Es wurde zeitweise emotional in der Bohlinger Aachtalhalle bei einer Informationsveranstaltung des Vereins Landschaftsschutz westlicher Bodensee (LWB) und des Kulturforums Bohlingen vor rund 300 Besuchern. Der Grund: Der Landschaftsschutzverein will mögliche Windkraftanlagen auf dem Schienerberg verhindern und fühlt sich nicht von der Politik gehört.
Windkraft-Befürworter widersprachen auch mit Zwischenrufen teilweise entschieden den vorgestellten Argumenten und zweifelten sie an. Wer bei den Vorträgen der Veranstaltung ein Für und Wider erwartete, um sich selbst eine Meinung zu bilden, wurde enttäuscht. Die Veranstalter sprachen nur über die negativen Auswirkungen der Pläne, positive Aspekte gibt es aus ihrer Sicht nicht.
Darum geht es
Der Regionalverband hat drei potenzielle Vorrangflächen für Windenergie auf dem Höhenzug des Schienerbergs ausgewiesen: Breitloh, Ewigkeit-Schienerberg und Rammental südlich von Bohlingen, die auf den Gemarkungen der Höri-Gemeinden und der Stadt Singen liegen. Dort könnten Windkraftanlagen gebaut werden, konkret geht es derzeit um fünf Anlagen. Die Städte und Gemeinden geben derzeit dazu ihre Stellungnahmen ab und das Verfahren wurde im Bohlinger Ortschaftsrat vorgestellt.
Der LWB sähe sich nicht als Windkraftgegner, sondern als Kritiker der Windkraft, denn sie seien nicht grundsätzlich gegen die Windkraft, erklärte der Vorsitzende Philipp von Magnis. Es gehe dem Verein um den Erhalt des Landschaftsschutzgebietes Schienerberg und damit der Heimat.
„Vor- und Nachteile der Anlagen abwägen“
„Wir treten dafür ein, dass genau abgewogen wird, ob die Vorteile dieser Anlagen die Nachteile überwiegen“, sagte von Magnis, wobei er keine Vorteile nannte. Der Vorsitzende rief die Anwesenden dazu auf, bis 20. September beim Regionalverband Einspruch gegen die drei Flächen am Schienerberg zu erheben. Es könnten sonst dort gemeinsam mit den Anlagen Chroobach auf Schweizer Seite, für die jetzt ein Bauantrag gestellt wurde, bis zu 13 Windräder gebaut werden.
In einer Präsentation von Otto Kasper wurden in Fotomontagen gezeigt, wie die Windkraftanlagen aus Perspektive der angrenzenden Orte aussehen könnten. Sie entsprächen, wie er versicherte, der Realität und kursieren auch in den sozialen Netzwerken.

Anlagen würden höher als der Hohentwiel
Manfred Siegwarth machte ebenfalls die Dimensionen von möglichen Windrädern aus seiner Sicht deutlich: 280 Meter hoch sei so eine Anlage, der Hohentwiel sei 270 Meter hoch. 320 Hektar seien als Vorranggebiet für Windenergie auf dem Schienerberg ausgewiesen, was der Fläche von 320 Fußballfeldern entspräche. Christoph Vestner stellte die Windausbeute der geplanten Windräder infrage: „Alle Vorranggebiete liegen unter dem Minimum, von 215 Watt pro Quadratmeter, das einen wirtschaftlichen Betrieb sichert.“
Der Arzt Johannes Ebbers schilderte die Auswirkungen des Infraschalls, der von Windrädern ausgeht und des Schattenwurfs der Rotorblätter: Sie lösten Stress aus und leisteten unter anderem Entzündungen im Körper Vorschub. Dem wurde aus dem Publikum widersprochen: Es gebe auch Untersuchungen, die keine Gesundheitsrisiken sähen.
Philipp von Magnis ging auf die Auswirkungen auf die Wasserschutzgebiete als Folge der Bodenverdichtung durch die Anlagen ein und Peter Pfeiffer erklärte die Auswirkungen auf Immobilien: Sie hätten in den umliegenden Orten einen Wertverlust von drei bis zu 30 Prozent. Und auch der Tourismus würde leiden.
Schienerberg als grüne Lunge Singens
Der ehemalige CDU-Gemeinderat Marcus König aus Bohlingen war bei der anschließenden Diskussion der Meinung, dass die Stadt Singen eindeutiger Stellung gegen das Projekt beziehen müsse. Die Stadt habe, als es um die vier Windkraftanlagen Chroobach auf Schweizer Seite des Schienerbergs ging, aus Klima- und Wasserschutzgründen das Vorhaben kritisiert. Damals habe es geheißen, der Schienerberg sei eine grüne Lunge für Singen. Er könne den ganzen Entscheidungsprozess nicht nachvollziehen: „Ein demokratischer Prozess ist nicht gegeben“, erklärte er.
Auch Windkraft-Befürworter konnten sich im Anschluss an den zweistündigen Vortrag zu Wort melden. Ein Zwischenrufer, der die vorgestellten Daten als reine Theorie abtat, verließ vorzeitig die Halle. Eberhard Koch, Kreisvorsitzender des BUND, erklärte, dass Windräder gebraucht würden, um den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Wo tatsächlich gebaut werde, werde in einem Genehmigungsverfahren entschieden, in dem alle Punkte zu Auswirkungen auf Natur und Mensch untersucht würden.
Befürworter raten, sich aus vielen Quellen zu informieren
„Sie haben zu Recht gesagt, dass die Vorranggebiete am Schienerberg vom Regionalverband als relativ problematisch angesehen werden“, sagte Koch. Es würden auch wieder Gebiete aus dem Plan herausfallen. Einiges in den Vorträgen der Redner sei nicht richtig gewesen, so seine Meinung: „Wenn Sie eine alternative Darlegung zu den hier dargestellten Fakten suchen, schauen Sie in den Faktencheck zur Windenergie des BUND.“
„Ist es die Angst davor, die krank macht?“
Ein anderer Zuhörer erklärte: „Ich frage mich, was krank macht: Ist es die Windkraft oder die Angst vor der Windkraft.“ Sie sei in der Veranstaltung geschürt worden und auch er rief dazu auf, sich aus weiteren Quellen zu informieren.
Bohlingens Ortsvorsteher Daniel Dunaiski will vor allem, dass die Dörfer keinen Schaden nehmen: Er erinnerte an den Starkregen vor zwei Wochen und wie der Hang ins Rutschen geriet und das Wasser vom Schienerberg herunterschoss. Er finde vor diesem Hintergrund vor allem die breiten Zufahrtsstraßen zu Windkraftanlagen bedenklich, auf denen mehr Wasser ins Dorf fließen kann. „Wer haftet dann für Schäden?“, frage er. Das müsse in den Prozess einfließen.