Die nächste Halle in Singen wird temporär zu einer Unterkunft für geflüchtete Menschen umfunktioniert. Nach der Kreissporthalle ist die Uhlandhalle – direkt neben der Hohentwiel-Gewerbeschule – ab sofort nicht mehr für den Vereins- und Schulsport nutzbar. Darüber informierte das Landratsamt Konstanz in einer entsprechenden Pressemitteilung.
Das Landratsamt begründet diesen Schritt damit, dass der Zustrom der ukrainischen Geflüchteten weiterhin zunehme. Deshalb müssten zusätzliche Plätze für die Notunterbringung geschaffen werden. Neben der Uhlandhalle in Singen wurden auch die Kreissporthalle Wessenberg in Konstanz sowie die Sporthalle am Berufsschulzentrum in Stockach für eine Unterbringung vorbereitet.
Laut Landratsamt erfolge die Belegung der Hallen voraussichtlich zeitnah noch im September. „Alle Unterkünfte sind für 180 Personen ausgelegt“, heißt es dazu in einer Mitteilung. Der Umbau der Hallen hin zu einer Unterbringung für Geflüchtete hatte wie bei der Singener Kreissporthalle auch das Technische Hilfswerk (THW) übernommen.
Schulsport ab jetzt nur noch draußen möglich
Nicht nur Singener Vereine, wie etwa der Judo-Club, sind von dem Wegfall der Uhlandhalle als Trainingsort betroffen. Auch die umliegenden Schulen stehen nun vor größeren Herausforderungen. „Wir stehen nach den Sommerferien mit Blick auf den Sportunterricht vor dem Nichts“, sagt Schulleiter Stefan Fehrenbach von der Hohentwiel-Gewerbeschule (HGS) Singen.
Wie es nun für seine Schüler weitergehen soll? „Wir können derzeit nur Open-Air-Sport anbieten“, so Fehrenbach. Dies sei im Spätsommer zwar möglich, dafür habe er Trainingsfenster am Ziegeleisportplatz und im Münchriedstadion erhalten. „Aber irgendwann kommt der Winter“, sagt Fehrenbach.

Zwar sei aus Rielasingen-Worblingen Hilfe angeboten worden, denn auch dort seien ein paar Zeitfenster in der Talwiesenhalle frei. Aber auch diese Lösung sei alles andere als ideal. Denn Fehrenbach rechnet vor: Von einer ursprünglichen Doppel-Sportstunde mit 90 Minuten blieben am Ende nur 45 bis 50 Minuten übrig. Die restliche Zeit sei für den Transfer und für das Umziehen nötig.

Und die Kosten für diese Lösung seien hoch. Fehrenbach rechne mit einem fünfstelligen Betrag pro Monat alleine für den Transfer. Der letzte Ausweg: „Wie 2015 werden wir auch bei den gewerblichen Anbietern im Bereich Fitnessstudios anfragen und den Sportunterricht dorthin auslagern. Der Landkreis hat auch schon eine entsprechende Kostenübernahme zugesagt.“ Allerdings könne man in Fitnesscentern nur bedingt den geforderten Schulsport abdecken.
Und dann ist da noch die Sache mit der Chancengleichheit und der Hochschulberechtigung. „Wenn wir kein Sport als Unterrichtsfach anbieten können, können wir sportlichen Schüler, die vielleicht eine Fünf in Mathe haben, keinen Ausgleich für diese Note anbieten“, sagt Fehrenbach.
Ähnlich sieht es für Abgänger aus, die vielleicht durch eine fehlende Sportnote einen Numerus Clausus an einer Uni nicht erreichen können. Laut Fehrenbach könne er aktuell an der HGS nicht einmal ein zusätzliches Klassenzimmer erübrigen, um dort wenigsten Sport-Theorie zu unterrichten. „Wir müssen jetzt Lösungen präsentieren, für die wir noch nicht einmal umsetzbare Ideen haben“, so Fehrenbach.
Singener Hallen werden lange nicht nutzbar sein
Trotz der angespannten Lage will Schulleiter Stefan Fehrenbach den schwarzen Peter nicht dem Landratsamt zuschieben. Er wisse, dass man den Singener Schulen durch die Belegung der Hallen keinen auswischen wolle. „Der Druck ist dort massiv“, betont er. Als Hoffnungsschimmer sehe er das Aufstellen von Ultraleichtzelten, wie in der Flüchtlingswelle 2015. „Das ist sicher auch nicht ideal, aber diese Zelte bieten Platz für 400 Personen und könnten die Hallen wieder frei machen“, sagt Fehrenbach.
Angesprochen darauf, wie lange die Singener Sporthallen nicht für den Schul- und Vereinssport zur Verfügung stehen, gibt sich Fehrenbach indes wenig optimistisch: „Ich hatte dem SÜDKURIER bei der Belegung der Kreissporthalle etwas von einem halben Jahr gesagt: Das wird bei weitem nicht reichen.“ Vielmehr gehe er davon aus, dass die Hallen mehr als ein Jahr belegt sein werden.

Aktuell befinden sich laut Pressestelle aus dem Landratsamt 3069 ukrainische Geflüchtete (Stand Dienstag, 6. September) offiziell im Landkreis Konstanz. 1015 davon befinden sich in den Unterkünften des Landkreises. Von den vorhandenen Plätzen seien laut Landratsamt rund 1700 Plätze belegt. Der Landkreis rechne aktuell mit einem Zugang von circa 130 Geflüchteten pro Woche.
Deshalb müsse man auf weitere Hallen zurückgreifen. „Der Aufenthalt in den Notunterkünften ist lediglich als Übergangslösung gedacht, bis die Geflüchteten in den Gemeinden oder bei Privatpersonen unterkommen“, teilt das Landratsamt mit. Vor Ort würden die Geflüchteten von Mitarbeitern des Amtes für Migration und Integration sowie von Sozialarbeitern betreut.
Stadt Singen befindet sich am Limit
Bei der Stadt Singen selbst sehe man die Notwendigkeit zu diesem Schritt, gerade mit Blick auf die Unterbringung der geflüchteten Menschen aus der vom Krieg gebeutelten Ukraine. Allerdings könne man aktuell keine weiteren Hallen zur Verfügung stellen. Wie Stefan Mohr, persönlicher Referent von OB Bernd Häusler, auf Nachfrage betont, sei man in Singen an die räumlichen Grenzen gestoßen. „Wir befinden uns am Limit“, sagt er. Zwar seien Lösungen für alle Vereine gefunden worden, aber mehr sei laut Stadtverwaltung Singen nicht mehr drinnen.