Singen Was Krieg bedeutet, hat der Künstler Gero Hellmuth aus Singen selbst kennengelernt. 1940 geboren, verarbeitet er in seinen Werken persönliche Erinnerungen und Reflexionen über die Zeit des Nationalsozialismus. „Als Kriegskind will ich nicht schweigen und Anstoß geben, darüber nachzudenken“, sagt Hellmuth. Seine Werke seien auch auf großes Interesse in Polen gestoßen: Das Museum und Kulturzentrum für polnische Geschichte in Warschau eröffnet laut Hellmuth am 27. Oktober 2025 seine Ausstellung „Gegen das Vergessen“. Sein künstlerischer Ansatz abstrahiere die Grausamkeiten, um Raum für innere Auseinandersetzung, Trauer und Hoffnung zu schaffen.
„Meine Kunst soll keine klassischen Denkmäler setzen, sie ist getragen von dem Wunsch nach einem friedlichen, vereinten Europa“, erklärt Hellmuth. „Gegen das Vergessen“ sei ein künstlerischer Beitrag zur Erinnerungskultur. Die Werke würden Momente des Schmerzes, der Reflexion und der Hoffnung zeigen. Sein Ziel sei es, einen ehrlichen Dialog über Schuld, Verantwortung und Versöhnung anzustoßen. Anders als in Deutschland hätte die polnische Bevölkerung die Gräuel des Zweiten Weltkriegs bis heute nicht überwunden, weiß er aus zahlreichen Besuchen und Kontakten in Polen.
Die Ausstellung sei in enger Zusammenarbeit mit dem Museum in Warschau entstanden, das eigens eine Sonderdelegation nach Singen schickte, um die Werke in Hellmuths Atelier auszusuchen. Die Werke widmen sich insbesondere dem Leiden der polnischen Bevölkerung, der Zerstörung Warschaus, dem Elend des Warschauer Ghettos und den Traumata der Kriegskinder.
Hellmuth wurde in Neustrelitz geboren und habe die Schrecken bis zur Flucht der Eltern 1945 miterlebt. Das Thema beschäftige ihn bis heute, sein Bruder und Verwandte waren im Krieg umgekommen. „Ich stelle meine Werke aus, weil ich nicht schweigen will. Weder als Deutscher noch als Mensch.“ Denn Schweigen sei der gefährlichste Verbündete des Vergessens, sagt Hellmuth. Für ihn endet Geschichte nicht an Staatsgrenzen: „Ich überschreite keine Grenzen, meine Arbeiten sind keine Belehrung, sie sind ein Vorschlag. Ich möchte Türen öffnen zum Austausch, zum Verständnis und zur Versöhnung“, sagt der heute 85-Jährige.
Gerade in Polen habe der Zweite Weltkrieg Spuren hinterlassen, die bis heute spürbar wären. Seine Gedanken richten sich nicht nur in die Vergangenheit. Krieg geschehe auch heute ständig und überall. Kunst ermögliche es, Schmerz sichtbar zu machen, Trauer zu empfinden und Menschlichkeit zu erfahren. Sein Anliegen sei es, eine Brücke zu schlagen zwischen Nationen, Epochen und Menschen. Die Werke von Gero Hellmuth wurden in zahlreichen Ausstellungen gezeigt und haben auch internationale Anerkennung gefunden. 2003 fand in der Kulturstiftung in Berlin die Uraufführung der Kantate „dass sie leben“ des israelischen Komponisten Josef Dorfmann zur gleichnamigen Ausstellung von Hellmuth statt. Zum 70. Jahrestag des Kriegsendes zeigte die Parlamentarische Gesellschaft des Bundestages in Berlin die Ausstellung „dass man mit ihnen redet“. In Danzig sind einige seiner Werke im Museum des Zweiten Weltkriegs ausgestellt.