In einer Zeit, in der sich gefühlt die Krisen sinnbildlich die Klinke in die Hand geben, kann man sich schon mal fragen, ob es denn keine aufmunternden, positiven, guten Nachrichten mehr gibt. Und von Zeit zu Zeit wird diese Kritik auch mal offen formuliert: Gibt es denn wirklich nur Hiobsbotschaften? Warum gibt es nicht mal etwas Mut machendes zu lesen? Eine Frage, die ich als Medienmensch nachvollziehen kann.
Andererseits sind da die harten Zahlen. Eine Traditionsmetzgerei schließt? Die Lesezahlen schießen in die Höhe. Parkplätze verschwinden, weil der Wohnmobilstellplatz neu gestaltet wird? Zehntausende Menschen klicken. Ein Marktstand hört auf? Immer her mit der Nachricht. Als Medienmensch fragt man sich dann: Warum gibt es diese Diskrepanz, dass negative Nachrichten so viel mehr Menschen interessieren, obwohl aufmunternde, positive, gute Nachrichten vermisst werden? Gibt es eine Lust am Untergang?
Wahrscheinlich muss man sich gar nicht in die Untiefen der tiefenpsychologischen Waschküche begeben, um diese Frage zu klären. Aus Sicht des Medienmenschen ist es einfach so: Das Gewöhnliche hat wenig Nachrichtenwert. Schließlich schreiben Sie ja auch nicht in Ihr Tagebuch – sofern Sie eines führen –, dass Sie sich die Zähne geputzt haben. Das wäre zu gewöhnlich.
Die Nachricht ist eher das Ungewöhnliche – und das ist eben oft eine Abweichung zum Negativen, etwa Zahnfleischbluten. Um beim Beispiel des Marktstandes zu bleiben: Dass man dort einfach einkaufen kann, ist man gewohnt. Geht es nicht mehr wie gewohnt weiter, wird eine Nachricht daraus.
Steckt das Interesse an schlechten Nachrichten beim Menschen in den Genen?
Und für diesen Mechanismus kann sogar die Evolution als Erklärung dienen. Denn worauf musste der gemeine Steinzeitmensch besonders Acht geben? Richtig, auf lebensbedrohliche Gefahren. Der Säbelzahntiger war eben einfach wichtiger als der Schmetterling. Vereinfacht gesagt: Wer auf den Säbelzahntiger geachtet hat, überlebte. Wer nur Augen für Schmetterlinge hatte, wurde vom Säbelzahntiger gefressen. Da könnte man zu dem Schluss kommen: Aufmerksamkeit für schlechte Nachrichten ist den Menschen in den Genen verankert.
Forscher aus den USA, Kanada und Israel kamen schon 2019 zu dem Schluss, dass Menschen weltweit durch negative Nachrichten stärker stimuliert werden, zum Beispiel beim Herzschlag. Das sei allerdings nur ein durchschnittlicher Wert, individuelle Vorliegen könnten sehr unterschiedlich sein. Und es gab seinerzeit auch die Kritik, dass die Gruppen an untersuchten Menschen in den einzelnen Ländern zu klein gewesen seien.
Es gibt also durchaus Hoffnung für die aufmunternden, positiven und guten Nachrichten – die es übrigens auch im SÜDKURIER weiterhin zu lesen geben wird. Zum Beispiel die, wie man einen regionalen und langlebigen Weihnachtsbaum findet, welche Vorspeisen sich zu Weihnachten anbieten oder wie ein Jugendlicher zum deutschen Jugendmeister der Kategorie Kartenkunst wird.