Singen ist eine kinderreiche Stadt. Das sollte eigentlich ein Grund zur Freude sein, stellt aber die Stadt vor große Herausforderungen, weil diese Kinder betreut werden müssen. Deshalb startet die Stadt jetzt einen neuen Versuch in Sachen Kita-Neubau. Der Sozialausschuss hat einstimmig den Grundsatzbeschluss über den Neubau eines Kindergartens mit drei Gruppen und Platz für 75 Kinder im Alter von drei Jahren bis zum Schuleintritt gefasst.
Die Verwaltung geht von Kosten in Höhe von rund 2,1 Millionen Euro aus. 500.000 Euro an Planungskosten sollen bereits in den Haushaltsplan dieses Jahres eingestellt werden. Ein möglicher Standort für den Neubau wäre ein städtisches Grundstück an der Radolfzeller Straße auf dem ehemaligen Kunstrasenplatz.
300 Kinder älter als drei Jahre stehen auf Warteliste
Die Nachfrage von Eltern nach Betreuungsplätzen, auf die sie einen Rechtsanspruch haben, ist groß. Aktuell stehen etwa 300 Kinder, die über drei Jahre alt sind (Ü3), auf der Warteliste, wie die Stadtverwaltung im Sozialausschuss darlegte. Gründe für die große Nachfrage sieht die Stadt in der wachsenden Bevölkerung von Singen durch verstärkten Wohnungsbau, aber auch durch Familienzusammenführungen von Flüchtlingen. Die Stadt habe in den vergangenen Jahren den Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz Ü3 erfüllen können, erlebe jetzt aber einen erheblichen Anstieg der Kinderzahlen.
Ein geplanter Neubau mit sechs Gruppen an der Bruderhofstraße in Verlängerung der Fichtestraße konnte aufgrund fehlender finanzieller Mittel nicht verwirklicht werden, so die Stadt. Zuschüsse aus einem Investitionsprogramm 2020/2021 des Bundes zur Kinderbetreuungsfinanzierung waren schon alle vergeben. Anträge zu diesem Programm seien daher nicht mehr entgegengenommen worden. Eine Neuauflage des Programms sei aber beabsichtigt.
Kita statt Kunstrasen – doch was ist mit der Sporthalle?
Als Standort für den nun empfohlenen Neubau hat die Stadt das städtische Grundstück auf dem ehemaligen Kunstrasenplatz an der Radolfzeller Straße näher geprüft. Wenn dort eine Kita-Neubau entstünde, sei auch noch Platz für eine dreiteilige Sporthalle, die schon lange auf der Agenda der Stadt steht. „Das Areal an der Radolfzeller Straße ist so groß, dass ein Kindergartenneubau und die dreiteilige Sporthalle dort Platz hätten“, schreibt Pressesprecher Stefan Mohr auf Nachfrage.

Die zuständigen Fachabteilungen würden aber noch weitere Standort-Vorschläge im Hinblick auf Wohnbauentwicklung und Verteilung der Kitas in der Stadt erarbeiten sowie prüfen.
Vorgaben machen die Betreuung schwer
Aufgrund immer neuer Vorgaben des Landes und des Fachkräftemangels hätten zuletzt aber bereits eingeplante neue Gruppen nicht eröffnen und neue Plätze nicht belegt werden können, berichtet der Fachbereich Kindertagesbetreuung.

Bürgermeisterin Ute Seifried richtete im Ausschuss deshalb auch einen deutlichen Appell in Sachen Kita-Personal an die Landesregierung: „So funktioniert es nicht mehr.“ Die Kommunen bräuchten dringend einen anderen Personalschlüssel für Kitas, weil es einfach nicht genügend Fachkräfte gebe. „Und glauben Sie mir, wir bilden schon aus, was wir können“, berichtete sie im Sozialausschuss. Die Erfahrung zeige, dass Kitas auch mit weniger Personal auskommen, und die Stadt sehe eine große Chance darin, pädagogische Zusatzkräfte einzusetzen.
Stadt prüfte auch Räume im Bruderhof
Um dem Bedarf an Ü3-Plätzen gerecht zu werden, hat die Stadt laut der Vorlage zwischenzeitlich auch das Angebot eines Investors zum Umbau bisher gewerblich genutzter Räumen im Bruderhof-Gebiet geprüft. Die Berechnungen hätten dafür Kosten in Höhe von 2,8 Millionen Euro ergeben. Außerdem würden zusätzliche Kosten für ein neues Außengelände entstehen, das auf dem Tuttlinger Platz geplant war.

Der Neubau einer Kita mit Außenanlage auf einem städtischen Grundstück wird derzeit von der Verwaltung als beste Lösung angesehen. Vorbild könne der im vergangenen Jahr fertiggestellte Neubau des Waldorf-Kindergartens in Holzbinderbauweise auf dem Grundstück Lindenhain 37 sein. Die Verwaltung bezeichnet ihn als architektonisch, energetisch, bedarfsorientiert und betriebswirtschaftlich sehr gelungen.