In Diskussionen im Gemeinderat wird besonders dann, wenn es um das Thema Haushalt der Stadt Singen geht, immer wieder betont, dass auch die Stadtteile zur Kernstadt gehören. Das Zusammengehörigkeit soll damit bekräftigt werden. Nach dem Motto: sechs Stadtteile und die Kernstadt ergeben Singen. Warum aber dann noch immer ein direkter Radweg vom Singener Stadtteil zur Kernstadt fehlt, ist dem Bohlinger Ortsvorsteher Stefan Dunaiski und seiner Stellvertreterin Christine Schnell nicht so ganz begreiflich. Im Gespräch machen sie deutlich: Hier besteht Nachholbedarf. Der SÜDKURIER hat im Vorfeld der Oberbürgermeister-Wahl am Sonntag, 11. Juli, mit den beiden Bohlingern gesprochen. Der Radweg ist nicht der einzige Wunsch im Singer Stadtteil.
Ein Anbau für die Sichelhenke
Sie ist – wenn nicht gerade eine Pandemie herrscht – aus dem Bohlinger Ortsleben nicht wegzudenken: die Sichelhenke. Laut Ortsvorsteher Stefan Dunaiski würde ein dringend benötigter Anbau am Festzeltplatz die Arbeit der Vereine erleichtern. Der SV Bohlingen und der Musikverein wechseln sich bei der Ausrichtung der Sichelhenke ab. „Die Stadt präsentiert die Sichelhenke als Fest für alle Singener und das ist sie auch“, betont Dunaiski.
Laut Dunaiski seien im Haushalt 2021 für die Planung des Anbaus 50.000 Euro vorgesehen. Er hoffe nun, dass die restlichen 250.000 Euro im Haushalt 2022 berücksichtigt werden. In diesem Jahr musste die Sichelhenke Pandemie-bedingt abgesagt werde. Aber Dunaiski ist sich sicher: Das Volksfest wird 2022 zurückkehren. Die Sichelhenke wurde erstmals 1958 gefeiert und soll die Tradition früherer bäuerlicher Tätigkeiten in Ehren halten.
Ein neuer Radweg und Tempo 30
Wer mit dem Fahrrad von Bohlingen in Richtung Moos fahren will, kann dies unbeschwert tun. In die andere Richtung nach Singen wird dies schon schwieriger. Warum das so ist? „Die Verbindung auf die Höri wurde in der Amtszeit von OB Bernd Häusler realisiert, aber die andere Richtung fehlt“, sagt Christine Schnell. Bisher müssen Radfahrer über Überlingen am Ried fahren, um sicher die Kernstadt zu erreichen. Ein Umstand, der sich schnell ändern sollte. „Wir schicken unsere Autofahrer ja auch nicht über Konstanz nach Singen“, sagt Schnell.

Neben der direkten Fahrradwegführung nach Singen sei auch ein Fahrradschutzstreifen auf der Hauptstraße wünschenswert. „Beide Vorhaben gehören für mich zusammen“, sagt Schnell.
Auch ein dritter Baustein würde für mehr Sicherheit im Straßenverkehr sorgen: So hoffe man in Bohlingen auf eine Temporeduzierung für Autofahrer auf 30 Kilometer pro Stunde auf der kompletten Ortsdurchfahrt. „Sehr viele Anwohner sind von dem zu schnellen Verkehr geplagt“, betont Schnell. Deshalb fordere der Ortschaftsrat schon länger eine entsprechende Geschwindigkeitsanpassung.
Ausbau der Digitalisierung
Ortsvorsteher Stefan Dunaiski bezeichnet die Digitalisierung als eine Art Stiefkind in Bohlingen. Was er damit sagen will: Der Glasfaserausbau könnte besser und schneller vonstatten gehen. „Die Stadt hat die klare Aufgabe, dafür zu sorgen, dass das hier flächendeckend passiert“, sagt er.
Aktuell sei es geplant, dass Bohlingen Stück für Stück ausgebaut werden soll. „In Bohlingen gibt es ganze Straßenzüge, die vom schnellen Internet abgeschnitten sind“, berichtet Dunaiski. Dabei sei gerade in Zeiten von Fernunterricht und Homeoffice deutlich geworden, wie wichtig schnelles Internet für das Arbeiten daheim sei.
Hier ging es in Bohlingen voran
Bohlingen habe sich in den vergangenen acht Jahren laut Dunaiski gut entwickelt. Und es ist auch gewachsen: Im Baugebiet Hinterhof III sind 44 Bauplätze vergeben worden. „Das ist für die Entwicklung sehr wichtig“, sagt der Ortsvorsteher. Auch die Sanierung der Ortsverwaltung sei ein wichtiges Vorhaben gewesen. Dazu zähle auch, dass es seit mehr als 20 Jahren wieder eine Post in Bohlingen gebe.
In die Rathaus-Außensanierung seien etwa 120.000 Euro investiert worden. Bei der Sanierung im Rathausinneren seien es noch einmal mehrere zehntausend Euro gewesen. Nur eines fehle nun noch, sagt Christine Schnell: Komplette Barrierefreiheit im Bohlinger Rathaus.
Aber Dunaiski übt auch Kritik. Fast 20 Jahre habe Bohlingen kein Neubaugebiet gehabt. Nun wurden alle Bauplätze auf einen Streich vergeben. „Das erhöht natürlich den Druck etwa auf den Kindergarten“, sagt Dunaiski. So bestehe derzeit für Kinder unter drei Jahren eine Warteliste von acht Kindern. „Wir kommen da an unsere Grenzen“, so Dunaiski.
Die Sache mit der Schloßstraße
Die Bohlinger Bürger fordern noch in diesem Jahr einen Verbindungsweg zur Schloßstraße. Dieser wurde in der jüngsten Haushaltsberatung gestrichen. Mit Blick auf das Neubaugebiet Hinterhof III solle dieses Vorhaben laut Dunaiski und Schnell lieber heute als morgen umgesetzt werden. „Sonst hängt man die fußläufige Verbindung zum Neubaugebiet ab“, sagt Dunaiski. Seiner Schätzung nach würden so 180 Einwohner in der Luft hängen gelassen. Rund 100.000 Euro soll der Verbindungsweg kosten.