Die Festungsruine Hohentwiel wurde im Mai 1800 – genau vor 220 Jahren – geschleift. Die Besatzung der Festung kapitulierte in den französischen Revolutionskriegen, wie Frank Thomas Lang von der Betreiberbehörde der staatlichen Schlösser und Gärten in baden-Württemberg (SSG) in einer Pressemitteilung erläutert. Die wenigen Württemberger hätten sich laut historischer Quellen nicht auf einen Kampf mit den überlegenen Truppen des französischen Generals Vandamme einlassen wollen. „Zerstört wurde die Festung aber erst im darauffolgenden Jahr“, so Lang.
Eine uneinnehmbare Festung
Alle heute sichtbaren Gebäudeteile des Hohentwiels stammen aus dem 16. bis 18. Jahrhundert. Im 17. Jahrhundert wurde der sogenannte Vorhof zur Unteren Festung ausgebaut. 1735 erfolgte der letzte Ausbau der unteren Festung. Die gewaltigen Zacken der sternförmigen Befestigungsanlage, die der Ingenieur Samuel von Herbort anlegte, sind heute noch an vielen Stellen zu sehen. Die Baumaßnahmen hatten sich zunächst gelohnt: Weder im Dreißigjährigen Krieg – fünf Belagerungen allein zwischen 1635 und 1644 – noch in den Kriegen Ludwigs XIV. von Frankreich konnte der Hohentwiel eingenommen werden. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts verlor die Festung zunehmend an militärischer Bedeutung.
Eine herausgehobene Lage
Der Hohentwiel war eine württembergische Exklave, also ein Besitz des Herzogtums Württemberg außerhalb der Landesgrenzen. Die uneinnehmbare Festung lag im österreichischen Herrschaftsgebiet. Die württembergischen Herzöge profitierten von der herausragenden geographischen Situation: „Der Hohentwiel ist ein isoliert stehender Vulkankegel mit steil abfallenden Hängen. Als im 18. Jahrhundert die militärische Bedeutung der uneinnehmbaren Festung allmählich zurückging, nutzte man den Hohentwiel vor allem als Gefängnis“, erläutert Lang.
Französischer Marschbefehl
Die Revolutionskriege sollten die Wende in der Geschichte der Festungsanlage bringen. Frankreich, das sich zur Vorherrschaft in Europa anschickte, führte über viele Jahre Kriege gegen mehrere gegnerische Mächte. 1799 wurden die Armeen wieder in Bewegung gesetzt. Den großen Gegnern Frankreichs – Russland, Österreich und Großbritannien – schloss sich auch das Herzogtum Württemberg an. Nach Kriegseintritt stieß der französische General Dominique Joseph Vandamme mit seinen Truppen in Richtung der österreichischen Gebiete vor.

Die Situation auf dem Hohentwiel
Eine verlässliche historische Quelle, allerdings entstanden fast 80 Jahre nach den Ereignissen, schildert laut Lang die Situation anschaulich. Auf dem Hohentwiel waren „106 Mann, großentheils Invaliden, die Geschütze waren 27 St., wovon aber nur zwei ganz brauchbar gewesen sein sollen“, zitiert er. Trotz der Übermacht von über 10.000 französischen Soldaten blieb man standhaft und stellte „im Fall eines Angriffs energische Gegenwehr in Aussicht“.
Rückzug der Österreicher
Anfang Mai 1800 hätten sich die Österreicher aus Singen zurückgezogen, nachdem die Franzosen den Rhein überquert hatten. Soldaten der Division Vandamme gelangten vor die Festung. Die geforderte Übergabe der Festung lehnten die Kommandanten des Hohentwiel zunächst ab und beriefen sich auf die Neutralität Württembergs. Ein in der Festung abgehaltener Kriegsrat sah jedoch, entgegen dem zuvor gefassten Kampfeswillen, dass „auf den größten Theil der Mannschaft kein Verlaß, der Widerstand unmöglich und eine ehrenvolle Kapitulation das Beste sei.“ Um ihnen diese zu erleichtern, gab Vandamme den Württembergern ein Versprechen. Er persönlich – so die historische Quelle– „verbürgt sich dafür mit seiner Ehre“, dass die Festung nach Kriegsende unversehrt wieder an Württemberg fiele.
Abzug der württembergischen Truppen
Schließlich sollen die Kommandanten um 23 Uhr im Singener Pfarrhaus die Kapitulation unterschrieben haben. Am nächsten Tag folgten der freie Abzug der Besatzung und die Plünderung der Festung durch die Franzosen. Im August 1800 wurde in Paris, wahrscheinlich persönlich durch Napoleon, trotz des gegenteiligen Versprechens Vandammes die Schleifung des Hohentwiels beschlossen. Geschleift wurde die Festung ab Oktober bis März 1801. Die Gebäude wurden geplündert und die Mauern gesprengt.

Was danach kam
Die Überreste der ehemaligen Festung wurden ein Teil der Ruinenromantik des 19. Jahrhunderts. Dabei rückte der Hohenwiel in den Fokus von Historikern und Schriftstellern: In den Jahren zwischen 1835 und 1857 erschienen mehrere Bücher über die Geschichte des Hohentwiel – darunter der Roman „Ekkehard“ von Joseph Viktor von Scheffel, der 1855 geschrieben wurde und die Festung berühmt machte. Als Folge davon entstanden die Festspiele am Hohentwiel, die den Roman als Bühnenstück zeigten. Normalerweise zieht der Hohentwiel viele Menschen an: Die weitläufigen Ruinen der riesigen Festung sind mehr als eindrucksvoll. Das Bergplateau bietet eine spektakuläre Aussicht und an klaren Tagen ein einzigartiges Alpenpanorama. Aktuell ist die Festungsruine Hohentwiel wie alle Monumente der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg und wie alle Kultureinrichtungen geschlossen.
Mehr Info im Internet unter: http://www.festungsruine-hohentwiel.de oder http://www.schloesser-und-gaerten.de