Singen verändert sein Gesicht – und das schon seit vielen Jahren. Der abgeranzte Holzerbau am Bahnhof ist weg, an seiner Stelle steht das Einkaufszentrum Cano. Der alte Bahnhofsvorplatz ist Geschichte, an seiner Stelle steht nun der schicke neue Busbahnhof. Das Conti-Hochhaus ist ebenfalls dem Abrissbagger gewichen, derzeit parken an seiner Stelle Autos – ein Neubau ist auch dort vorgesehen. Die Baugenossenschaft Hegau hat ihre maroden Häuser an der Praxedisstraße durch ein schickes neues Gebäude ersetzt. An der Friedenslinde-Kreuzung ist das frühere Quartier der Schreinerei Holz hoch drei gegen einen modernen Bau mit vielen Wohnungen eingetauscht worden.

Blick in den Hinterhof der Teestube: Die Trennmauern zum Hof sind schon weg, die Gebäude selbst sollen demnächst weichen. Das Singener ...
Blick in den Hinterhof der Teestube: Die Trennmauern zum Hof sind schon weg, die Gebäude selbst sollen demnächst weichen. Das Singener Stadtbild ändert sich. | Bild: Freißmann, Stephan

Es tut sich was in der Singener Innenstadt, das kann man an dieser eindrucksvollen Baubilanz ablesen. Und an der Friedenslinde-Kreuzung geht es auch gleich weiter. Zwei von drei in die Jahre gekommene Wohnhäuser entlang der Schaffhauser Straße sind mittlerweile ebenfalls abgeräumt. Sie sollen durch das Schlossquartier ersetzt werden. Und auf dem Scheffelareal sollen ebenfalls bald die Bagger rollen und die Teestube einebnen. Denn auch dort sind Neubauten geplant. Ebenso wie am Ziegeleiweiher, wo das frühere Hotel Landerer ersetzt werden soll.

Das Abgenutzte verschwindet

Damit verschwindet Veraltetes und Unansehnliches, Abgenutztes und Unrentables. Die Bauprojekte sind dabei nur ein Symptom für den Strukturwandel der Stadt. Malocher alten Schlages, die in den Industriebetrieben ihre Schichten kloppen, gibt es immer weniger. In immer mehr Werkshallen haben computergesteuerte Maschinen Einzug gehalten. Singen wird von der klassischen Arbeiterstadt zur arbeitenden Stadt, so die offizielle Sprachregelung. Dabei wird Singen bürgerlicher – und zieht viele Menschen an, die sich die ruinösen Preise direkt am Bodensee nicht mehr leisten können oder wollen.

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Doch wie bei jedem Strukturwandel gibt es nicht nur Gewinner. Einfacher und einfachster Wohnraum verschwindet – und damit Wohnraum, der für Menschen mit kleinem und kleinstem Einkommen leistbar ist. Sollte man die alten Gebäude, das Abgenutzte und Veraltete, deswegen einfach stehen lassen? Singens Bürgermeisterin Ute Seifried sagt: Die Heizkosten seien inzwischen so hoch, dass sie auch für einfachen Wohnraum die Preise explodieren lassen. Da ist zweifellos was dran.

Menschen mit kleinem Geldbeutel hilft die ganze Entwicklung nicht weiter – so oder so. Doch auch sie brauchen einen Platz – und geförderten Wohnraum. Umsicht ist gefragt, wenn im Wandel niemand hinten runterfallen soll.