidbauer in Singen schildern nach dem Unwetter, wie es um die Aufräumarbeiten und Schäden steht.

Der Starkregen hatte für Chaos auf den Straßen gesorgt, auch der Linienverkehr kämpfte gegen Wassermassen an, wie ein Video zeigt. Busnutzer hielten die Füße hoch, als Wasser durch die Türen drang. Dieser Bus sei außer Betrieb genommen, auf Wasser im Tank und weitere Schäden inspiziert worden, sagt Marzena Debski, Stadtbus Geschäftsbereichsleitung Singen, am Donnerstag auf Nachfrage. Außer, dass der Bus ein Nummernschild verloren habe, seien keine weiteren Schäden bekannt. Auch alle weiteren Busse, die durch Wasser fuhren, seien inspiziert worden, schreibt Jörg Schmidbauer, Geschäftsführer vom Schmidbauer Busunternehmen Singen. Schäden gäbe es keine.

Starkregen überflutet Linienbus Video: Elisa Gorontzy

Damit außer Sachschäden an Bussen auch keine Personenschäden entstünden, stellte das Busunternehmen die Linien Vier, Fünf, Sechs und Sieben in Richtung Südstadt und zurück kurzzeitig ein, schreibt Schmidbauer. Busnutzer hätten größtes Verständnis gehabt, nicht gemeckert, sagt Marzena Debski, die am Morgen des Unwetters Wartende über Busausfälle informierte.

Die Busfahrer selbst hätten sich ruhig verhalten und die Anweisung befolgt, eine bessere Wetterlage am Busbahnhof abzuwarten. „Man möchte mit den Fahrgästen auch nicht in der Unterführung stehen bleiben“, sagt Debski. Da die Feuerwehr frühzeitig begonnen habe, Wassermassen abzupumpen und das Wetter aufhellte, habe der Busbetrieb ab circa 12 Uhr wieder normal laufen können, schreibt Schmidbauer.

Die Feuerwehr musste im Cano am Mittwoch gegen das Hochwasser kämpfen. Das Untergeschoss war zum Teil stark überflutet.
Die Feuerwehr musste im Cano am Mittwoch gegen das Hochwasser kämpfen. Das Untergeschoss war zum Teil stark überflutet. | Bild: Freißmann, Stephan

Fiel der Schaden beim Busunternehmen noch glimpflich aus, hatte das Einkaufszentrum Cano stärker mit Überschwemmung zu kämpfen. Wie Center Managerin Kitty Molnar jüngst dem SÜDKURIER schilderte, sei im Untergeschoss an einigen Stellen Wasser eingedrungen, etwa durch Abläufe in Küchen der Personalräume, oder Toiletten. Feuerwehr und Reinigungskräfte seien aktiv dabei gewesen, abzupumpen und Flächen zu säubern, meldete Molnar. Die ersten Aufräumarbeiten seien dann am Unwetter-Mittwoch gegen 17 Uhr beendet und das Untergeschoss für Kunden ab 18 Uhr wieder freigeben worden.

Das Wasser ist nun weg, der Schaden an Produkten und Einrichtung bleibt. Einige Geschäfte wie Tally Weijl, Thalia und Ravensburger könnten vorerst nicht weiter betreiben werden, so die Center Managerin. „Uns erreichen nach und nach Nachrichten von unseren Mietpartner, so dass wir noch dabei sind den Schaden vollumfänglich zu erfassen“, schreibt Molnar. Die komplette Sanierung in den betroffenen Geschäften werde noch eine Weile dauern.

Wie Videos in den sozialen Medien zeigen, blieb auch das Kaufhaus Karstadt in Singen nicht verschont. Massen an Regenwasser drang durch die Decke und prasselte auf die Ladenfläche herunter. Kistenweise wurde versucht, das Wasser aufzufangen. Über entstandene Schäden und Reparaturkosten gibt es trotz mehrfacher Nachfrage bei der Geschäftsführung von Karstadt keine Angaben. Mehrere SÜDKURIER-Nachfragen blieben unbeantwortet.

Färbe kämpft mit den Unwetterfolgen

Auch die Färbe in der Schlachthausstraße, ist nicht von den riesigen Wassermengen verschont geblieben. Bei einem Besuch des SÜDKURIER vor Ort wird das Ausmaß jedoch nochmals verdeutlicht. „Das müssten mindestens eine Millionen Liter Wasser gewesen sein, wenn nicht sogar mehr“, rechnet Elmar Kühling, stellvertretender Leiter der Färbe, anhand der Pumpenleistungen vor. Bei einer zwischenzeitlichen Wasserhöhe von 30 bis 40 Zentimetern in den Gasträumen, seien auch Schäden in den Getränkekühlern, Böden und in den Heizungen wohl kaum auszuschließen, erklärt er.

Elmar Kühling ist auch am Donnerstagmittag dabei, die Unwetterschäden in der Färbe zu beseitigen.
Elmar Kühling ist auch am Donnerstagmittag dabei, die Unwetterschäden in der Färbe zu beseitigen. | Bild: Maximilian Terwiel

Da innerhalb kürzester Zeit viele Helfer vor Ort gewesen seien, habe man schon viel aufräumen und säubern können, sagt Cornelia Hentschel, Leiterin der Färbe. In der Färbe versuche man aktuell schleunigst wieder in den normalen Theaterbetrieb zu kommen. „Dafür müssen aber zunächst die ganzen Geräte und Technik geprüft werden, auch die Gastronomie muss schauen, was aktuell möglich ist“, sagt Kühling. Wenn die Technik soweit funktionsfähig sei, könne er sich allerdings vorstellen, in den nächsten Tagen bereits wieder auf der Außenbühne zu spielen.

Alle Elektrogeräte im Keller sind kaputt

In den betroffenen Gemeinden hat das Aufräumen und die Begutachtung des Schadens begonnen. Auch Sebastian Kopitzki, Betreiber des Gasthauses Kreuz, ist vom Hochwasser betroffen und dabei, den Schaden aufzunehmen. Er sei am Mittwochmorgen vom Gebäudemanagement der Stadt informiert worden, dass es einen Wassereinbruch gegeben durch ein Kellerfenster habe. Das Kreuz gehört der Stadt, die das Gasthaus an Kopitzki verpachtet hat.

Im ganzen Keller stand das Wasser rund 45 Zentimeter tief, die Toiletten Untergeschoss könnten nicht mehr genutzt werden. Auch sämtliche Elektrogeräte, die im Keller standen, wie der Tiefkühler könne er wegschmeißen und es rieche überall nach Kloake. Ohne Toilette könne er das Gasthaus nicht betreiben. „Das kann ich meinen Gästen nicht zumuten, ich musste alle Reservierungen stornieren“, sagte der Küchenmeister. Jetzt hofft er, dass den Schaden von der Versicherung schnell ersetzt bekommt.