Der Landkreis Konstanz bereitet sich auf die Ankunft von weiteren geflüchteten Menschen vor allem aus der Ukraine vor. Doch die Suche nach neuen Standorten für Unterkünfte scheint zunehmend verzweifelter zu werden, denn die Zeit spielt gegen den Landkreis. „Der Landkreis Konstanz hat die Kapazitätsgrenze mit der Belegung der Kreissporthallen erreicht. Die Not ist wirklich groß“, schildert Marlene Pellhammer, Pressesprecherin des Landkreisamtes Konstanz, auf Anfrage.

Notfallplan mit kommunalen Hallen

Deswegen habe der Landkreis einen Notfallplan erarbeitet, der nun auch die Sporthallen der Kommunen im Blick haben könnte. Soll heißen: „Wir schauen nun, wo wir außerhalb der kreiseigenen Gebäude Notunterkünfte schaffen können. Übergangslösungen könnten hier die kommunalen Hallen sein“, so Pellhammer weiter.

Das könnte Sie auch interessieren

Eine erste Liste, welche Hallen als nächstes umfunktioniert werden könnten, sei dafür schon aufgestellt worden und liegt dem SÜDKURIER vor. Ganz oben auf der Liste steht die Ten-Brink-Halle in Rielasingen-Worblingen. Es folgt die Seeblickhalle in Steißlingen. In Singen könnten es entweder die Mehrzweckhalle Curana in Beuren oder die große Münchriedhalle in Singen werden.

In der Singener Münchriedhalle finden regelmäßig Sporteinheiten statt. Müssen Vereine bald Gebühren für die Nutzung befürchten?
In der Singener Münchriedhalle finden regelmäßig Sporteinheiten statt. Müssen Vereine bald Gebühren für die Nutzung befürchten? | Bild: Bittlingmaier, Albert (Archiv)

Dazwischen befinden sich weitere Hallen im ganzen Landkreis – etwa die Jahnhalle (Stockach), in Allensbach (Bodanrückhalle) und in Konstanz (Jägerkaserne oder die Wollmatinger Halle).

Auch das Curana in Beuren steht auf der Liste des Landkreises.
Auch das Curana in Beuren steht auf der Liste des Landkreises. | Bild: Matthias Güntert

In einer zweiten Kategorie folgen auf der Liste des Landratsamtes unter anderem die Sporthalle in Engen, die Eichendorff- oder die Goldbühlhalle in Gottmadingen, die Sport- oder die Alpenblickhalle in Hilzingen, und die Eugen-Schädler-Halle in Mühlhausen-Ehingen sowie die Randenhalle in Tengen.

Die Priorisierung der Hallen sei laut Pellhammer durch mehrere Faktoren entstanden: die zu schaffenden Plätze in der Halle, wie viele Ausweichmöglichkeiten eine Kommune habe, wie hoch die aktuelle Aufnahmequote der Kommune sei sowie deren Einwohneranzahl. Aber die Pressesprecherin macht deutlich: „Dieses Szenario ist als Notlösung geplant.“

Neben den Hallen in Singen, sind auch Sporthallen, wie hier die Eugen-Schädler-Halle in Mühlhausen-Ehingen, auf der Notfallliste drauf.
Neben den Hallen in Singen, sind auch Sporthallen, wie hier die Eugen-Schädler-Halle in Mühlhausen-Ehingen, auf der Notfallliste drauf. | Bild: Bittlingmaier, Albert

Wann und ob die kommunalen Hallen wirklich benötigt werden, lasse sich derzeit laut Marlene Pellhammer nur sehr schwer abschätzen. Dies hänge stark mit den Zugangszahlen der geflüchteten Menschen zusammen. Diese würden aber von Woche zu Woche stark variieren. „Dem Landkreis wäre es am liebsten, wenn er diese Hallen nicht bräuchte“, betont Pellhammer. Und sollte man die kommunalen Hallen dennoch benötigen, dann so kurz wie möglich. „Vereine und Schulsport haben während Corona schon viel durchgemacht, wir wollen sie nicht mehr als nötig belasten“, so Pellhammer.

Singener Vereine schlagen Alarm

Hubert Denzel ist Vorsitzender des Stadtsportverbandes der Stadt Singen. Er sieht die aktuelle Entwicklung mit Sorgen. Den möglichen Wegfall der Münchriedhalle bezeichnet er als Supergau für den Sport. „Wenn die Münchriedhalle oder das Curana wegfallen, dann entsteht bei den Vereinen in Singen ein irreparabler Schaden“, betont er.

Hubert Denzel, Vorsitzender des Stadtsportverbandes der Stadt Singen: „Wenn die Münchriedhalle oder das Curana wegfallen, dann ...
Hubert Denzel, Vorsitzender des Stadtsportverbandes der Stadt Singen: „Wenn die Münchriedhalle oder das Curana wegfallen, dann entsteht bei den Vereinen in Singen ein irreparabler Schaden“ | Bild: Tesche, Sabine

Vor allem da die kommunalen Hallen in Singen nicht nur für den Trainingszweck genutzt werden. „Wir brauchen sie auch für den Wettkampf“, so Denzel weiter. Er habe aber aktuell noch Hoffnung, dass vor allem die Münchriedhalle nicht zur Flüchtlingsunterkunft umfunktioniert werde. Dies hänge laut Denzel mit dem Schulsport zusammen, weil an den Gymnasien Schulsport fest im Lehrplan verankert sei.

Das könnte Sie auch interessieren

Für Hubert Denzel steht fest: Die Singener Vereine halten in der Krise zusammen und rücken vor allem auch zusammen. „Jeder, der Halleneinheiten abgeben konnte, hat dies getan“, sagt er. So gebe es auch gute Nachrichten für den Singener Sport: Die Judokas, die die Uhlandhalle für ihr Training nutzen, konnten nach deren Belegung eine neue Trainings-Heimat in den ehemaligen Räumen von Sankt Pirmin finden. Aber jetzt sei nicht mehr viel Spielraum übrig. „Irgendwann können wir nicht mehr weiter zusammenrücken, weil es nichts mehr zum rücken gibt“, so Denzel weiter.

Die Vereine kennen die Not der Geflüchteten

Aber der Stadtsportverbands-Vorsitzende betont: Dies liege nicht an den geflüchteten Menschen. „Alle Vereine erkennen die Not dieser Menschen, dass war bei den Vereinen nie das Thema“, betont er. Dennoch hoffe Denzel, dass der Landkreis andere Alternativen finden werde. Etwa leerstehende Gebäude oder die bereits in der Presse thematisierten Leichtbauhallen.

Das könnte Sie auch interessieren

Landkreis setzt weiter auf Leichtbauhallen

Gerade auf diese setzt der Landkreis Konstanz bei der Bewältigung der erneuten Flüchtlingswelle. Jüngst hatte Landrat Zeno Danner gegenüber dem SÜDKURIER bestätigt, dass fünf dieser Hallen im Landkreis ausgebaut werden sollen. In jeder von ihnen könnten laut Landratsamt 400 Menschen einen Platz finden, was eine Gesamtzahl von 2000 Plätzen ergeben würde.

Ein möglicher Standort könnte in Rielasingen-Worblingen, ein weiterer in Steißlingen sein. Laut Marlene Pellhammer befinde man sich dafür aktuell auf Standortsuche. Sie rechne damit, dass man drei bis vier Monate brauche, um eine Leichtbauhalle zu stellen. „Wenn die Begebenheiten der Grundstücke stimmen“, so Pellhammer. Dies würde bedeutet, dass im Landkreis noch in diesem Jahr die erste Leichtbauhalle stehen könnte.