Es ist ein Thema, das die Gemeinden derzeit landauf und landab beschäftigt: Ab dem Schuljahr 2026/27 wird in Baden-Württemberg zunächst für die ersten Klassen einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung an Grundschulen eingeführt. Für die Kommunen ist das eine Mammutaufgabe. Das zeigte sich auch im Bad Säckinger Gemeinderat, der das Thema am Montag behandelte. Kritik gab es an Bund und Land. Hier werde erneut etwas angeordnet, ohne es durchzufinanzieren. Das heißt, auf die Gemeinden als Schulträger kommen hier erhebliche Kosten zu. Aber auch auf die Eltern. Denn so viel steht im Moment fest: Das Ganze wird in Bad Säckingen keine Gratis-Nachmittagsbetreuung. CDU-Stadtrat Clemens Pfeiffer warf in der Diskussion schon mal eine Gebührenhöhe in die Runde: „Das wird nicht für 50 Euro im Monat zu haben sein, da reden wir von 600 bis 800.“
Damit war schon mal eine Marke gesetzt. Bürgermeister Alexander Guhl wollte diese konkrete Zahl auf unsere Anfrage so nicht bestätigen. Allerdings hält er Gebühren von einigen hundert Euro im Monat nicht für unrealistisch. Konkret sei darüber aber erst zu reden, wenn das Betreuungskonzept steht und die Stadt belastbare Zahlen habe. Dann gehe es auch um den Kostendeckungsgrad, also darum, wieviel von den Kosten an die Eltern weitergegeben werde. Im Moment sei zudem der tatsächliche Bedarf trotz Umfrage der Stadt bei den betroffenen Eltern noch unklar. Das betonte auch CDU-Fraktionssprecher Michael Maier. Umfragen seien das eine. Die verbindliche Anmeldung sei „der Tag der Wahrheit“.
Auf Elternwillen ändert der Gemeinderat seine Meinung
Was hat der Gemeinderat am Montag im Detail beschlossen? Das Landesschulgesetz bietet den Gemeinden zur Umsetzung der Ganztagsbetreuung mehrere Möglichkeiten. Die Kommunen können sich für die gebundene oder offene Ganztagsgrundschule entscheiden oder für die kommunale Nachmittagsbetreuung. Wichtigster Unterschied: Bei der Ganztagsgrundschule besteht Schulpflicht, diese Form ist für Eltern kostenfrei. Bei der kommunalen Betreuung ist die Teilnahme freiwillig, aber kostenpflichtig.
Der Bad Säckinger Gemeinderat ist am Montag vom früheren Beschluss im März für die offene Ganztagsgrundschule abgerückt und auf die kommunale Nachmittagsbetreuung umgeschwenkt. Das Gremium folgte hierbei vor allem dem Eltern- und Lehrerwillen. Bedarfsumfragen und Elternpetitionen hatten in den vergangenen Wochen in diese Richtung gezeigt. Grund: Eltern und Lehrern war die schulpflichtige Ganztagsform zu starr, beide wünschten sich die Flexibilität der Nachmittagsbetreuung – trotz Kostenpflicht.
Skepsis trotz Einstimmigkeit
Ruth Cremer-Ricken, Fraktionssprecherin der Grünen, war froh über diese Entscheidung: „Diese Lösung entspricht dem, was sich Schulleiterinnen, Eltern und Lehrer vorgestellt haben.“ Sie biete den betroffenen mehr Wahlfreiheit.
Hingegen hatte die CDU die verpflichtende Ganztagsform mit regulärem Nachmittagsunterricht favorisiert, wie Clemens Pfeiffer sagte. Aber die Eltern wollten mehr Flexibilität, die CDU werde das respektieren, „jetzt haben wir halt eine Wünsch-Dir-was-Lösung“, so Pfeiffer.
Auch die SPD konnten der Lösung nur bedingt folgen. Fraktionssprecher Stephan Muster sah in der schulpflichtige Ganztagsgrundschule mehr Chancengleichheit als im kostenpflichtigen Modell. Aus diesem Grund forderte er eine sozialgestaffelte Gebühr für die Eltern.
Jetzt hängt es an der Stadt
Trotz der Einstimmigkeit des Beschlusses schwang bei CDU und SPD Skepsis gegenüber der kommunalen Nachmittagsbetreuung mit. Diese teilt auch Bürgermeister Guhl: „Bei einer schulpflichtigen Ganztagsform“, so der Bürgermeister, „hätte grundsätzlich das Land die Betreuung garantieren müssen.“ Jetzt hänge es an der Stadt. Zudem hätte die Ganztagsschule einen klaren Rahmen vorgegeben, was auch die CDU befürwortete. Nun soll es eine für Eltern kostenpflichtige Variante geben, die wiederum auch der SPD nicht so richtig schmeckt.
Konzept der Caritas soll belastbare Zahlen und Fakten bringen
Weitere Details muss nun Konzept und Ausschreibung erbringen, beschloss der Gemeinderat. Zunächst soll die Caritas, die den Kinderhort an der Anton-Leo-Schule betreibt, ein entsprechendes Konzept erarbeiten. Das soll dann Grundlage einer Ausschreibung sein, mit der ein externer Anbieter für die Betreuung gefunden wird. Die Verwaltung hatte dem Gemeinderat zunächst vorgeschlagen, dies direkt der Caritas zu übertragen, wogegen sich aber die CDU sträubte. CDU-Stadtrat Pfeiffer plädierte für eine Ausschreibung und damit für Kostenvergleich. Dem schloss sich die Mehrheit im Gemeinderat an. Auf Nachfrage unserer Zeitung geht Guhl bei dem beschlossenen Betreuungsmodell von Kosten für die Stadt in Höhe von 1,2 Millionen Euro aus.