Herr Steppacher, wie fühlen Sie sich ohne das zeitintensive Präsidentenamt?
Johannes Steppacher: Ich bin noch nicht so lange ohne das Amt, aber es fühlt sich gut an. Der zeitliche Druck ist weg. Die Termine von meiner Frau und mir müssen nicht mehr mit dem Präsidentenkalender abgestimmt werden. Wir können uns nun unserem Hobby, dem Reisen, wieder intensiver widmen.
Von welchen Grundgedanken haben Sie sich in den zehn Jahren bei Ausübung des Amtes leiten lassen?
Johannes Steppacher: Für mich ist die Blasmusik ein Kulturgut in unserer Heimat. Die Musikkapellen sind in den Dörfern und Städten fest verwurzelt. Es ist keine Elite, die Musik spielt, sondern Menschen wie du und ich. Die Musikvereine müssen spielfähig sein und bleiben. Das bedeutet, die Jugendarbeit muss einen hohen Stellenwert haben und jahrelange Treue zur Blasmusik verdient eine entsprechende Ehrung. Der Verband ist für die Vereine da.
Wie haben Sie persönlich dies umgesetzt?
Johannes Steppacher: Die Vereine sollten spüren, dass sie wertvoll sind. Das habe ich durch meine Besuche bei Feiern und Festen ausgedrückt. Der Verband hat 84 Vereine und ich war in diesen zehn Jahren bei jedem Verein zu Gast, mindestens zwei- oder mehrmals, egal ob bei Hauptversammlungen, Frühschoppen, Feierabendhocks oder festlichen Jubiläumskonzerten.
Lässt sich Ihre Arbeit in Zahlen ausdrücken?
Johannes Steppacher: Ja, es waren in den zehn Jahren 924 Termine für Besuche, Besprechungen und Sitzungen, wobei das Jubiläumsjahr 2018 mit 121 Terminen herausragt. Allerdings wären es ohne Corona weitaus mehr Termine gewesen. Zurückgelegt habe ich für diese Termine rund 80.000 Kilometer. Da ich in Schwandorf wohne, waren die weitesten Fahrten nach Konstanz und auf die Höri. Zahlreiche Wochenenden waren dabei ausgebucht, an manchen Tagen hatte ich Doppelbelegungen.
Sie sind Rentner. Hätten Sie diese Terminflut voll im Beruf stehend bewältigen können?
Johannes Steppacher: Nein, obwohl ich große Unterstützung durch meine Vorstandskollegen, die Vertreter der Bezirke und die Geschäftsstelle hatte. Wegen der hohen zeitlichen Inanspruchnahme durch dieses Amt bin ich froh, dass mit Frank Bruschinsky ein Nachfolger gefunden wurde.
Wie steht es um die Musikvereine im Blasmusikverband Hegau-Bodensee?
Johannes Steppacher: Mit 5.479 Mitgliedern haben wir gegenüber dem Vorjahr eine leichte Steigerung, der Anteil der unter 18-jährigen Musiker ist über die Coronazeit leicht zurückgegangen, aber die Ausbildungsbereitschaft ist weiterhin extrem hoch. Es mussten in einzelnen Dörfern Spielgemeinschaften gegründet werden, aber die Musik spielt weiter. Die überwiegende Zahl der Vereine ist wirtschaftlich sehr gut aufgestellt, die Vorstandsämter sind besetzt. Ich sehe auch die Breitschaft bei jüngeren Leuten in den Vorständen mitzuwirken. 82 der 84 Vereine waren bei der letzten Hauptversammlung vertreten.
Was war für Sie das Highlight?
Johannes Steppacher: Das Verbandsmusikfest in Singen im Jahre 2018 verbunden mit dem 125-jährigen Jubiläum unseres Blasmusikverbandes. Eine gelungene Veranstaltung, die einen großen Organisationsaufwand erforderte.
Und die Suche nach einem neuen Dirigenten. Tun sich hier die Musikvereine nicht teilweise schwer?
Johannes Steppacher: Ja, hier zeichnet sich eine Veränderung ab. Die alten Dorfdirigenten mit 40jähriger Tätigkeit wird es immer weniger geben. Glücklich können jene Vereine sein, die aus ihren eigenen Reihen gut ausgebildete Leiter haben. Es zeichnet sich aber meines Erachtens ab, dass künftig Musiklehrer, Profis oder Semiprofis, unsere Orchester leiten.
Was hat das Präsidentenamt Ihnen persönlich gebracht?
Johannes Steppacher: Für meine Frau und mich das Wichtigste, wir haben sehr viele nette Leute kennengelernt, welche wir sonst nie getroffen hätten. Wir wurden überall freundlich und herzlich aufgenommen von den Dirigenten, den Vorständen, den Musikern, den Ehrenmitgliedern und nicht zuletzt von vielen ehemaligen Musikerinnen und Musikern. Man wird uns auch künftig auf dem ein oder anderen Fest sehen.
Fragen: Elisabeth Stauder