Diee Tage der Scheffelhalle sind gezählt. 55 Tage sind es noch bis Jahresende, dann soll die Ruine abgebrochen sein. Dafür sind Ernst Trapp und sein Team seit Wochenbeginn auf der Baustelle. Sehen kann man das von außen nicht, der Bauzaun schirmt die Arbeiten ab. Das habe Sicherheitsgründe, wie Christian Kezic als Leiter des städtischen Gebäudemanagements erklärt. Baustellen seien immer gefährlich und diese besonders: Nicht nur, dass restliche Balken jederzeit brechen und Mauern umkippen könnten. Dazu kommen Asbestfasern, die krebserregend sein können.
„Ohne den Brand hätten wir die astbesthaltigen Dachplatten einfach entfernen und entsorgen können“, erklärt Kezic. Doch nun müssen die Fasern händisch eingesammelt werden, bevor der Schutt beseitigt werden kann.

Dafür sind Trapp und sein siebenköpfiges Team vor Ort – und erinnern an einen Katastrophenfilm, wenn sie in ihren grünen Schutzanzügen an verschmorten Scheinwerfern vorbei stapfen. Dass es an diesem Tag regnet, macht ihnen nichts aus. Auf der Baustelle muss es ohnehin ständig feucht sein, damit kein Staub entsteht.

Direkt nach dem Brand haben mehrere hundert Liter Bindemittel dafür gesorgt, dass sich Asbest-haltige Fasern nicht verteilen können. Das könne man sich wie eine Lackschicht vorstellen, welche die Oberfläche bedecke, erklärt Ernst Trapp. Doch sobald jemand die Ruine betritt, werde diese Schicht gebrochen. Deshalb tragen die Schadstoffsanierer auch einen Schutzanzug.

Dazu gehört eine Maske, die an Filmaufnahmen nach einem Chemie-Unfall erinnern könnte – damit die Fasern nicht in die Atemwege gelangen, wo sie gefährlich werden. Anwohner müssten sich aber keine Sorgen machen, versichert Kezic, denn Staub würde vermieden und Anwohner kämen mit dem Schadstoff nicht in Berührung.

Die Arbeit im Schutzanzug ist so anstrengend, dass das Team alle zwei Stunden eine Pause von 30 Minuten einlegen muss. Maskenpause. Umziehen. Dann geht es weiter. „Die Pause braucht man auch. Man schwitzt in dieser Ausrüstung wie Oskar“, sagt Trapp.
Wer mit Asbest arbeitet, muss vieles beachten
Der Schadstoffsanierer war schon direkt nach dem Brand gefragt. „Da hat es noch gedampft“, erinnert er sich. Ein Woche lang hätten sie die gesamte Umgebung abgesucht, um auch das kleinste bisschen Asbest zu finden.
Trapps Firma Tis mit Sitz in Aach befasst sich seit 1995 mit Industrie-Demontagen, da sei auch das Thema Schadstoffe aufgekommen. Seit 1998 dürfen sie auch Schadstoffe wie Asbest beseitigen.

Die Sicherheitsanforderungen sind hoch: Mitarbeiter würden jedes Jahr und zusätzlich auch pro Baustelle unterwiesen. Alle zwei Jahre gebe es eine arbeitsmedizinische Untersuchung, wo unter anderem die Lungenfunktion getestet werde. Diese Test seien jedoch bisher ohne Befund gewesen. Und das trotz vieler Schadstoff-Aufträge.
Asbest ist nicht ungewöhnlich – aber gefährlich und teuer
„Es gibt kaum ein Gebäude, wo kein Schadstoff drin ist“, sagt der Geschäftsführer. Christian Kezic bestätigt das: Asbest sei häufiger ein Thema, als man denke. „Die einzelne Faser sieht man nicht, aber das Produkt.“ Asbest wurde früher vielfältig verwendet – ob für Fliesenkleber oder Dachpappen. „Es gibt zahllose Schadstoffe, die später als Abfall ein Problem sind.“

Deshalb würde man vor Baumaßnahmen prüfen, welche Schadstoffe in einem Gebäude verbaut wurden. Schadstoffe machen einen Abbruch teurer: Christian Kezic rechnet mit Kosten von 350.000 Euro. Allein die Schadstoffbehandlung mache davon 100.000 bis 150.000 Euro aus, sagt Ernst Trapp.

Bei der Scheffelhalle war klar, dass Asbest ein Thema wird. „Das Problem ist die Mischung“, erklärt Christian Kezic mit Blick auf die Brandruine. Immerhin liege das Material im Prinzip obenauf, weil das Asbest im Dach verbaut war. So können die Schadstoffsanierer die Asbest-haltigen Teile einsammeln, die grau auf der Oberfläche der Ruine verteilt sind.
Bis Ende des Jahres soll die Ruine Geschichte sein
Das mache vom Gesamtvolumen des Schutts aber nur einen Bruchteil. Auch der Rest werde sortiert. Metall kommt in die Wiederverwertung, Holz in die Entsorgung. Beim normalen Abbruch wird am Schluss die Firma Zeiher aus Rielasingen unterstützen. „Wir sind hier schon ziemlich wetterabhängig“, sagt Trapp. Deshalb hofft er, dass das Gelände bis Ende des Jahres abgeräumt ist.
Eben wird das Gelände dann aber nicht sein, vermutet Kezic: „Eigentlich wollen wir ja möglichst rasch wieder bauen.“ Ein Jahr nach dem Brand soll der Gemeinderat bald in einem Grundsatzbeschluss über einen Wiederaufbau der Scheffelhalle sprechen. Dabei drängt die Zeit: Um den Neuanschaffungswert der Versicherung zu erhalten, muss das Geld laut Christian Kezic drei Jahre nach dem Brand verplant sein.
Wiederaufbau wird teurer – und es gelten andere Vorschriften als 1915
Schon jetzt sei aber klar, dass die Versicherungsgelder in Höhe von rund zwei Millionen Euro nicht für einen Wiederaufbau des einstigen Provisoriums ausreichen werden. Das liege unter anderem an den Bauvorschriften, die sich in den vergangenen hundert Jahren deutlich verändert haben: Eine 11,5 Zentimeter dicke Außenwand würde heute beispielsweise nicht mehr genehmigt.