Diesen Fall könnten bald Jurastudenten in ihren Examensprüfungen behandeln. Denn vor dem Radolfzeller Amtsgericht wurde ein interessanter Sachverhalt verhandelt, den man durchaus kontrovers diskutieren kann: Wann hört eine Spaßrangelei auf und wann fängt die Körperverletzung an? Einem 21 Jahre alten Mann aus Radolfzell wurde vorgeworfen, sich erst im Spaß mit seinem Freund nach der Schule gekabbelt, ihn dann aber mit einem Messer verletzt zu haben. Dafür wurde er vom Gericht verwarnt und für sechs Monate der Betreuung der Jugendhilfe unterstellt.
Messer immer zur Selbstverteidigung dabei
Der Angeklagte hatte den Vorfall wie folgt beschrieben: Es sei ein ganz normaler Tag nach der Schule gewesen. Eine Klassenkameradin hatte ihr Auto geholt und wollte den 21-Jährigen und dessen Kumpel zum Bahnhof bringen. Während die beiden jungen Männer gewartet hatten, entstand ein freundschaftliches Gerangel, wer im Auto vorne sitzen dürfe. Irgendwann hatte der Freund den Angeklagten im Würgegriff und ließ ihn nicht mehr los.
Dieser geriet laut eigener Aussage in Panik, da er vor einigen Jahren schon einmal körperlich angegriffen worden sei. Er habe ein Messer gezückt, welches er angeblich immer zur Selbstverteidigung bei sich trug, und stach auf seinen Freund ein. Er traf ihn am Bein und setzte ihm eine kleine Wunde am Oberschenkel zu. Ins Krankenhaus habe der Geschädigte nicht wollen, aber er habe vorne sitzen dürfen. Tags darauf sei er zum Arzt gegangen, das Nähen der Wunde war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr notwendig.
So unspektakulär der Vorgang war, so groß die Wellen, die er schlug. Denn die Schulleitung hatte Wind von dem Vorfall bekommen und den 21-Jährigen der Schule verwiesen – zum einen wegen der Verletzung, zum anderen, weil er ein Messer auf dem Schulgelände dabei hatte. Für den jungen Mann, der kurz vor der mittleren Reife stand, ein Schock. Zumal ihn sein Kumpel, den er verletzt hatte, nicht angezeigt hatte. Dieser habe auch bei seiner Aussage vor der Polizei betont, er wolle nicht, dass dieser Ärger bekommt.
Kein Spaß beim Einsatz von Messern
Die Staatsanwältin sprach dem jungen Mann noch einmal ins Gewissen: „Bei einem Einsatz eines Messers verstehen wir keinen Spaß“, mahnte sie. Nur sein unauffälliges Führungszeugnis und die Umstände hätten dafür gesorgt, dass der Fall vor dem Amtsgericht und nicht vor dem Jugendschöffengericht gelandet sei. Dort hätte ihm eine mehrjährige Haftstrafe für eine gefährliche Körperverletzung mit einem Messer gedroht.
Richterin Julia Elsner versuchte, dem 21-Jährigen die Tragweite eines Messers zu verdeutlichen: „Eine falsche Bewegung und Sie hätten Ihren Freund schwer verletzen können“, so die Richterin.
Sie gab auch Tipps, wie man sich alternativ verhalten könne, wenn man eine Spaßrauferei beenden wolle, weil es einem zu viel wird: „Sie hätten ihm mit dem Ellbogen stoßen können oder ihm fest auf den Fuß treten, alles ist besser als mit dem Messer zuzustechen“. Es sei nämlich schwer zu sagen, was für Regeln so ein Spaßkampf unter Freunden habe, wann einer der beiden wirklich aufhören wolle oder wann es wieder nur Spaß sei. „Das könnte ein Thema sein, das vielleicht Jurastudenten mal intensiv behandeln können“, schlug Elsner vor.