Ein zu warmer März, ein kühler und nasser Mai: Das Wetter stellt lokale Landwirte vor große Herausforderungen. Erst trieb die Blüte bei Sonnenschein, dann froren oder platzten die Beeren durch Frost oder Starkregen und Früchte fielen zu Boden, berichten Landwirte aus dem Hegau und Umgebung. Sie erzählen, wie durch harte Arbeit und ein Quäntchen Glück die Ernte gelingt.

Blumige Aussichten, das hatten lokale Landwirte im Frühjahr. „Wir hatten ein schönes Blühwetter. Es sah nach einer Rekordernte aus“, sagt Thomas Hägele zu seinen noch reifenden Äpfeln vom Magdalenenhof in Hilzingen. Ein Blütenmeer erlebte auch Katja Hertell Mitte Mai auf ihren Erdbeerfeldern. Gemeinsam mit ihrem Mann Wolfgang Hertell bewirtschaftet sie den Bruderhof in Eigeltingen sowie weitere Standorte im Hegau und in Tuttlingen.

Auf dem Bruderhof wachsen schon jetzt Erdbeerpflanzen für die nächste Saison.
Auf dem Bruderhof wachsen schon jetzt Erdbeerpflanzen für die nächste Saison. | Bild: Elisa Gorontzy

Ende Mai schlug das Wetter dann um in Sturm, Regen und Wolken satt. „Wir waren sehr skeptisch und haben mit Sorge auf die Erntezeit geblickt“, sagt Katja Hertell rückblickend. Denn nasses und kaltes Wetter würden Erdbeeren nicht mögen. So auch Menschen, die bei ungemütlichem Wetter lieber zu Hause blieben, sagt Wolfgang Hertell. Das sei für den Selbstpflückbetrieb ungünstig gewesen. Der Starkregen habe außerdem reife Erdbeeren zum Platzen gebracht, so der Landwirt. „Das Ergebnis war ein Beerenbrei. 30 Prozent der Beeren konnten wir wegwerfen“, so Katja Hertell.

Richtung Bohlingen bewirteten die Hertells vom Bruderhof ein Erdbeerfeld. Ein paar Beeren haben unter Schlechtwetter gelitten.
Richtung Bohlingen bewirteten die Hertells vom Bruderhof ein Erdbeerfeld. Ein paar Beeren haben unter Schlechtwetter gelitten. | Bild: Elisa Gorontzy

Auch die Apfelbäume würden dunkles Wetter nicht mögen, sagt Thomas Hägele vom Magdalenenhof in Hilzingen. „Wenn es tagelang regnet, der Himmel schwarz ist, dann stößt der Baum ein paar Früchte ab, um Kraft für den Rest zu sparen“, erklärt der Landwirt. Wegen Starkregen und Hochwasser hätten manche Bäume so viele Äpfel abgestoßen oder verloren, dass sie heute leer stünden.

Der rechte Apfel ist von Schorf befallen – eine Pilzerkrankung im Obstanbau.
Der rechte Apfel ist von Schorf befallen – eine Pilzerkrankung im Obstanbau. | Bild: Elisa Gorontzy

Das Wetter bringt weiteres Übel: Durch die starken Niederschläge sei Unkraut auf den Feldern gewuchert, so Wolfgang Hertell. Das entziehe den Nutzpflanzen Kraft, bringe Schädlinge und Pilze. Mit der Handhacke seien Erntehelfer stetig hinterher, das Unkraut zu beseitigen, so der Landwirt.

Diese Plane soll die Nutzpflanze vor Unkraut schützen.
Diese Plane soll die Nutzpflanze vor Unkraut schützen. | Bild: Elisa Gorontzy

Thomas Hägele mache hingegen der Apfelschorf zu schaffen – eine Pilzerkrankung, die bei nassem und windigem Wetter freigesetzt wird. „Vor meiner Ernte im September müssen wahrscheinlich 20 bis 25 Prozent der Äpfel aussortiert werden, weil sie einfach zu überschorft sind“, erklärt Hägele.

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Mit einem blauen Auge davongekommen seien die Hertells, weil kaum ein Erdbeerfeld unter Wasser gestanden, wenige angeschlagene Beeren in kühleren Nächten gefault und sich die Erntezeit bei wechselhaftem Wetter verlängert habe. „Wir konnten fünfeinhalb Wochen ernten. Das ist selten“, ergänzt Wolfgang Hertell.

Wolkig mit Aussicht auf andere Beeren- und Obstsorten?

Ist die Erdbeerernte bei Wind und Wetter also noch einmal gutgegangen, stellt sich die Frage nach Ernteaussichten anderer Beeren und Früchte im Hegau und Umgebung. Die Himbeeren auf dem Bruderhof seien bei nasskaltem Wetter nur mäßig gewachsen, sagt Wolfgang Hertell. Jetzt würden sie vom vielen Wasser und wärmeren Nächten profitieren. „Das Wetter ist perfekt für die Himbeere“, so Hertell.

Wolfgang Hertell hat stets ein Auge auf seine Beeren.
Wolfgang Hertell hat stets ein Auge auf seine Beeren. | Bild: Elisa Gorontzy

Rote und schwarze Johannisbeeren froren noch im frostigen April und setzen sich nun durch. „Wir hatten schon schönere, aber ich bin zufrieden“, sagt Wolfgang Hertell mit Blick in die Sträucher.

Die Johannisbeeren auf dem Bruderhof reifen heran. Im April hatte die Pflanze noch unter Frost gelitten, so Landwirt Wolfgang Hertell.
Die Johannisbeeren auf dem Bruderhof reifen heran. Im April hatte die Pflanze noch unter Frost gelitten, so Landwirt Wolfgang Hertell. | Bild: Elisa Gorontzy
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Während die Beeren auf dem Bruderhof schon gepflückt werden können, wachsen die Äpfel auf dem Magdalenenhof noch heran. Schlechtwetter machte es den Bäumen nicht leicht. Bis zur Ernte im September könne noch einiges passieren, zum Beispiel Hagel, so Hägele. „Wenn wir auf zehn Tonnen Äpfel pro Hektar kommen, dann müssen wir dieses Jahr zufrieden sein“, sagt der Landwirt. Es sei aber noch zu früh, genaue Verluste richtig einzuschätzen. Er hoffe auf trockeneres Wetter für mehr Äpfel im Hegau.

Thomas Hägele freut sich über Äpfel, die vergangenem Starkregen getrotzt haben.
Thomas Hägele freut sich über Äpfel, die vergangenem Starkregen getrotzt haben. | Bild: Elisa Gorontzy

„Die diesjährige Ernte wird nicht in die Geschichtsbücher eingehen“, so Wolfgang Hertell. Das Klima hätte sich verändert und werde es auch in Zukunft. „Jedes Jahr ist anders. Darauf müssen wir uns einstellen“, sagt der Landwirt. Auch wenn die Arbeit auf Hof und Feldern mit vielen Herausforderungen verbunden sei, kann er sich keinen schöneren Beruf vorstellen. Auch Hägele setzt bei einem Blick durch seine Bäume ein Lächeln auf. Hier wachsen noch kleine Äpfel heran – dem Wetter-Chaos zum Trotz.